Falkennachtschwalbe

Falkennachtschwalbe

Falkennachtschwalbe (Chordeiles minor)

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
ohne Rang: Strisores
Ordnung: Caprimulgiformes
Familie: Nachtschwalben (Caprimulgidae)
Gattung: Chordeiles
Art: Falkennachtschwalbe
Wissenschaftlicher Name
Chordeiles minor
(J. R. Forster, 1771)

Die Falkennachtschwalbe (Chordeiles minor), auch Nachtfalke genannt, ist einer der bekanntesten amerikanischen Sommervögel. Sie ist berühmt für ihre Sturz- und Zickzackflüge.

Merkmale

Falkennachtschwalben sind etwa 23 Zentimeter lang und haben eine Flügelspannweite von 59 bis 68 cm, während ihr Gewicht ungefähr 65 Gramm beträgt. Charakteristisch sind für sie, neben dem unregelmäßigen Zickzackflug, die schmalen und spitzen Flügel, welche eine weiße Binde tragen. Das Gefieder ist dunkelbraun oder grau mit brauner Musterung. Beim Männchen ist die Kehle weiß, beim Weibchen gelblichbraun. Das Gefieder der Jungvögel ist noch blasser, die Kehle ist weniger auffällig gefärbt. Männchen haben außerdem noch eine weiße Schwanzbinde. Der Schnabel sieht im geschlossenen Zustand außergewöhnlich klein aus, kann aber bei der Beutejagd weit geöffnet werden.

Lebensweise

Während der Brutzeit leben Falkennachtschwalben als Paar und während des Zuges im Trupp. Oft sieht man mehrere Paare in unmittelbarer Nachbarschaft zusammenleben. Obwohl ihr Name vermuten lässt, dass sie nachtaktiv sind, sind sie keine ausgesprochenen Nachtvögel. Nur wenn die Jungen zu wenig Futter bekommen haben, jagen sie auch nachts. Normalerweise gehen sie am frühen Morgen und Abend auf Beutezug. Man trifft sie oft in Niederungen, vor allem auf offenen Graslandschaften und in Nadelwäldern. Ihre Lebenserwartung beträgt bis zu 6 Jahre.

Zeichnung einer Falkennachtschwalbe

Nahrung

Ihre Nahrung besteht vor allem aus Fluginsekten, wie geflügelten Ameisen, Käfern, Faltern und Heuschrecken. Bei den Bauern sind sie sehr beliebt, da sie viele Schädlinge vertilgen. Sie jagen gerne über offenem Gelände, wie Seen, Flüssen und Wiesen. Sie sind sehr wendige Jäger und erhaschen oft im Sturzflug Insekten. Dabei verursachen die angelegten Flügel ein Geräusch, das klingt, als ob man mit dem Mund an die Öffnung einer leeren Flasche bläst.

Fortpflanzung

Die Brutzeit der Falkennachtschwalben dauert von Mitte Mai bis Mitte Juli. Nach der Paarung legt das Weibchen 2 gräulich weiße, kräftig lila und braun gescheckte Eier, welche nicht in ein Nest, sondern auf den blanken Felsen oder in eine kleine Bodenmulde gelegt werden. Ein Nest würde auf dem trockenen, felsigen Untergrund eher auffallen. Sie nisten nie im Schatten, da die Eier durch ihre Färbung an feuchten Stellen nicht so gut getarnt wären. Manchmal legen sie ihre Eier aber auch in Holzdach-Nischen der Städte. Wird das Gelege zerstört, folgt ein Nachgelege. Das Männchen bewacht den Nistplatz mit Patrouillenflügen und verteidigt das Gelege oft unter Einsatz seines Lebens. Nach einer Brutdauer von 14 bis 16 Tagen schlüpfen die Jungvögel und bleiben noch ungefähr 20 Tage in der Nistmulde. Ein Jahr später werden sie geschlechtsreif.

Das Verbreitungsgebiet der Falkennachtschwalbe, rot – Brutgebiet, blau – Überwinterung

Verbreitung

Ihre Brutplätze liegen in Nord- und Mittelamerika, von dem äußersten Südost-Zipfel Alaskas bis südlich nach Panama. Sie überwintern in Südamerika von Kolumbien bis nach Argentinien.

Unterarten

Bisher sind neun Unterarten bekannt:[1]

  • Chordeiles minor minor (Forster, JR, 1771)[2] kommt vom zentralen und südlichen Kanada bis ins zentrale und östliche Gebiet der USA vor.
  • Chordeiles minor hesperis Grinnell, 1905[3] ist vom Südwesten Kanadas über den Westen der USA verbreitet.
  • Chordeiles minor sennetti Coues, 1888[4] kommt im südlichen zentralen Gebiet Kanadas und dem zentralen und nördlichen zentralen Gebiet der USA vor.
  • Chordeiles minor howelli Oberholser, 1914[5] ist im westlichen zentralen Teil der USA verbreitet.
  • Chordeiles minor henryi Cassin, 1855[6] kommt im Südwesten der USA und dem nördlichen zentralen Mexiko vor.
  • Chordeiles minor aserriensis Cherrie, 1896[7] ist im Südosten von Texas und dem Nordosten Mexikos verbreitet.
  • Chordeiles minor chapmani Coues, 1888[4] kommt im Südosten der USA vor.
  • Chordeiles minor neotropicalis Selander & Álvarez del Toro, 1955[8] ist im Osten und Süden Mexikos verbreitet.
  • Chordeiles minor panamensis Eisenmann, 1962[9] kommt von Belize und Honduras bis Panama vor.

Etymologie und Forschungsgeschichte

Die Erstbeschreibung der Falkennachtschwalbe erfolgte 1771 durch Johann Reinhold Forster unter dem wissenschaftlichen Namen Caprimulgus minor. Da er sich auf Mark Catesbys The Whip-Poor-Will[10] bezog, dürfte er Virginia als Verbreitungsgebiet angesehen haben.[2] 1832 führte William Swainson die für die Wissenschaft neue Gattung Chordeiles für die Falkennachtschwalbe (Syn. Caprimulgus virginianus Gmelin, JF, 1789).[11] Dieser Name leitet sich von »chordē χορδη« für »Sehne, Saite« und »deilē δειλη« für »Abend« ab.[12] Der Artname minor bedeutet lateinisch minor ‚kleiner‘.[13] Sennetti ist George Burritt Sennett (1840–1900) gewidmet[4], howelli Arthur Holmes Howell (1872–1940)[5], henryi Thomas Charlton Henry (1825–1877)[6] und chapmani Frank Michler Chapman (1864–1945).[4] Panamensis bezieht sich auf das Land Panama[9], aserriensis auf das Tal des Río Asseri[7] und neotropicalis auf die Neotropis.[8] Schließlich hat hesperis seinen Ursprung in lateinisch hesperis ‚vom Abend, westlich‘ bzw. »Hesperos ἑσπερος« für »Abendstern«.[14] Alfred Laubmann nannte in seinem Werk Die Vögel von Paraguay mit Caprimulgus variegatus Vieillot, 1817[15] basierend auf Ibiyau del jaspeado von Félix de Azara[16], mit Caprimulgus virginianus Gmelin, JF, 1789[17] und Caprimulgus jaspideus Merrem, 1832[18] weitere Synonyme zur Nominatform. Laubmann war sich in seiner Analyse nicht sicher, ob die Nominatform oder C. m. chapmani in Paraguay brütet.[19]

Literatur

  • Félix de Azara: Apuntamientos para la historia natural de los páxaros del Paragüay y Rio de la Plata. Band 2. Impr. de la viuda de Ibarra, Madrid 1805 (biodiversitylibrary.org).
  • John Cassin: Illustrations of the birds of California, Texas, Oregon, British and Russian America. Intended to contain descriptions and figures of all North American birds not given by former American authors, and a general synopsis of North American ornithology. J.B. Lippincott & Co., Philadelphia 1862 (biodiversitylibrary.org).
  • Mark Catesby: The natural history of Carolina, Florida and the Bahama Islands containing the figures of birds, beasts, fishes, serpents, insects, and plants: particularly, the forest-trees, shrubs, and other plants, not hitherto described, or very incorrectly figured by authors. Together with their descriptions in English and French. To which, are added observations on the air, soil, and waters: With remarks upon agriculture, grain, pulse, roots, &c. To the whole, is prefixed a new and correct Map of the Countries Treated of. Band 2. Printed at the expence of the author, and sold by W. Innys and R. Manby, at the West End of St. Paul's, by Mr. Hauksbee, at the Royal Society House, and by the author, at Mr. Bacon's in Hoxton, London 1743 (biodiversitylibrary.org).
  • George Kruck Cherrie: An Apparently New Chordeiles from Costa Rica. In: The Auk. Band 13, Nr. 2, 1896, S. 135–136 (englisch, unm.edu [PDF; 81 kB]).
  • Elliott Coues: New Forms of North American Chordiles. In: The Auk. Band 5, Nr. 1, 1888, S. 37 (englisch, unm.edu [PDF; 43 kB]).
  • Eugene Eisenmann: Notes on nighthawks of the genus Chordeiles in southern Middle America, with a description of a new race of Chordeiles minor breeding in Panamá. In: American Museum novitates. Nr. 2094, 1962, S. 1–21 (amnh.org [PDF; 2,0 MB]).
  • Johann Reinhold Forster: A catalogue of the animals of North America. Containing, an Enumeration of the known Quadrupeds, Birds, Reptiles, Fish, Insects, Crustaceous and Testaceous animals; many of which are New, and never described before. To which are added short Directions for Collecting, Preserving, and Transporting, all Kinds of Natural History Curiosities. B. White, London 1773 (biodiversitylibrary.org).
  • Johann Friedrich Gmelin: Systema Naturae per Regna Tria Naturae, Secundum Classes, Ordines, Genera, Species, Cum Characteribus, Differentiis, Synonymis, Locis. Band 1, Nr. 2. Georg Emanuel Beer, Leipzig 1789 (biodiversitylibrary.org).
  • Joseph Grinnell: The Pacific Nighthawk. In: The Condor. Band 7, Nr. 6, 1905, S. 170 (englisch, unm.edu [PDF; 83 kB]).
  • Alfred Laubmann: Die Vögel von Paraguay. Band 2. Strecker und Schröder, Stuttgart 1940, S. 1–2 (google.de).
  • Blasius Merrem: Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste in alphabetischer Folge. Mit Kupfern und Charten Ent-Epilogus. Hrsg.: Johann Samuel Ersch, Johann Gottfried Gruber. Erste Section A-G, Nr. 15. F. A. Brockhaus, Leipzig 1826 (uni-goettingen.de).
  • Harry Church Oberholser: A Monograph of the Genus Chordeiles Swainson, Type of a New Family of Goatsuckers. In: Bulletin – United States National Museum. Nr. 86, 1914, S. 1–120 (biodiversitylibrary.org).
  • Robert Keith Selander, Miguel Alvarez Del Toro: A New Race of Booming Nighthawk from Southern Mexico. In: The Condor. Band 57, Nr. 3, 1955, S. 144–147 (englisch, unm.edu [PDF; 285 kB]).
  • William Swainson, John Richardson: Fauna boreali-americana, or, The zoology of the northern parts of British America: containing descriptions of the objects of natural history collected on the late northern land expeditions, under command of Captain Sir John Franklin, R.N. (= Vögel. Band 2). John Murray, London 1831 (biodiversitylibrary.org).
  • Louis Pierre Vieillot: Nouveau dictionnaire d'histoire naturelle, appliquée aux arts, à l'agriculture, à l'économie rurale et domestique, à la médecine, etc. Par une société de naturalistes et d'agriculteurs. Band 10. Deterville, Paris 1817 (biodiversitylibrary.org).
Commons: Falkennachtschwalbe (Chordeiles minor) – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. IOC World Bird List Frogmouths, Oilbird, potoos, nightjars
  2. a b Johann Reinhold Forster (1771), S. 13.
  3. Joseph Grinnell (1905), S. 170.
  4. a b c d Elliott Coues (1888), S. 37.
  5. a b Harry Church Oberholser (1914), S. 25 & 57.
  6. a b John Cassin (1855), S. 239.
  7. a b George Kruck Cherrie (1896), S. 136.
  8. a b Robert Keith Selander (1955) u. a., S. 144–147.
  9. a b Eugene Eisenmann (1962), S. 4f.
  10. Mark Catesby (1743), S. 16 und Tafel 16 im Appendix.
  11. William Swainson (1832), S. 496.
  12. Chordeiles The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  13. minor The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  14. hesperis The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  15. Louis Pierre Vieillot (1817), S. 238.
  16. Félix de Azara (1805), S. 546–554.
  17. Johann Friedrich Gmelin (1789), S. 1028.
  18. Blasius Merrem (1832), S. 148
  19. Alfred Laubmann (1940), S. 1–2