Siegfried Ochs

Siegfried Ochs (* 19. April 1858 in Frankfurt am Main; † 6. Februar 1929 in Berlin) war ein deutscher Chorleiter und Komponist. Als Komponist benutzte er auch das Pseudonym Diego Fischers.

Leben

Siegfried Ochs studierte zunächst an der Universität Heidelberg Chemie. Er arbeitete nebenbei am örtlichen Theater als Korrepetitor und Dekorationsmaler. 1878 ging er an die Berliner Königlich Akademischen Hochschule für ausübende Tonkunst, die damals unter dem Rektorat von Joseph Joachim (1831–1907) stand. Er gilt auch als Schüler von Friedrich Kiel.

Im Jahre 1882 gründete er den Philharmonischen Chor Berlin, den er bis zu seinem Tode leitete. 1920 wurde der Chor aus finanziellen Gründen aufgelöst und als Chor der Hochschule für Musik weitergeführt, an der Ochs Lehrer war. Seine 1922 in Leipzig erschienene Autobiographie Geschehenes, Gesehenes kann nicht in allen Einzelheiten als verlässlich gelten.[1]

Während des „Dritten Reichs“ waren die Werke des Juden Siegfried Ochs verboten. Mehrere Mitglieder seiner Familie wurden in Konzentrationslagern ermordet; seine 1866 in Berlin geborene Frau Charlotte geb. Friedländer starb am 2. März 1943 im KZ Theresienstadt.

Grabstätte

Er ist auf dem Urnenfriedhof Gerichtstraße beigesetzt. Sein Grab ist als Ehrengrab der Stadt Berlin ausgewiesen.

Werke (Auswahl)

Er komponierte eine komische Oper, Chöre, Duette, Lieder. Seine bekanntesten Werke sind das Lied „Dank sei Dir, Herr“ (das Ochs als ein Werk Georg Friedrich Händels in dessen Oratorium Israel in Egypt ausgab und das auch lange als solches galt, heute aber unter Ochs’ Namen aufgeführt wird)[2] und die Parodie 14 bekannter Komponisten, darunter Bach, Haydn, Mozart, Beethoven und Wagner, durch Verschmelzung ihres jeweiligen Stils mit dem Volkslied Kommt ein Vogel geflogen.

Musikalische Werke

Als Interpret

„Saul, Saul, was verfolgst du mich“ (Heinrich Schütz – SWV 415), Berliner Philharmonischer Chor, Ltg.: Siegfried Ochs, aufgenommen am 24. Feb. 1928[3]

Schriften

  • Anton, Bruckner, Te Deum. Mit Text [latin et allemand], erläutert von Siegfried Ochs. H. Bechhold, Frankfurt am Main 1897, OCLC 843735533
  • Die hohe Messe (in H-moll) von Johann Sebastian Bach. Einführung in das Werk anlässlich des Konzertes der Mainzer Liedertafel und des Damengesangsvereins am 16. April 1910. Falk, Mainz 1910, OCLC 682085536
  • Geschehenes, Gesehenes. Grethlein, Leipzig / Zürich 1922 (Autobiografie), OCLC 959113974
  • Aufbau und Leitung eines Gesangvereins. Hesse, Berlin 1923, OCLC 175108358
  • Der deutsche Gesangverein für gemischten Chor. Teil I bis IV. Hesse, Berlin 1923–1928, OCLC 603357859 OCLC 1332452190
    • Teil I: Über Aufbau und Leitung des Vereins. OCLC 1075620262
    • Teil II: Die Aufführungspraxis bei Schütz, Händel und Bach, erklärt an Beispielen. Hesse, Berlin 1924, OCLC 175108365
    • Teil III: Über die Aufführungspraxis bei Haydn, Beethoven und Bruckner, erklärt an Beispielen. OCLC 879471984
    • Teil IV: Über die Aufführungspraxis bei Berlioz, Liszt, Mendelssohn, Schumann, Hugo Wolf, Max Reger, erklärt an Beispielen. Hesse, Berlin 1928, OCLC 1073954790
  • Über die Art, Musik zu hören: ein Vortrag, gehalten in der Deutschen Gesellschaft 1914 zu Berlin. Werk-Verlag, Berlin 1926, OCLC 970991982

Literatur

Einzelnachweise

  1. Peter Petersen: Ein Fall gefälschter Biographie. Von der Langlebigkeit einer Anekdote zu Brahms’ 4. Sinfonie. In: Neue Zeitschrift für Musik. 180, 2019, H. 5, S. 40–41.
  2. Martin Staehelin: „Dank sei Dir, Herr“ – Zur Erklärung einer Händel-Fälschung des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. In: Göttinger Händel-Beiträge. Band 2. Bärenreiter, 1986, ISBN 3-7618-0779-1, ISSN 0177-7319, S. 194–206 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 31. Januar 2016]).
  3. Die vorliegende Aufnahme aus dem Jahr 1928 (Electrola EJ250, mx CLR3908-2) ist zugleich die erste Einspielung einer Komposition von Heinrich Schütz überhaupt. Vgl. dazu: Martin Elste: Heinrich Schütz zwischen Romantik und Objektivität. Ausgewählte Stationen einer medialen Werkbiographie. In: Alte Musik und Aufführungspraxis. Festschrift für Dieter Gutknecht zum 65. Geburtstag. Lit, Wien etc. 2007, ISBN 978-3-8258-0998-0, S. 63–80, hier: S. 73.