Motorrad-Europameisterschaft 1938

Die Titel der Motorrad-Europameisterschaft 1938 wurden erstmals in der Geschichte an die Rennfahrer vergeben, die in ihrer Hubraum-Klasse bei den zur EM zählenden Grands Prix die meisten Punkte erzielen konnten. Vorher wurden seit 1924 jeweils die Fahrer Europameister, die den jährlich im Rahmen eines nationalen Grand Prix ausgetragenen Großen Preis der F.I.C.M. in den verschiedenen Hubraumkategorien gewinnen konnten.

In allen Klassen wurden acht Rennen ausgetragen.

Wissenswertes

Todesfälle

  • Der 29 Jahre alte Brite Jack Moore kam beim 350-cm³-Rennen der Tourist Trophy ums Leben. Er war in der dritten Runde kurz nach Ramsey beim Überholen in einer Linkskurve von der Strecke abgekommen, gegen einen Betonpfeiler geprallt und auf die Fahrbahn zurückgeschleudert worden. Moore war auf der Stelle tot.[1]

Punkteverteilung

Punktewertung
Platz 1 2 3 4 5 6
Punkte 6 5 4 3 2 1

In die Wertung kamen alle erzielten Resultate.

500-cm³-Klasse

Der Europameister Georg Meier 1989 auf der Isle of Man auf BMW 255 Kompressor.

Saisonverlauf

Die Halbliterklasse sah einen spannenden Kampf zwischen dem britischen Norton-Werksfahrer Harold Daniell und dem Deutschen Georg Meier, der für BMW startete.

Den ersten Saisonlauf, die Tourist Trophy auf der Isle of Man gewann der 27-jährige Londoner Harold Daniell, der im Norton-Werksteam die Nachfolge des 1937 tödlich verunglückten Jimmie Guthrie angetreten hatte. Beim folgenden Großen Preis von Belgien in Spa-Francorchamps feierte der BMW-Werksfahrer „Schorsch“ Meier seinen ersten Grand-Prix-Sieg. Der Grand Prix der Schweiz sah wieder Daniell als Sieger.

Nachdem die Werksteams in Frankreich nicht antraten und Norton auch in Assen, wo Meier siegte, wegen finanzieller Unstimmigkeiten mit dem Veranstalter fehlte, schmolz Daniells Vorsprung auf den Bayern in der Gesamtwertung auf drei Zähler zusammen. Beim Großen Preis von Deutschland auf dem Sachsenring gewann der „Gusseiserne“, wie man Meier auch nannte, vor ca. 300.000 Zuschauern erneut. Im Ziel hatte er etwa zwei Minuten Vorsprung auf Harold Daniell, der seine EM-Führung dennoch verteidigte.

Beim Ulster Grand Prix in Nordirland starteten die deutschen und italienischen Werksteams nicht. Harold Daniell konnte daraus aber kein Kapital schlagen. Er schied wegen eines Radlagerschadens am Hinterrad seiner Maschine aus. Es siegte wie schon im Vorjahr Jock West auf BMW.

Beim Großen Preis von Italien in Monza fehlte Norton erneut, weshalb „Schorsch“ Meier bereits Platz fünf zum Titelgewinn genügt hätte. Der Bayer siegte vor seinem Teamkollegen „Wiggerl“ Kraus und krönte sich zum 500-cm³-Europameister 1938. Er ist damit der einzige deutsche Halbliter-Europameister der Geschichte.

Rennergebnisse

Datum Rennen Strecke Platz 1 Platz 2 Platz 3
1 13.–17.06. Isle of Man XXVII. Isle of Man TT Mountain Course Harold Daniell Stanley Woods Freddie Frith
2 26.06. Belgien XVIII. GP von Belgien Spa-Francorchamps Georg Meier Freddie Frith Jock West
3 17.07. Schweiz XV. GP der Schweiz Genf Harold Daniell Freddie Frith Georges Cordey
4 24.07. Frankreich 16ème Grand Prix de l’UMF Nizza Georges Cordey „Cora“  1 Roger Fouminet
5 30.07. Niederlande XIV. Dutch TT Assen Georg Meier Bertus van Hamersveld Dorino Serafini
6 07.08. Deutsches Reich NS XIII. GP von Deutschland Sachsenring Georg Meier Harold Daniell Freddie Frith
7 20.08. Nordirland XVII. Ulster GP Clady Jock West Ginger Wood David Whitworth
8 25.09. Italien 1861 V. GP von Italien Monza Georg Meier Ludwig Kraus Silvio Vailati

Fahrerwertung

1 Deutsches Reich NS Georg Meier BMW 24
2 Vereinigtes Konigreich Harold Daniell Norton 20
3 Vereinigtes Konigreich Freddie Frith Norton 18
4 Vereinigtes Konigreich Jock West BMW 12
5 Schweiz Georges Cordey Norton 10
6 Deutsches Reich NS Ludwig Kraus BMW 8
7 Irland Stanley Woods Velocette 5
Niederlande Bertus van Hamersveld BMW 5
Frankreich „Cora“  1 Velocette 5
Vereinigtes Konigreich Ginger Wood Velocette 5
11 Italien 1861 Dorino Serafini Gilera 4
Frankreich Roger Fouminet Saroléa 4
Vereinigtes Konigreich David Whitworth Velocette 4
Italien 1861 Silvio Vailati Gilera 4
15 Deutsches Reich NS Hans Bock Norton 4
16 Vereinigtes Konigreich John White Norton 3
Belgien „Grizzly“  2 Saroléa 3
Deutsches Reich NS Franz Vaasen Norton 3
Frankreich Georges Berthier Saroléa 3
Vereinigtes Konigreich Ron Mead Norton 3
Italien 1861 Carlo Fumagalli Gilera 3
22 Vereinigtes Konigreich Noel Pope Norton 2
Deutsches Reich NS Wilhelm Herz DKW 2
FrankreichFrankreich „Walter“  3 2
Nordirland Roy Evans BSA 2
26 Vereinigtes Konigreich Ted Mellors Velocette 1
Belgien Auguste Goffin Rudge 1
Niederlande Theo Zwolle Norton 1
Deutsches Reich NS Hans Lommel DKW 1
Nordirland Jock McCredie Rudge 1

350-cm³-Klasse

Saisonverlauf

Den Titel in der 350-cm³-Klasse sicherte sich Ted Mellors aus Chesterfield. Der Engländer gewann drei der acht Rennen, fuhr insgesamt fünf Podiumsplätze ein und krönte sich beim vorletzten Lauf, dem Ulster Grand Prix zum Europameister. Vize wurde der Norton-Werksfahrer John „Crasher“ White.

Rennergebnisse

Datum Rennen Strecke Platz 1 Platz 2 Platz 3
1 13.–17.06. Isle of Man XXVII. Isle of Man TT Mountain Course Stanley Woods Ted Mellors Freddie Frith
2 26.06. Belgien XVIII. GP von Belgien Spa-Francorchamps John White Ted Mellors Siegfried Wünsche
3 17.07. Schweiz XV. GP der Schweiz Genf Harold Daniell Freddie Frith Siegfried Wünsche
4 24.07. Frankreich 16ème Grand Prix de l’UMF Nizza Roger Loyer Robert Braccini Miguel Simó
5 30.07. Niederlande XIV. Dutch TT Assen Ted Mellors Willy van Gent Franz-Josef Binder
6 07.08. Deutsches Reich NS XIII. GP von Deutschland Sachsenring John White Walfried Winkler Siegfried Wünsche
7 20.08. Nordirland XVII. Ulster GP Clady Ted Mellors Walter Rusk Les Archer
8 25.09. Italien 1861 V. GP von Italien Monza Ted Mellors „Cora“ Franz-Josef Binder

Fahrerwertung

1 Vereinigtes Konigreich Ted Mellors Velocette 34
2 Vereinigtes Konigreich John White Norton 15
3 Deutsches Reich NS Siegfried Wünsche DKW 12
4 Frankreich Roger Loyer Velocette 10
5 Vereinigtes Konigreich Freddie Frith Norton 9
6 Vereinigtes Konigreich Harold Daniell Norton 8
7 Niederlande Franz-Josef Binder  4 Velocette 8
8 Irland Stanley Woods Velocette 6
9 Nordirland Jimmy Little Velocette 6
10 Niederlande Willy van Gent Velocette 5
Deutsches Reich NS Walfried Winkler DKW 5
Frankreich Robert Braccini Monet et Goyon 5
Nordirland Walter Rusk Norton 5
Frankreich „Cora“  1 Velocette 5
15 Spanien Zweite Republik Miguel Simó Terrot 4
Vereinigtes Konigreich Les Archer Velocette 4
17 Deutsches Reich NS Karl Rührschneck DKW 3
Deutsches Reich NS Ernst Pokora Norton 3
FrankreichFrankreich Bertoni 3
Vereinigtes Konigreich Bob Foster A.J.S. 3
21 Vereinigtes Konigreich Fergus Anderson NSU 2
22 Schweiz Ernst Hänni Norton 2
Deutsches Reich NS Karl Bodmer NSU 2
FrankreichFrankreich Crossasso Magnat-Debon 2
25 Vereinigtes Konigreich David Whitworth Velocette 1
Deutsches Reich NS Bruno Ahlswede Velocette 1
Danemark Svend-Aage Sørensen Excelsior 1
Deutsches Reich NS W. Hentze NSU 1
FrankreichFrankreich R. Champetier Norton 1
Nordirland L. Higgins Velocette 1

250-cm³-Klasse

Saisonverlauf

In der 250-cm³-Klasse gewann der deutsche DKW-Werksfahrer Ewald Kluge auf der ULD 250 überlegen den Titel.

Bereits beim ersten Rennen, der Tourist Trophy auf der Isle of Man, fuhr er einen überlegenen Sieg ein. Kluge hatte im Ziel über elf Minuten Vorsprung auf den zweitplatzierten Ginger Wood auf Excelsior. Der Sachse wurde damit erster deutscher TT-Sieger der Geschichte und erster Sieger auf einem Zweitakter seit 1922. In den folgenden Grands Prix dominierten die Zschopauer DKWs nach Belieben. Beim Großen Preis der Schweiz belegten sie die ersten sieben Plätze.

Bei seinem Heimrennen, dem Großen Preis von Deutschland auf dem Sachsenring, dem drittletzten Lauf der Saison, krönte sich Ewald Kluge vor über 300.000 Zuschauern, die ihn frenetisch feierten, zum Europameister. Bei den verbleibenden beiden EM-Rennen trat er nicht mehr an. Da der gebürtige Lausaer der Fahrer mit den meisten gesammelten Punkten der Saison in allen drei Klassen war, wurde Ewald Kluge am Saisonende außerdem der Titel Meister der Meister verliehen.

Rennergebnisse

Datum Rennen Strecke Platz 1 Platz 2 Platz 3
1 13.–17.06. Isle of Man XXVII. Isle of Man TT Mountain Course Ewald Kluge Ginger Wood Henry Tyrell-Smith
2 26.06. Belgien XVIII. GP von Belgien Spa-Francorchamps Ewald Kluge Bernhard Petruschke Hermann Gablenz
3 17.07. Schweiz XV. GP der Schweiz Genf Ewald Kluge Bernhard Petruschke Walfried Winkler
4 24.07. Frankreich 16ème Grand Prix de l’UMF Nizza Ewald Kluge Bernhard Petruschke Emilio Soprani
5 30.07. Niederlande XIV. Dutch TT Assen Ewald Kluge Bernhard Petruschke Hermann Gablenz
6 07.08. Deutsches Reich NS XIII. GP von Deutschland Sachsenring Ewald Kluge Bernhard Petruschke Karl Lottes
7 20.08. Nordirland XVII. Ulster GP Clady Ernie Thomas Henry Tyrell-Smith Chris Tattersall
8 25.09. Italien 1861 V. GP von Italien Monza Emilio Soprani Bruno Martelli Amilcare Rossetti

Fahrerwertung

1 Deutsches Reich NS Ewald Kluge DKW 36
2 Deutsches Reich NS Bernhard Petruschke DKW 25
3 Deutsches Reich NS Hermann Gablenz DKW 13
4 Italien 1861 Emilio Soprani Benelli 10
5 Irland Henry Tyrell-Smith Excelsior 9
6 Italien 1861 Amilcare Rossetti Benelli 7
7 Vereinigtes Konigreich Ernie Thomas DKW 6
8 Deutsches Reich NS Otto Kohfink DKW 6
9 Vereinigtes Konigreich Ginger Wood Excelsior 5
Italien 1861 Bruno Martelli Benelli 5
11 Deutsches Reich NS Walfried Winkler DKW 4
Deutsches Reich NS Karl Lottes DKW 4
Vereinigtes Konigreich Chris Tattersall CTS 4
14 Deutsches Reich NS Alfred Hartmann DKW 4
15 Vereinigtes Konigreich Maurice Cann Excelsior 3
Niederlande Piet van Dinter DKW 3
Vereinigtes Konigreich Frank Cadman Excelsior 3
Italien 1861 Omobono Tenni Moto Guzzi 3
19 Irland Charlie Manders Excelsior 2
Deutsches Reich NS Hans Pätzold DKW 2
Deutsches Reich NS Walter Sontag DKW 2
Vereinigtes Konigreich Stanley Miller OK-Supreme 2
Italien 1861 Guglielmo Sandri Moto Guzzi 2
24 Vereinigtes Konigreich Jock Forbes Excelsior 1
Belgien Léonard Notet DKW 1
Deutsches Reich NS Herbert Drews DKW 1
Nordirland R. Hulme Excelsior 1
Italien 1861 Nello Pagani Moto Guzzi 1

Verweise

Anmerkungen

1 
eigentlich Léon Corrand
2 
3 
Über den Fahrer ist nichts bekannt, wahrscheinlich handelt es sich bei „Walter“ um ein Pseudonym.
4 
Franz-Josef Binder startete mit einer niederländischen Lizenz, kam aber aus Österreich. Deshalb wird er in einigen Statistiken auch als Österreicher geführt.

Einzelnachweise

  1. Jack Moore. www.motorsportmemorial.org, abgerufen am 27. April 2010 (englisch).