Zinssatz

Abzinsung (Beispielhafte Übersicht)

Der Zinssatz (auch Zinsfuß) ist in der Wirtschaft der in Prozent ausgedrĂŒckte Preis fĂŒr Geld oder Kapital (bei zinsgebundenen Finanzprodukten wie Krediten oder Kapitalanlagen), ausgedrĂŒckt als Prozentangabe des Zinses.

Allgemeines

Die Worte „Zins“ oder „Zinssatz“ kommen in Gesetzen zwar hĂ€ufig vor, es gibt jedoch keine Legaldefinition, weil sie allgemein als bekannt vorausgesetzt werden. Das BGB beispielsweise spricht in § 247 Abs. 1 BGB davon, dass BezugsgrĂ¶ĂŸe fĂŒr den Basiszinssatz „der Zinssatz fĂŒr die jĂŒngste Hauptrefinanzierungsoperation der EuropĂ€ischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs“ ist. In § 188 BewG ist davon die Rede, dass der Liegenschaftszinssatz der Zinssatz ist, „mit dem der Verkehrswert von GrundstĂŒcken im Durchschnitt marktĂŒblich verzinst wird“. Sachlich falsch ist beispielsweise der im Alltag vorkommende Begriff „Mietzins“ fĂŒr die Miete, den das BGB selbst nicht benutzt; es spricht schlicht von „Miete“ (beispielsweise in § 535 Abs. 2 BGB).

GrĂ¶ĂŸensymbole

In der Fachliteratur ĂŒber Zins und ZinssĂ€tze sind gĂ€ngige symbolische Bezeichnungen p, i (von englisch interest) und r (von englisch rate).

Zinssatz und Zinsfuß

In der Finanzmathematik wird prĂ€zise zwischen Zinssatz i und Zinsfuß p unterschieden. WĂ€hrend der Zinssatz das VerhĂ€ltnis „Zins durch Kapital“ – ĂŒblicherweise als Prozentangabe â€“ direkt bemisst, ist der Zinsfuß die entsprechende Angabe in Hundertteilen – das entspricht der Zahl vor dem Prozentzeichen in der Angabe des Zinssatzes.[1] Es gilt also

.

Beispiel: Bei einem Zinssatz von i = 5 % ist der Zinsfuß p = 5. Die Umrechnung in beiden Richtungen geht in diesem Beispiel wie folgt:

.

Berechnungsmethoden

Allgemeine Zinsformel

mit

Z: Zinsertrag
K: Kapital in Geldeinheiten
i: Zinssatz
p: Zinsfuß
t: Verzinsungszeit in Tagen
T: Tageteiler (Jahresbemessungsgrundlage).

Bemessungsgrundlage des Zinssatzes i

Üblicherweise ist der Zinssatz bezogen auf ein Jahr (p. a., pro anno / per annum). Daneben kommen auch monatliche ZinssĂ€tze p. M. pro mese und solche nach Quartal (p. Q.) vor.

Bankjahr: Usancen der Zeiteinheiten t/T

Zur korrekten Verwendung der Zinsformel bezĂŒglich Tage t und Tageteiler T ist immer auch die Angabe der Zinsberechnungsmethode wichtig. Diese Usancen nennt man allgemein das Bankjahr. Darunter versteht man die Konvention, mit wie viel Tagen ein Jahr zu berechnen ist.

Die Zinsberechnungsmethode gibt an, wie bei Laufzeiten unter einem Jahr zu verfahren ist. Es gibt folgende Methoden:

30/360 (Deutsche Methode)
Das Jahr wird mit 360 Tagen gerechnet, jeder Monat immer mit 30 Tagen.
act/360 (Euromethode od. Französische Usance)
Das Jahr wird mit 360 Tagen gerechnet, beim Monat zĂ€hlen die tatsĂ€chlichen Tage (actual, deutsch klm ‚kalendermĂ€ĂŸig‘).
act/365 (Englische Methode)
Das Jahr wird als kalendermĂ€ĂŸiges Gemeinjahr mit 365 Tagen gerechnet, beim Monat zĂ€hlen die tatsĂ€chlichen Tage (actual).
act/act (tagegenaue Methode)
Sowohl das Jahr als auch der Monat werden mit den tatsĂ€chlichen Tagen gerechnet (actual). Dabei wird die Zinsperiode aufgeteilt, wenn Schaltjahre enthalten sind, und fĂŒr jeden Teil werden die zugehörigen Teiler verwendet. (Beispiel: 20. Dezember 2007 bis 20. Januar 2008: 31 Tage, aufgeteilt in 11 Tage / 365 und 20 Tage / 366).

An den GeldmĂ€rkten im Euroland ist mittlerweile die Methode act/360 ĂŒblich.

Im Normalfall wird der erste Tag (der Tag der Aufnahme des ZinsgeschÀfts) nicht miteingerechnet.

Als Beispiel diene ein Zinssatz von i = 5 % = 0,05 und ein Kapitalbetrag von k = 100.000,00 Euro. Das Geld wird vom 15. Februar 2008 bis 15. MĂ€rz 2008 (ein Schaltjahr) angelegt (Anlageaufnahme also am 14. Februar 2008). Damit ergeben sich fĂŒr die Zinsberechnungsmethoden folgende Zinszahlungen:

  • 30/360:
  • act/360:
  • act/365:
  • act/act:

Zinseszins-Effekt: JĂ€hrlicher und kontinuierlicher Zinssatz

Den Einfluss des Zinseszins-Effekts auf das Ergebnis zeigt ein einfaches Rechenbeispiel:

Wenn man einen Euro fĂŒr ein Jahr zu einem Zinssatz von 100 Prozent anlegt und jĂ€hrlich die Zinsen angerechnet bekommt, erhielte man nach Ablauf dieses einen Jahres 1 â‚Ź Guthaben + 1 â‚Ź Zinsen = 2 â‚Ź. Bei einer Zinsgutschrift alle 6 Monate werden dagegen nach einem halben Jahr fĂŒr den ersten Euro 0,5 â‚Ź Zinsen gutgeschrieben und nach einem weiteren halben Jahr fĂŒr die ab jetzt insgesamt verzinsten 1,5 â‚Ź weitere 0,75 â‚Ź. Am Ende hat man also ein Gesamtergebnis von 1 â‚Ź Guthaben + 1,25 â‚Ź Gesamtzinsen = 2,25 â‚Ź. Bei monatlicher AusschĂŒttung erhĂ€lt man nach Ablauf eines Jahres schon 2,61 â‚Ź. Werden die Zinsen in immer kĂŒrzeren Intervallen gutgeschrieben und mitverzinst, so strebt der Auszahlungsbetrag in diesem Beispiel gegen den Grenzwert von e â‚Ź, also ungefĂ€hr 2,718282 â‚Ź. Hierbei bezeichnet e die Eulersche Zahl.

Jedem Zinssatz aus kontinuierlicher Verzinsung entspricht ein Zinssatz in jĂ€hrlicher Verzinsung (per annum, abgekĂŒrzt p. a.) bzw. allgemein pro Periode T (abgekĂŒrzt p. P.) nach folgender Formel:

Ein jĂ€hrlicher Zinssatz von 20 % entspricht beispielsweise einem kontinuierlichen Zinssatz von rund 18,23 %.

FĂŒr ZeitrĂ€ume, die von einem Jahr abweichen, ist es oft gĂŒnstiger, mit ZinssĂ€tzen in kontinuierlicher Verzinsung zu rechnen. Stundengenaue Rechnung ist im Bankwesen nicht ĂŒblich.

Arten von ZinssÀtzen

Man unterscheidet insbesondere verschiedene Arten von ZinssÀtzen:

GrundlagenzinssÀtze der Gesamtwirtschaft sind:

Folgender Begriff stellt nur auf die Höhe des Zinssatzes ab und lÀsst sich auf jegliche Art von ZinssÀtzen anwenden:

  • Negativzins: Jeder Zinssatz, der kleiner als Null ist (Beispiel: −0,88 %).

Festzins und variabler Zins

Unter Festzins versteht man einen Zinssatz, der fĂŒr eine bestimmte Laufzeit unverĂ€ndert konstant bleibt, unabhĂ€ngig von der aktuellen Marktentwicklung der Marktzinsen. Eine Legaldefinition bietet § 489 Abs. 5 BGB, wonach ein „gebundener“ Zinssatz fĂŒr die gesamte Vertragslaufzeit als feststehende Prozentzahl vereinbart wird. Ein Festzins kann entweder fĂŒr die gesamte Laufzeit eines Kredites oder einer Geldanlage vereinbart werden oder aber nur fĂŒr einen Teil der Laufzeit (siehe Zinsbindungsfrist). Ein variabler Zins ist ein sich an die aktuelle Marktlage anpassender Zins. UnzulĂ€ssig sind bei VertrĂ€gen mit variablen Zinsen willkĂŒrliche Zinsgestaltungen.[2] Es ist vielmehr vertraglich ein Referenzzinssatz festzulegen, der die individuelle Vertragsgestaltung berĂŒcksichtigt und in öffentlichen Medien zugĂ€nglich ist.[3] Dabei bietet sich die Zeitreihen-Datenbank der Deutschen Bundesbank an.[4]

Interner Zinsfuß

Der interne Zinsfuß ist derjenige Zinssatz, bei dem der Kapitalwert einer Zahlungsreihe oder eines Projektes der Definition nach genau null ist. Hieraus lĂ€sst sich mithilfe der Methode des internen Zinsfußes schließen, ob die DurchfĂŒhrung dieses Projektes vorteilhaft ist oder nicht. Vorteilhaft â€“ und daher einen positiven Kapitalwert liefernd â€“ ist das Projekt immer dann, wenn der Kalkulationszinssatz niedriger ist als der interne Zinssatz, unvorteilhaft in dem Falle, wenn der Kalkulationszinssatz höher liegt. Auch als Effektivzins (bei Finanzierungen) oder Internal Rate of Return (IRR) bezeichnet.

Kalkulationszinsfuß

Der Kalkulationszinsfuß oder Kalkulationszinssatz (engl. hurdle rate oder required rate of return) wird in der Investitionsrechnung bei Discounted Cash-Flow Analysen verwendet. Er bezeichnet die subjektive Mindestverzinsungsforderung eines Anlegers an seine Investition und bestimmt, wie stark weiter in der Zukunft liegende Zahlungen auf ihren Barwert abgewertet werden. Der Kalkulationszinsfuß wird ermittelt, indem die Kapitalkosten oder gewichteten Kapitalkosten um eine RisikoprĂ€mie erhöht (Investition) oder vermindert (Kreditvergabe) werden.

Unter BerĂŒcksichtigung des Zeitwertes des Geldes wird deutlich, dass die Forderung nach einer hohen Rendite gleichbedeutend mit der Forderung nach riskanteren und kurzfristigeren Investitionen ist, da gegenwartsnahe Zahlungen stĂ€rker bewertet werden als spĂ€tere.

Siehe auch

Literatur

  • David MĂŒller: Investitionscontrolling: Entscheidungsfindung bei Investitionen I: Investitionscontrolling und Investitionstheorie. 3. Aufl. Springer Gabler, Berlin u. a. 2022, ISBN 978-3-658-36592-9.
Wiktionary: Zinssatz â€“ BedeutungserklĂ€rungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. ↑ Wolfgang Breuer, Claudia Breuer, JĂŒrgen Weber, Ulrich Pape: Zinsfuß. In: Gabler Wirtschaftslexikon. Springer Gabler Verlag, abgerufen am 25. Februar 2017.
  2. ↑ BGH, Urteil vom 17. Februar 2002, Az.: XI ZR 140/03 = BGHZ 158, 149
  3. ↑ BGH, Urteil vom 13. April 2010, Az.: XI ZR 197/09 = BGHZ 185, 166
  4. ↑ Einlagen- und KreditzinssĂ€tze. Deutsche Bundesbank, 2019