Jerchel (Gardelegen)
Jerchel Hansestadt Gardelegen | ||
---|---|---|
Koordinaten: | 52° 28′ N, 11° 19′ O | |
Höhe: | 58 m ü. NHN | |
Fläche: | 16,02 km² | |
Einwohner: | 306 (31. Dez. 2022)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 19 Einwohner/km² | |
Eingemeindung: | 1. Januar 2011 | |
Postleitzahl: | 39638 | |
Vorwahl: | 039087 | |
Lage von Jerchel in Sachsen-Anhalt | ||
Jerchel ist ein Ortsteil der Hansestadt Gardelegen im Altmarkkreis Salzwedel in Sachsen-Anhalt.[2]
Geografie
Jerchel, ein erweitertes Rundplatzdorf mit Kirche, liegt etwa zehn Kilometer südwestlich der Stadt Gardelegen und etwa zehn Kilometer nördlich von Calvörde zwischen der Colbitz-Letzlinger Heide und dem Naturpark Drömling. Im Süden fließen der Grenzgraben und der Brückengraben in die Wanneweh.[3]
Nachbarorte sind Sachau im Osten, Sylpke und Solpke im Nordwesten, Weteritz im Norden, Potzehne im Südosten und Jeseritz im Südwesten.[3]
Geschichte
Mittelalter bis Neuzeit
Jerchel war ursprünglich ein Rundplatzdorf (Rundling), wie aus dem Urmesstischblatt von 1823 hervorgeht. Es wurde nach dem Dorfbrand von 1823 wesentlich verändert.[4]
Die erste urkundliche Erwähnung aus dem Jahre 1417 berichtet von Viehdiebstählen: genommen II rinder vor dem dorfe gherchel und vor dem dorfe gerchel genommen eyn rint. Der Bericht ist in einer Klageschrift und Schadensrechnung des Markgrafen Friedrich von Brandenburg vom 24. Mai 1420 gegen den Magdeburger Erzbischof Günther wegen der Landesbeschädigungen durch den Erzbischof und dessen Untertanen zu finden.[5] Weitere Nennungen sind 1473 Gerchel, 1687 Gerchell,[4] 1804 heißt es Gerchel siehe Jerchel.[6]
Auf der Top50-Karte von 2003 waren noch die beiden Wohnplätze Lunau im Osten und Haagen im Süden des Dorfes eingezeichnet sowie eine 6 Kilometer südöstlich gelegene nicht mehr bewohnte Exklave Jerchel am Hauptvorflutgraben, die ehemalige Kolonie Jerchel.[7]
Eingemeindung
Ursprünglich gehörte das Dorf zum Salzwedelischen Kreis der Mark Brandenburg in der Altmark. Zwischen 1807 und 1810 lag es im Landkanton Gardelegen auf dem Territorium des napoleonischen Königreichs Westphalen. Ab 1816 gehörte die Gemeinde zum Kreis Gardelegen, dem späteren Landkreis Gardelegen.[4]
Ab dem 25. August 1952 gehörte die Gemeinde Jeggau zum Kreis Gardelegen. Am 1. Juli 1994 wurde die Gemeinde in den Altmarkkreis Salzwedel umgegliedert.[8]
Die Gemeinde Jerchel wurde zum 1. Januar 2011 per Landesgesetz in die Hansestadt Gardelegen eingemeindet.[9][10]
Einwohnerentwicklung
|
|
|
|
|
Quelle, wenn nicht angegeben, bis 2006:[4]
Religion
Die evangelischen Christen der Kirchengemeinde Jerchel gehörten früher zur Pfarrei Berge.[13] Am 15. April 1910 wurde in Solpke eine Pfarrei geschaffen, der die Kirchengemeinde Jerchel zugeordnet wurde.[14] Heute wird die Kirchengemeinde Jerchel betreut vom Pfarrbereich Letzlingen im Kirchenkreis Salzwedel im Propstsprengel Stendal-Magdeburg der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.[15]
Die ältesten überlieferten Kirchenbücher für Jerchel stammen aus dem Jahre 1909.[16]
Die katholischen Christen gehören zur Pfarrei St. Hildegard in Gardelegen im Dekanat Stendal im Bistum Magdeburg.[17]
Politik
Bürgermeister
Der letzte Bürgermeister der Gemeinde Jerchel war Roger Schmid.
Eine Ortschaft mit einem Ortschaftsbürgermeister entstand nach der Eingemeindung nicht. Es ist stattdessen ein Mal im Jahr eine Bürgersprechstunde im Ortsteil vorgesehen.[18]
Wappen
Das Wappen wurde am 5. Mai 2003 durch das Regierungspräsidium Magdeburg genehmigt.
Blasonierung: „Gespalten von Grün und Gold; vorn am Spalt ein silbernes zwölfspeichiges Rad, hinten ein Wickenzweig mit 12 grünen Blättern und 12 blauen Blüten.“
Die Farben der früheren Gemeinde sind Grün-Gold (Gelb).
Der Ort Jerchel entstand durch Ansiedlung von 12 Bauern, die mit ihren Ackerwagen aus Tangermünde kommend, sich dort niedergelassen haben und den Ort gründeten. Das halbe zwölfspeichige Wagenrad ist als gemeine Figur ein Symbol für die 12 Ackerwagen der bäuerlichen Siedler. Nach historischen Überlieferungen stammt der Ortsname Jerchel von der mundartlichen Bezeichnung Gerkel für die in der Gegend häufig wachsende Ackerwicke, auch rauhaarige Wicke, genannt. Die Ackerpflanze verankert sich an ihrem Standort fest mit den sie umgebenden Pflanzen und ist daher in ländlichen Regionen ein Symbol für Bodenständigkeit und Verbundenheit mit der Heimat.
Das Wappen wurde vom Heraldiker Lutz Döring aus Erdeborn gestaltet.
Flagge
Die Flagge der früheren Gemeinde ist Gelb - Grün (1:1) gestreift (Längsform: Streifen senkrecht verlaufend, Querform: Streifen waagerecht verlaufend) und mit dem mittig aufgelegten Gemeindewappen belegt.
Der Ortsteil Jerchel führt das Wappen und die Flagge heute weiter, so ist es in der Hauptsatzung von Gardelegen festgeschrieben.[2]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
- Zu Pfingsten findet seit 1908 das Kränzchenreiten statt, eine früher in der Altmark weit verbreitete Tradition an der die Söhne und Großknechte der Bauern teilnahmen. Die Pferde wurden von den Bauern gestellt.[19]
- Die evangelische Dorfkirche Jerchel ist eine kleine verputzte Saalkirche mit einem quadratischen Fachwerkturm im Westen. Ihr Bau wurde im Jahre 1507 begonnen.[4] Der Schnitzaltar stammt aus dem Jahre 1516. In der Mitte steht Maria in einer Strahlen-Aureola mit zwei Engeln oben und unten. Das Christuskind liest in einem Buch. Neben Maria links und rechts befinden sich die zwölf Apostel. Die gemalte Predella enthält den gegeißelten Christus und links und rechts 4 Frauen.[20]
- In Jerchel steht vor der Kirche ein Denkmal für die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkrieges, eine Stele aus rotem Granit.[21]
Literatur
- Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 1081–1084, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
- Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC 614308966, S. 211 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
- J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC 1071081004, S. 407, 38. Jerchel (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Weblinks
- Hansestadt Gardelegen: Jerchel. In: gardelegen.de.
- Jerchel im Geschichtlichen Ortsverzeichnis des Vereins für Computergenealogie
Einzelnachweise
- ↑ a b c Elke Weisbach: Die Kurve zeigt wieder nach oben. In: Gardelegener Volksstimme, Gardelegener Kreisanzeiger. 24. Januar 2022, DNB 1047268027, S. 13.
- ↑ a b Hansestadt Gardelegen. Der Bürgermeister.: Hauptsatzung der Hansestadt Gardelegen. 27. August 2019, abgerufen am 1. März 2022.
- ↑ a b Sachsen-Anhalt-Viewer des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (Hinweise)
- ↑ a b c d e Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 1081–1084, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
- ↑ Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Hauptteil 3. Band 3. Berlin 1846, S. 336 (Digitalisat ).
- ↑ Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Für Statistiker, Geschäftsmänner, besonders für Kameralisten. Band 1. Berlin 1804, S. 373, 377 (Digitalisat ).
- ↑ Top50-CD Sachsen-Anhalt, 1:50.000, Landesamt für Landesvermessung und Geoinformation, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie 2003
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7, S. 358 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder).
- ↑ Gesetz über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Altmarkkreis Salzwedel (GemNeuglG SAW) vom 8. Juli 2010. 8. Juli 2010, GVBl. LSA 2010, 410, § 3, § 4 (sachsen-anhalt.de [abgerufen am 28. Februar 2022]).
- ↑ StBA: Gebietsänderungen vom 1. Januar bis 31. Dezember 2011
- ↑ a b c Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC 614308966, S. 211 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
- ↑ Einwohnerentwicklung 2012 in den Ortsteilen. In: Volksstimme Magdeburg. 1. Mai 2013 (volksstimme.de [abgerufen am 20. Februar 2022]).
- ↑ Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S. 60 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
- ↑ Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1910, ZDB-ID 3766-7, S. 163.
- ↑ Pfarrbereich Letzlingen. Abgerufen am 27. Dezember 2018.
- ↑ Ernst Machholz: Die Kirchenbücher der evangelischen Kirchen in der Provinz Sachsen. In: Mitteilungen der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte. 30. Heft, 1925, ZDB-ID 504809-6, S. 7 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
- ↑ Bistum Magdeburg, Online-Bistumskarte. 2013, abgerufen am 5. März 2022.
- ↑ Ina Tschakyrow: Wie oft tagten die Gremien seit Mai 2019? In: Altmark Zeitung. 8. Januar 2022 (az-online.de).
- ↑ Doreen Schulze: Vorjahressieger gewinnen erneut in Jerchel. In: Volksstimme Magdeburg. 23. Mai 2018 (volksstimme.de [abgerufen am 27. Dezember 2018]).
- ↑ Adolf Parisius, Adolf Brinkmann: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Gardelegen (= Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen. Heft 20). Otto Hendel, 1897, DNB 362007144, S. 87–88.
- ↑ Jerchel, Stadt Gardelegen, Altmarkkreis Salzwedel. In: denkmalprojekt.org. Onlineprojekt Gefallenendenkmäler, 1. April 2018, abgerufen am 2. Oktober 2022.