Synagoge (Oberdorf am Ipf)

Ehemalige Synagoge in Oberdorf

Die ehemalige Synagoge in Oberdorf am Ipf, einem Stadtteil von Bopfingen im Ostalbkreis in Baden-Württemberg, befindet sich in der Lange Straße 13.

Geschichte

Die Synagoge um 1900

Die jüdische Gemeinde Oberdorf errichtete frühere Synagogen bereits in den Jahren 1704 und 1744/45. Die 1809 bis 1812 erbaute und heute noch erhaltene Synagoge wurde auf dem Grundstück des Vorgängerbaus von 1744/45 errichtet.

Das genaue Einweihungsdatum der neuen Synagoge ist nicht bekannt, jedoch ist an der Ostwand des Synagogengebäudes die Jahreszahl 1812 angebracht. In den Inschriften über der Toranische (s. u.) bilden die mit Punkten markierten Buchstaben als Chronostichon in Verbindung mit dem nachgestellten לפ"ק (Abkürzung für "nach kleiner Zählung") die jüdischen Jahreszahlen [5]572 (= 1811/12) und [5]603 (= 1842/43). In den Jahren 1843, 1858 und zuletzt noch 1933 wurden Renovierungen vorgenommen.

Zeit des Nationalsozialismus

Während der Novemberpogrome 1938 legten auswärtige SA-Männer in der Synagoge Feuer, doch wurde es von Einheimischen gelöscht. Das Gebäude wurde 1939 an die politische Gemeinde Oberdorf verkauft und von dieser 1940 an den Turnverein Oberdorf, der es als Turnhalle nutzte. Im Laufe des Zweiten Weltkrieges diente es dann als Unterkunft für Zwangsarbeiter.

Heutige Nutzung

Im Jahr 1950 erwarb die katholische Gemeinde Oberdorf das Gebäude und baute es zu einer Kirche um. Auf dem Dach wurde ein hölzerner Dachreiter mit Glocke errichtet. Nach dem Auszug im Jahr 1969 wurde das Synagogengebäude als Lagerraum verwendet.

1989 erwarb der unter anderem von Landrat Diethelm Winter gegründete Trägerverein ehemalige Synagoge Oberdorf e. V. das Gebäude, und nach umfangreichen Baumaßnahmen konnte es 1993 als Gedenk- und Begegnungsstätte ehemalige Synagoge Bopfingen-Oberdorf eröffnet werden. Auf dem Dachboden wurde eine umfangreiche Genisa entdeckt, die vor allem aus Gebetsbüchern besteht.

Seit 1997 befindet sich in der ehemaligen Synagoge außerdem das Museum zur Geschichte der Juden im Ostalbkreis.

Beschreibung

Grundriss des Erdgeschosses, Zustand im August 1938 (die Zeichnung ist nicht ganz maßstäblich, sondern in der Längsrichtung etwas gestaucht; auch ist die Toranische nicht halbrund, sondern rechteckig)
Männereingang (links) und Fraueneingang (rechts) auf der Westseite
Toranische

Das Synagogengebäude ist ein von West nach Ost ausgerichteter, noch spätbarock geprägter Saalbau, bei dem die oberen Hälften der Giebel abgewalmt sind. In Längsrichtung ist der Bau in drei, in Querrichtung in fünf Achsen gegliedert. Bei den drei östlichen Achsen machen – mit Ausnahme eines kleinen Rundfensters über der Toranische in der Mitte der Ostseite (Misrach-Fenster) – hohe, durchlaufende Fenster mit Halbrundabschluss den festlichen Charakter eines gottesdienstlichen Raumes deutlich. Die beiden westlichen Achsen haben hingegen jeweils drei kleine Fenster übereinander, von denen allerdings die beiden oberen vertikal jeweils in eine große gemeinsame Nische eingebettet sind, wodurch gewissermaßen die Reihe der großen Fenster in den östlichen Achsen nach Westen fortgesetzt wird; die kleinteilige Fenstergliederung ergab sich daraus, dass die westliche Achse im Erdgeschoss Vorräume enthielt und darüber die Frauenempore, die sich auch noch bis in die nächste Achse erstreckte.

Der mittlere Eingang für die Männer führte in das Erdgeschoss der Synagoge, der rechte Eingang für die Frauen zu einer Treppe, über die man auf die Frauenempore gelangte. In der Mitte des Gebetssaals stand auf einem Podest die Bima zur Vorlesung aus der Tora. Vor der Toranische in der Ostwand befand sich ein Podium zum Ausheben der Torarollen. In der Nische stand ein Schrank (Toraschrein) zur Aufbewahrung der Torarollen. Vor dem Podium befanden sich Pulte für den Prediger und für den Vorbeter, neben dem Podium die Sitzplätze für den Rabbiner (links) und für den Synagogenvorsteher (rechts).

Inschriften

Siehe auch

Literatur

  • Klaus-Dieter Alicke: Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. Band 2: Großbock – Ochtendung. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-08078-9 (Online-Ausgabe).
  • Joachim Hahn, Jürgen Krüger: Synagogen in Baden-Württemberg. Band 2: Joachim Hahn: Orte und Einrichtungen. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-1843-5, (Gedenkbuch der Synagogen in Deutschland. Band 4).
  • Felix Sutschek, Bernhard Hildebrand: Museum zur Geschichte der Juden im Ostalbkreis in der ehemaligen Synagoge Bopfingen-Oberdorf. Katalog. Trägerverein Ehemalige Synagoge Oberdorf, Bopfingen 2004, ISBN 3-00-013584-7.
  • Bernhard Hildebrand: Die Synagoge Bopfingen-Oberdorf. Einst Haus Gottes – heute Gedenk- und Begegnungsstätte. In: ostalb einhorn Nr. 82 (Juni 1994), S. 113–122. ([1])
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Koordinaten: 48° 51′ 59,7″ N, 10° 20′ 49,7″ O