Mandibel

Schwarz-Weiß-Zeichnung des Kopfes eines Grashüpfers
Mandibel eines Grashüpfers (Beschriftung in Englisch)
schwarz/weiss-Zeichnung verschiedener Insektenköpfe in Frontalansicht, Mundwerkzeuge mit identischer Bezeichnung haben bei allen Insektenköpfen die gleiche Farbe
Mandibeln (in grün dargestellt) bei
A: Grashüpfer; B: Honigbiene;
C: Schmetterling; D: Stechmücke.
Mundwerkzeuge mit Mandibeln einer Grille.
Mundwerkzeuge mit schaufelartigen Mandibeln der Biene Dianthidium ulkei (Megachilidae).

Die Mandibeln sind die typischen Mundwerkzeuge einiger großer Gruppen der Gliederfüßer wie der Krebstiere, Insekten, Hundertfüßer und Tausendfüßer, die taxonomisch auch als Mandibeltiere (Mandibulata) zusammengefasst werden.

Die Mandibel besteht im Wesentlichen aus einer kräftigen Kaulade. Die Mandibeln dienen zum Zerbeißen und Zerkauen pflanzlicher und tierischer Nahrung oder als Greifwerkzeug beim Transport bzw. Manipulieren von Objekten. Räuberische Arten benutzen ihre Mandibeln zum Beutefang.

Durch die Evolution von Mandibeln ergaben sich neue Nahrungsketten, die zur kambrischen Radiation und zum evolutionären Erfolg und der universellen Verbreitung der Mandibulata beitrugen.[1]

Härte und Festigkeit

Die Mandibeln werden teilweise mechanisch stark beansprucht. Um ihren Zweck zu erfüllen, reichen oft Sklerotinisierung und Chitin nicht aus. Eine Verdoppelung ihrer Härte (nach Vickers[2]) gegenüber der übrigen Cuticula durch Mineralisierungen, insbesondere Metalleinlagerungen, hauptsächlich mit Zink (Zn) und/oder Mangan (Mn), bei Grashüpfern und anderen Insektengruppen, sowohl in Larvenstadien wie bei Adulttieren, wurde festgestellt.[3]

Phylogenese

Embryonalentwicklung

In der Phylogenese werden die Mandibeltiere (Mandibulata) innerhalb der Gliederfüßer (Arthropoda) gegen die Kieferklauenträger (Chelicerata) abgegrenzt. Die Mandibeltiere umfassen die Krebstiere (Crustacea) und die Tracheentiere (Tracheata) mit den Hundertfüßern, Tausendfüßern (Myriapoda) und Insekten. Es gibt jedoch auch die Hypothese, dass die Tausendfüßer näher mit den Kieferklauenträgern verwandt sind als mit den anderen Mandibeltieren. Embryologische Untersuchungen stützen diese Hypothese. Dies wirft jedoch die Frage auf, ob die Krebstiere und die Tracheentiere die Mandibeln nicht unabhängig voneinander erworben haben und mandibelartige Mundwerkzeuge im Laufe der Evolution mehrmals entstanden seien.[4] Je nach Verwendungszweck und anatomischer Ausführung verfolgt die Embryonalentwicklung der Mandibeln zwei unterschiedliche Entwicklungstypen.[5]

Genetische Untersuchungen

Untersuchungen des Dll (Distal-less) Gens und dessen Genexpression, verantwortlich für mandibulare Strukturen, während der Embryonalentwicklung von Tausendfüßern, Crustaceen und Insekten zeigten jedoch große Homologien dieses Gens, was einen gemeinsamen Vorfahren der Mandibeltiere belegt.[6][7][8]

Vorläuferformen

Die Mandibeln stellen eine Umgestaltung des 3. Beinpaares im Kopfbereich ihrer Vorfahren dar, die ein Cheliceren- sowie fünf Laufbein-Paare besaßen, welche aus sieben Gliedern bestehen.[9] Die Mandibeln der Insekten sind also den Pedipalpen der Spinnentiere homolog.

Weiterentwicklung

Bei vielen Insekten sind die Mandibeln umgestaltet in verschiedene andere Mundwerkzeugstypen wie die Saugrüssel der Wanzen. Abgesehen von den Urmotten ist bei den Schmetterlingen die Mandibel beinah vollständig rückentwickelt.

Einzelnachweise

  1. Katharina Menne: Bizarrer Gliederfüßer ist eines der ersten Lebewesen mit Unterkiefer auf spektrum.de, 24. Juli 2024.
  2. Julian F. V. Vincent, Ulrike G. K. Wegst: Design and mechanical properties of insect cuticle. In: Arthropod Structure & Development Band 33, Nr. 3, 1. Juli 2004, S. 187–199, doi:10.1016/j.asd.2004.05.006.
  3. J. Eric Hillerton, Julian F. V. Vincent: The specific location of zinc in insect mandibles. (PDF) In: Journal of Experimental Biology 101, Nr. 1, 1982, S. 333–336.
  4. Georg Meyer, Paul M. Whitington: Velvet worm development links myriapods with chelicerates. In: Proceedings of the Royal Society. Series B: Biological Sciences. Band 276, Nr. 1673, 22. Oktober 2009, S. 3571–3579, doi:10.1098/rspb.2009.0950.
  5. S. M. Manton, J. P. Harding: Mandibular mechanisms and the evolution of Arthropods. In: Philosophical Transactions of the Royal Society, B Biological Sciences 247, Nr. 737, 11. Juni 1994, S. 1–183, doi:10.1098/rstb.1964.0001
  6. G. Scholtz, B. Mittmann, M: Gerberding: The pattern of Distal-less expression in the mouthparts of crustaceans, myriapods and insects: new evidence for a gnathobasic mandible and the common origin of Mandibulata. In: Int. J. Dev. Biol. 42, 1998, S. 801–810, PMID 9727836.
  7. Grace Panganiban, Lisa Nagy, Sean B Carroll: The role of the Distal-less gene in the development and evolution of insect limbs. In: Current Biology Band 4, Nr. 8, August 1994, S. 671–675, doi:10.1016/S0960-9822(00)00151-2.
  8. A. Popadić, Grace Panganiban, Douglas Rusch, William A. Shear, Thomas C. Kaufman: Molecular evidence for the gnathobasic derivation of arthropod mandibles and for the appendicular origin of the labrum and other structures. In: Development Genes and Evolution 208, Nr. 3, 1998, S. 142–150.
  9. Guillaume Lecointre, Hervé Le Guyader: Euarthropoda. In: Biosystematik, Springer, Berlin Heidelberg 2006, Kapitel 8, S. 374–403, doi:10.1007/3-540-29979-3_11.
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Wiktionary: Mandibel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen