Völkner (Adelsgeschlecht)
Völkner (russisch Фёлькнер oder Фелькнер, wissenschaftliche Transliteration Fel'kner) ist der Name eines russischen Adelsgeschlechts deutscher Herkunft, welches zahlreiche Bergbauingenieure, Geologen und Offiziere im russischen Kaiserreich stellte.[1][2] In deutschsprachigen Quellen wird der Name häufig mit deutschem Adelsprädikat als von Völkner wiedergegeben.
Eine Verbindung mit dem gleichnamigen ostpreußischen Stadtadelsgeschlecht aus Friedland (siehe Christoph Völkner)[3] besteht nach derzeitigem Forschungsstand nicht.
Geschichte
Herkunft
Die Familie Völkner ist bürgerlichen Ursprungs und stammt aus Halle an der Saale. 1407 wird sie mit Kuno Volkener (Kuno Völkner) aus Groß Salze im Erzstift Magdeburg, zu dem auch die Stadt Halle gehörte, erstmals urkundlich erwähnt.[4]
18. Jahrhundert: Auswanderung nach Russland und Nobilitierung
Stammvater der adeligen Familie Völkner ist der in Halle geborene Waisenjunge und Schüler der von August Hermann Francke gegründeten Lateinischen Hauptschule (Latina) Christian Friedrich Völkner (1728–1796).[5][6] Im Alter von 18 Jahren gelangte er als Schreiber von Halle nach Sankt Petersburg und stieg in seiner Karriere bis zum Konferenzsekretär und Kollegienrat (6. Rangklasse) an der Russischen Kunstakademie auf.[2][6][7] Mit dieser herausragenden Stellung war für Christian Friedrich Völkner die Erhebung in den erblichen russischen Adelsstand verbunden.[1][7] Nach dem Verlassen der Kunstakademie wurde er 1787 zum Inspektor der Bergschule in Sankt Petersburg (heute Staatliche Bergbau-Universität) ernannt und begründete damit die Familientradition im Bergbau.[2][8]
19. Jahrhundert: Verdienste im Bergbau und in der Armee
Viele Mitglieder der Familie Völkner waren in den nachfolgenden Generationen Bergbauingenieure, so auch Christian Friedrich Völkners Enkel Friedrich von Völkner (1802–1877) und Nikolai August Wilhelm von Völkner (1817–1878).[2][8] Zu Ehren des Mineralogen Michael Iwanowitsch von Völkner hat Hans Rudolph Hermann 1847 das Mineral Völknerit (siehe Hydrotalkit) benannt.[9] Andere Mitglieder des Adelsgeschlechts Völkner wählten eine militärische Laufbahn wie Generalleutnant Wladimir Iwanowitsch von Völkner (1805–1871) und dessen Bruder Paul Iwanowitsch von Völkner (1809–1862).
20. Jahrhundert: Oktoberrevolution und Exil in Westeuropa
Im Zuge der Oktoberrevolution wurden 1917 alle Adelsprivilegien in Russland abgeschafft und viele adelige Familien flüchteten vor dem Terror der Bolschewiki aus dem Land. Von diesen historischen Umbrüchen war auch das Adelsgeschlecht Völkner betroffen. Dimitri Iliodorowitsch von Völkner (1854–1923), der Bürgermeister von Aluschta und Enkel von Friedrich von Völkner, verließ Russland und gelangte nach Italien, wo er schließlich am 8. August 1923 in Rom verstarb.[10] Dimitris Sohn, der Rechtsanwalt Anatoli Dmitrijewitsch von Völkner (1888–1920), kämpfte gegen die Bolschewisten und wurde 1920 in Aluschta erschossen.[11] Andere Zweige der Familie emigrierten in die Schweiz und nach Frankreich, wo Nachfahren von Wladimir Michailowitsch von Völkner (1870–1945) bis heute leben.
Wappen
„Im schwarzen Felde über einem schräggekreuzten goldenen Bergmannsgezähe eine goldene Sonne. Auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldener Decke drei schwarze Straußenfedern.“[12]
Stammliste
- Christian Friedrich von Völkner (1728–1796)[5]
- August Hermann von Völkner ( )[13]
- Johann Heinrich von Völkner (1763–1833)[14]
- Friedrich Iwanowitsch von Völkner (1802–1877)[15]
- Leopold (Iliodor) Fedorowitsch von Völkner (1829–1895)[16]
- Dimitri von Völkner (1854–1923)[10]
- Leopold (Iliodor) Fedorowitsch von Völkner (1829–1895)[16]
- Woldemar Gustav von Völkner (1805–1871)[17]
- Paul Iwanowitsch von Völkner (1809–1862)[18]
- Michael Iwanowitsch von Völkner (* 1810)[19]
- Alexander Iwanowitsch von Völkner alias Afanassjew (* 1815)[20]
- Friedrich Iwanowitsch von Völkner (1802–1877)[15]
- Alexander Fedorowitsch von Völkner (* 1768)[21][22]
- Alexander Alexandrowitsch von Völkner (* 1806)[23]
- Nikolai August Wilhelm von Völkner (1817–1878)[28]
- Alexander Nikolajewitsch von Völkner (1843–1903)[29]
Literatur
- A. P. Moissejew: Die Deutschen im Südural. Tscheljabinsk 2013, ISBN 978-5-903966-29-5, S. 50–56 (russisch, wikireading.ru).
- I. A. Nowikow: Die Bergbaudynastie Völkner im 18. bis frühen 20. Jahrhundert. In: Tagungsband der 8. Tatischtschew-Lesung. Uralische Föderale Universität, Jekaterinburg 2010, ISBN 978-5-8295-0039-9, S. 293–298 (russisch, [1] [PDF]).
- A. G. Krawzow, V. D. Kolomenski: Bergdynastie der Völkners. In: Wissenschaft und Technik: Zusammenfassungen der XXII. Jahreskonferenz der St. Petersburger Zweigstelle des Russischen Nationalkomitees für Geschichte und Philosophie. Band 17. Sankt Petersburg 2001, ISBN 5-7187-373-6 (defekt), OCLC 54682969, S. 86–87 (russisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b C.H. Bill: Deutscher Adel im Zarenreich 1700-1917. In: Adelskartei des Instituts Deutsche Adelsforschung. Abgerufen am 11. Mai 2019.
- ↑ a b c d E.M. Zablotski: Mining Dynasties in Pre-Revolutionary Russia. In: Proceedings of 6th International Mining History Congress, Akabira, Japan. 2003, S. 337–340, abgerufen am 11. Mai 2019 (englisch).
- ↑ Johannes Gallandi: Königsberger Stadtgeschlechter. In: VFFOW-Sonderschrift Nr. 1. Nachdruck aus: Altpreußische Monatsschrift, 19/20, 1882/1883. Verein für Familienforschung in Ost- und Westpreußen, Hamburg 1961, OCLC 834446114.
- ↑ Rudolf Zoder: Familiennamen in Ostfalen. Band 1. Georg Olms Verlag, Hildesheim 1968, S. 506 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 19. November 2022]).
- ↑ a b Christian Friedrich Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 12. Mai 2019.
- ↑ a b Archiv der Franckeschen Stiftungen zu Halle: Christian Friedrich Völckner. Abgerufen am 12. Mai 2019.
- ↑ a b Johann Karl Konrad Oelrichs: Nachricht von den Lebensumständen des zu St. Petersburg verstorbenen Teutschen Gelehrten, Chsti. Friedr. Völkner's, gewesenen russisch-kais. Kollegienraths, und dessen sehr fleißigen Prüfung der ältesten Russischen Geschichte und Sprache, vermittelst seines eigenhändigen Berichts hiervon, und aus einer anderen sicheren Quelle. In: Johann Christian Friedrich Roch (Hrsg.): Allgemeiner Litterarischer Anzeiger. CXCV. Verlag Georg Voß, Leipzig 1798, S. 2017–2024 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 19. November 2022]).
- ↑ a b E.M. Zablotski: УЗАТИС – ФУРМАН. In: Biographische Enzyklopädie der Bergbauarbeiter des vorrevolutionären Russlands. Abgerufen am 12. Mai 2019 (russisch).
- ↑ Hans Rudolph Hermann: Ueber die geognostische Beschaffenheit des Mineralbruchs an der Schischimskaja Gora und über die dort vorkommenden Mineralien; namentlich über Völcknerit, ein neues Mineral, über die Zusammensetzung des Hydrargillits, des Chlorits (Leuchtenbergits) und Steatits, so wie über zwei neue Fundörter von Chondrodit. In: Otto Linné Erdmann (Hrsg.): Journal für praktische Chemie. Band 40. Johann Ambrosius Barth Verlag, Leipzig 1847, S. 7–34 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ a b Dmitrij Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 12. Mai 2019.
- ↑ А. Ю. Краснолуцкий: Южный берег Крыма (История имений и дач с 1783 по 1920 год). Крига, Санкт-Петербург 2020, ISBN 978-5-901805-27-5 (russisch, Genealogie [PDF]).
- ↑ Герб Фелькнеров. In: gerbovnik.ru. Abgerufen am 11. Mai 2019 (russisch).
- ↑ August Hermann Völckner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 12. Mai 2019.
- ↑ Johann Heinrich von Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 12. Mai 2019.
- ↑ Friedrich Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 12. Mai 2019.
- ↑ Leopold Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 12. Mai 2019.
- ↑ Woldemar Gustav Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 12. Mai 2019.
- ↑ Paul Voelkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 20. November 2022.
- ↑ Michael Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 12. Mai 2019.
- ↑ Alexander Voelkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 20. November 2022.
- ↑ Alexander Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 20. November 2022.
- ↑ Alexander Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 20. November 2022.
- ↑ Alexander Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 20. November 2022.
- ↑ Aleksandr Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 20. November 2022.
- ↑ Michael Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 20. November 2022.
- ↑ Vladimir Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 20. November 2022.
- ↑ Vladimir Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 20. November 2022.
- ↑ Nikolai August Wilhelm Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 12. Mai 2019.
- ↑ Aleksandr Völkner. In: Erik-Amburger-Datenbank des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS). Abgerufen am 20. November 2022.