SD-Hauptamt
Das SD-Hauptamt war die oberste Führungsstelle des Sicherheitsdienstes des Reichsführers SS (SD), des Nachrichtendienstes der NSDAP.
Organisation und Geschichte
Der Sicherheitsdienst der SS wurde im Herbst 1931 gegründet: In dieser Frühphase nutzte die Organisation vorerst Räume im Braunen Haus, dem Parteihauptquartier der NSDAP in München. Da dieser Arbeitsort als nicht sicher genug für die geplante Entwicklung eingeschätzt wurde, verlegte der Chef des SD Reinhard Heydrich noch im Dezember 1931 den Sitz in die Münchener Türkenstraße 23.[1] Kurz vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 27. Januar 1933 erhielt Heydrich den Befehl, sich sofort nach Berlin zu begeben und den Umzug des Sicherheitsdienstes dorthin vorzubereiten. Daraufhin bezog er für die SD-Zentrale ein Haus in Berlin-Westend. In den folgenden Monaten wurde der Ausbau der Organisation weiter vorangetrieben, den begonnenen Kampf um die Politische Polizei zu unterstützen und ein eigenes Führungspersonal zu rekrutieren. Vorrangig durch die Anwerbung der kurzfristig durch Heinrich Himmler ernannten Regionalleiter der Politischen Polizei der Länder sicherte sich Heydrich bis Anfang 1934 für den SD eine geeignete Leitungsstruktur.[2]
Bis Anfang 1934 führte Reinhard Heydrich seiner Organisation noch von München aus, wo er zum einen die Büros der Bayerischen Politischen Polizei (BPP), als deren Chef er seit März 1933 fungierte, zum zweiten das Hauptquartier des SD-Oberabschnitts Süd in der Leopoldstraße 10, als Zentralstellen zur Leitung des SD nutzte. Nachdem es der SS-Führung bis zum Frühjahr 1934 gelungen war, die Kontrolle über die Geheime Staatspolizei zu übernehmen, wurde Heydrich im April 1934 in Personalunion zum Chef des Geheimen Staatspolizeiamtes in Berlin und des SD ernannt. Bis zu diesem Zeitpunkt waren 80 % der Staatspolizeiämter mit SD-Offizieren besetzt. Bereits Ende April 1934 wechselte Heydrich nach Berlin und betrieb, nun als Leiter des Geheimen Staatspolizeiamtes in der Prinz-Albrecht-Straße 8, den Umzug des Sicherheitsdienstes in die Hauptstadt. Am 9. Juni 1934, kurz vor der Ausschaltung der SA durch den sogenannten „Röhm-Putsch“, wurde dem SD offiziell durch den Erlass von Rudolf Heß der Status des einzigen Nachrichtendienstes innerhalb der NSDAP verliehen.[3]
In Analogie zu anderen oberen Führungsbehörden von Teilbereichen der SS wurde der nun gebildeten zentralen Führungsstelle des SD der Name Hauptamt verliehen. Das so entstandene SD-Hauptamt war zu dieser Zeit neben dem Rasse- und Siedlungshauptamt (1935 in diesen Rang erhoben) und dem SS-Hauptamt eines von drei Hauptämtern, die in der SS bestanden.[4] In späteren Jahren kamen zu diesen das Hauptamt Verwaltung und Wirtschaft (1939), das SS-Personalhauptamt (1939), das Hauptamt SS-Gericht (1939), das SS-Führungshauptamt (1940) und das Hauptamt Nationalpolitische Erziehung (1941) hinzu.
Als zukünftigen Sitz in Berlin bezog die SD-Führung im November 1934 das Prinz-Albrecht-Palais (Wilhelmstraße 102) in unmittelbarer Nähe zum Gestapo-Hauptquartier in der ehemaligen Kunstgewerbeschule (Prinz-Albrecht-Straße 8; beide Gebäude sind nicht erhalten).[5] Das Hauptamt wurde zunächst in militärischer Weise in eine Adjutantur, Stabsabteilung und Zentralabteilung gegliedert. In den folgenden Jahren wurde die Organisation systematisch verfeinert: So wurden immer neue Abteilungen geschaffen was sich äußerlich in dem Umstand niederschlug, dass zwischen 1934 und 1939 ein umfassender Umbau des Prinz-Albrecht-Palais durchgeführt wurde: Die über sechs Meter hohen und saalartig gestreckten Räume des Gebäudes wurden mit Zwischendecken und Zwischenwänden versehen, um so eine Vielzahl kleiner Büroräume zu schaffen.
Das SD-Hauptamt stand in der pyramidalen Gliederungshierarchie des SD an der Spitze: Ihm unterstellt waren in drei Gliederungsstufen die 11 SD-Oberabschnitte, die SD-(Leit)abschnitte und SD-Außenstellen, die sich als nachrichtendienstliches Netz über das ganze Reichsgebiet erstreckten.
Geschäftsverteilungspläne
Literatur
- Shlomo Aronson: Reinhard Heydrich und die Frühgeschichte von Gestapo und SD. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1967.
- Alwin Ramme: Der Sicherheitsdienst der SS. Zu seiner Funktion im faschistischen Machtapparat und im Besatzungsregime des sogenannten Generalgouvernements Polen, In: Militärhistorische Studien/ 12 / Neue Folge, Hrsg. Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut für Geschichte, Deutscher Militärverlag, Berlin 1970.
- Ruth Bettina Birn: Die Höheren SS- und Polizeiführer. Himmlers Vertreter im Reich und in den besetzten Gebieten. Droste Verlag, Düsseldorf 1986. ISBN 3-7700-0710-7.
- George C. Browder: Die Anfänge des SD. Dokumente aus der Organisationsgeschichte des Sicherheitsdienstes des Reichsführers SS. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Band 27 (1979), S. 299–324. ISSN 0042-5702
- Ulrich Herbert: Best: Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft. C. H. Beck, München 2016, u. a. S. 601. (Organigramm).
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Aktualisierte 2. Auflage. Fischer, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-596-16048-8.
- Carsten Schreiber: Elite im Verborgenen. Ideologie und regionale Herrschaftspraxis des Sicherheitsdienstes der SS und seines Netzwerkes am Beispiel Sachsens. Oldenbourg, München 2008. (Online).
- Michael Wildt: Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes. Hamburger Edition, Hamburg 2002. ISBN 3-930908-75-1.
- Michael Wildt: Nachrichtendienst, politische Elite und Mordeinheit. Der Sicherheitsdienst des Reichsführers SS, Hamburger Edition, Hamburg 2003. ISBN 978-3-930908-84-4.
Einzelnachweise
- ↑ Robert Gerwarth: Reinhard Heydrich. Biografie. Siedler Verlag, München 2011, S. 78.
- ↑ Alwin Ramme: Der Sicherheitsdienst der SS. Deutscher Militärverlag, Berlin 1970, S. 33 ff.
- ↑ Hans Buchheim: Die SS – das Herrschaftsinstrument, Befehle und Gesetze. München 1967, S. 64 f.
- ↑ Isabel Heinemann: Rasse, Siedlung, deutsches Blut: Das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS. Wallstein, Göttingen 2013, S. 76.
- ↑ Matthias Bath: Der SD in Dänemark 1940–1945: Heydrichs Elite und der "Gegenterror". Neuhaus, Berlin 2015, S. 17.