Hermann Glettler
Hermann Glettler (* 8. Jänner 1965 in Übelbach, Steiermark) ist ein österreichischer Geistlicher und Kunstvermittler. Er ist seit 2017 römisch-katholischer Diözesanbischof von Innsbruck.
Leben
Hermann Glettler stammt aus der Marktgemeinde Übelbach, am Fuße der Gleinalm nördlich von Graz gelegen, und wuchs mit seinen vier Geschwistern am elterlichen Bergbauernhof in Übelbach auf. Nach dem Besuch des Bischöflichen Gymnasiums in Graz studierte er Theologie und Kunstgeschichte in Graz, Tübingen und München. Am 23. Juni 1991 wurde er zum Priester für die Diözese Graz-Seckau geweiht.
Er ist Mitglied der katholischen Gemeinschaft Emmanuel, die er 1983 in Frankreich kennengelernt hat. Als junger Priester war Hermann Glettler zuerst in der obersteirischen Bezirksstadt Judenburg und dann in einem Pfarrverband in der Südsteiermark tätig. Im Herbst 1999 wurde er von Bischof Johann Weber zum Pfarrer im multikulturellen Bezirk Graz-Gries bestellt. Der vielseitige Seelsorger engagierte sich in dem sozial herausgeforderten Stadtteil rund um St. Andrä[1] besonders für sozial Benachteiligte und Asylsuchende. Darüber hinaus ist ihm bis heute eine zeitgemäße Vermittlung des christlichen Glaubens ein großes Anliegen. Einige missionarische Aktivitäten im urbanen Raum gehen auf seine Initiative zurück – nicht zuletzt auch die Feier „internationaler Gottesdienste“[2] und Prozessionen im Stadtraum, an dem sich Gläubige unterschiedlichster Herkunft und Kultur beteiligen. Glettler stärkte mit vielen Projekten und Begegnungendie ökumenische Zusammenarbeit und den interreligiösen Dialog[3] in der Steiermark. Im September 2016 wurde er zum Bischofsvikar für die Bereiche Caritas und Neuevangelisierung im Bistum Graz ernannt.[4]
Bischof
Am 27. September 2017 ernannte Papst Franziskus Hermann Glettler zum Bischof von Innsbruck. Die Bischofsweihe[5] empfing er am 2. Dezember 2017 in der Innsbrucker Olympiahalle durch den Erzbischof von Salzburg, Franz Lackner OFM. In der Österreichischen Bischofskonferenz ist Hermann Glettler Mitglied der Bischöflichen Kommission für Weltmission sowie Referatsbischof[6] für Ehe, Familie und Lebensschutz, Kunst und Kultur und Denkmalschutz sowie Pax Christi Österreich.[7][4] Neben seiner bischöflichen Aufgabe der Sorge um die spirituelle Erneuerung der Ortskirche von Tirol engagiert sich Bischof Glettler stark im gesellschaftspolitischen Diskurs und in der Vermittlung zwischen Kunst und Kirche. Zur Förderung einer zeitgemäßen Form der Seelsorge wurden 2023 „Pastorale Leitlinien“[8] von den diözesanen Verantwortlichen und Gremien erarbeitet und von Glettler in Kraft gesetzt.
Kunst
Glettler ist auch als Künstler und Kunstförderer bekannt geworden.
Im Dezember 2014 wurde die Klanginstallation Expansion of the Universe des Komponisten Rudolf Wakolbinger in der Andrä-Kirche uraufgeführt. Im Rahmen des Projektes fand ein von Astrid Kury, Präsidentin der Akademie Graz, moderiertes Gespräch zwischen Pfarrer Glettler, dem Atheisten Heinz Oberhummer (Science Busters) (1941–2015) und dem Grazer Künstler Markus Wilfling statt. Thema war Entstehung und Entwicklung des Universums, es wurde ein Streitgespräch um die menschliche Seele, Gott und die Frage, was denn bitteschön vor dem Urknall war – im wechselweisen Respekt unterschiedlicher Auffassungen.[9] Das Gespräch wurde in der Krone bunt eines Sonntags breit publiziert.
Ab 27. Juni 2017 und bis Ende Oktober zeigte er unter dem Ausstellungstitel „Glettler Privat“ im Verwaltungstrakt des Standorts Süd des LKH Graz Süd-West eigene und andere gesammelte Werke und Versatzstücke aus seiner ehemaligen Wohnung.[10] Seine Website listet davor – ab 1990 – schon sechs Einzelausstellungen, in der Steiermark und eine in Zagreb, sowie eine Auswahl an Ausstellungsbeteiligungen – ab 2000 – eine davon in Zadar, ebenfalls in Kroatien.[11]
Zu Beginn der vorösterlichen Fastenzeit 2023 ließ Glettler die Fotoinstallation „Schweineherz mit Gummiring“ von Peter Garmusch in der Innsbrucker Spitalskirche als Fastentuch aufhängen.[12] Nach medialer Empörung – eine Online-Petition mit über 2.000 Unterzeichnern rief zur sofortigen Entfernung der Darstellung auf – ließ der Bischof das Werk vor der Karwoche abhängen.[13] In einem Interview sagte der Bischof, dass es ihm nicht um Provokation um ihrer selbst willen gehe. „Ich sorge mich um eine zeitgemäße Verlebendigung dieser Spiritualität. Aber wenn wir schon beim Bildvergleich sind: Das Herz Jesu wird mit einer Dornenkrone dargestellt. Ich behaupte, dass die Herz-Jesu-Bilder viel provokanter sind als die Fotoarbeit von Peter Garmusch.“[14] Auch das Fastentuch in der Innsbrucker Universitätskirche in der Fastenzeit 2022, welches die Fotoinstallation „Tired“ von Carmen Brucic zeigte, war für manche Betrachter ein Ärgernis und führte zu kritischen Reaktionen auf konservativen Nachrichtenportalen. Abgebildet ist der unbekleidete Oberkörper eines Queer-Aktivisten aus Georgien, der Halbukrainer ist.[15]
Stellungnahmen
Anfang 2018 bezeichnete Glettler den „Tag des Judentums“ als „Lehr- und Lerntag für die Kirche“. Junge Menschen müssten, so Glettler, „als Multiplikatoren die positive Wirkungsgeschichte von ‚Nostra Aetate‘ fortschreiben“.[16] Ende 2020 forderte er, „[j]eder Form des Antisemitismus, in welcher Fratze er versteckt oder offen heute wieder auftaucht, [...] entschieden entgegen[zu]treten“.[17]
Glettler war Anfang Dezember 2020 in den Flüchtlingslagern auf der Insel Lesbos. Seither verlangt er wiederholt ein gemeinsames Engagement der europäischen Bischöfe zugunsten der Opfer dieser humanitären Katastrophe. Gleichzeitig appelliert er kontinuierlich mit Nachdruck an die österreichische Regierung, den Kirchen und Hilfsorganisationen zu gestatten, in Österreich 100 Familien aus dem Flüchtlingslager aufzunehmen.
Zuletzt äußerte er sich am 10. Jänner 2021: „Lesbos und die anderen griechischen Inseln, die eine ähnliche Misere zeigen, sind mittlerweile Synonym für das Versagen einer gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik. Das ist nicht mehr zu entschuldigen. Es geht um das Schicksal Tausender Menschen. Sie dürfen nicht der Spielball einer europäischen Abschreckungspolitik bleiben. Nach den positiv abgeschlossenen Asylverfahren müssen die Leute fair in Europa verteilt werden. Das wiederholte Argument von den zu fürchtenden Pull-Faktoren verkommt zu einem unerträglichen Gerede, wenn man die Situation vor Ort auch nur annähernd kennt und ernstnimmt.“[18]
Ähnlich hatte er sich schon mehrfach geäußert. Kardinal Schönborn, aber auch die anderen österreichischen Bischöfe haben sich diesem Appell an die österreichische Regierung rund um Weihnachten 2020 angeschlossen.
Im März 2021 bezeichnete Glettler die Entscheidung der Glaubenskongregation, die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare sei in der römisch-katholischen Kirche nicht möglich, als „eine Enttäuschung“ für alle, die sich „ein deutlicheres Zeichen der Akzeptanz von homosexuellen Paaren erhofft haben“.[19]
Auszeichnungen
- 2011: Fritz-Greinecker-Preis für Zivilcourage[20]
- 2016: Hanns-Koren-Kulturpreis des Landes Steiermark für das Projekt „Andrä Kunst“. Er hat es laut Jury „beispielgebend verstanden, Menschen aus seiner multikulturellen Pfarre und weit darüber hinaus mit zeitgenössischer bildender Kunst zu konfrontieren“.[21]
- 2022: Ehrenzeichen des Landes Tirol für die Verdienste um die Diözese Innsbruck.[22]
Publikationen (Auswahl)
- 2013: Andrä Kunst. Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2013, ISBN 978-3-99028-279-3.
- 2015: Sakral:Kunst: innovative Bildorte seit dem II. Vatikanischen Konzil in der Diözese Graz-Seckau, gemeinsam mit Heimo Kaindl, Alois Kölbl, Miriam Porta, Johannes Rauchenberger und Eva Tangl, Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2015, ISBN 978-3-7954-3079-5.
- 2018: Die fremde Gestalt: Gespräche über den unbequemen Jesus, gemeinsam mit Michael Lehofer, Styria Verlag, Wien 2018, ISBN 978-3-222-13587-3.
- 2020: Trost: Wege aus der Verlorenheit, gemeinsam mit Michael Lehofer, Styria Verlag, Wien 2020, ISBN 978-3-222-13660-3.
- 2022: Dein Herz ist gefragt: Spirituelle Orientierung in nervöser Zeit. Herder Verlag, Freiburg 2022, ISBN 978-3-451-39678-6.
- 2023: hörgott: Gebete in den Klangfarben des Lebens, mit Zeichnungen von Hans Salcher, Tyrolia-Verlag, Innsbruck 2023, ISBN 978-3-7022-4157-5.
Literatur
- Martin Kolozs: Die Bischöfe von Innsbruck – Paulus Rusch, Reinhold Stecher, Alois Kothgasser, Manfred Scheuer, Hermann Glettler. Verlag der Wagnerschen Universitätsbuchhandlung, Innsbruck 2018.
Weblinks
- Literatur von und über Hermann Glettler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag zu Hermann Glettler auf catholic-hierarchy.org
- Persönliche Website
- Wounded Light, 2014 Anita Pravits, flickr.com – Glettler bei der Montage seines Kunstwerks an einem Altar (9 Bilder)
Einzelnachweise
- ↑ ANDRÄ KUNST | Andrae Kunst. Abgerufen am 27. November 2024.
- ↑ Stephanie Schiller: Ein Nationalfeiertag der besonderen Art. 2. Dezember 2012, abgerufen am 27. November 2024.
- ↑ katholisch.at: Glettler: Gesellschaft braucht "echten" interreligiösen Dialog. Abgerufen am 27. November 2024.
- ↑ a b Tirol: Glettler als neuer Bischof bestätigt. In: ORF Religion. 26. September 2017, abgerufen am 26. September 2017.
- ↑ Bewegende Bischofsweihe von Hermann Glettler. Abgerufen am 27. November 2024.
- ↑ ÖBK: Österreichische Bischofskonferenz - Referate, Kommissionen & Kontakte. Abgerufen am 27. November 2024.
- ↑ MMag. Hermann GLETTLER. Österreichische Bischofskonferenz, abgerufen am 6. Mai 2021.
- ↑ dbik.at
- ↑ https://www.annenpost.at/2014/12/04/science-buster-vs-kunstpfarrer-gott-wuerfelt-nicht-oder-doch/ René Jo. Laglstorfer (Rejola): Science Buster vs. Kunstpfarrer: „Gott würfelt nicht“ – Oder doch?!. Annenpost, Graz 4. Dezember 2014, abgerufen am 13. Mai 2016.
- ↑ Glettler privat. In: kultur.graz.at. 27. Juni 2017, abgerufen am 26. September 2017.
- ↑ Biographie ( vom 27. September 2017 im Internet Archive) auf hermannglettler.com, abgerufen am 27. September 2017.
- ↑ Foto mit Schweineherz polarisiert: Bischof Glettler wird Fastentuch abhängen lassen. In: Tiroler Tageszeitung. 21. März 2023, abgerufen am 18. August 2023.
- ↑ Barbara Unterthurner, Markus Schramek: Bischof entfernt „Herz des Anstoßes“ aus Kirche: Die Reaktionen auf das Schweineherz. In: Tiroler Tageszeitung. 22. März 2023, abgerufen am 18. August 2023.
- ↑ Emanuela Sutter: „Die Leute wären zufrieden mit einer Barocktapete“. In: Corrigenda. 11. August 2023, abgerufen am 18. August 2023.
- ↑ Madeleine Spendier: Ein Nackter in der Kirche: Wie das Innsbrucker Fastentuch provoziert. In: katholisch.de. 29. März 2022, abgerufen am 18. August 2023.
- ↑ Glettler: Tag des Judentums "Lerntag für die Kirche" religion.orf.at, 19. Januar 2018
- ↑ Unterstützung für Kultusgemeinde: 100 Jahre alte Torarolle restauriert. In: dibk.at, 25. November 2020.
- ↑ Georg Herrmann: Die Zeit des geduldigen Wartens geht zu Ende. In: meinbezirk.at. 10. Februar 2021, abgerufen am 10. Januar 2021.
- ↑ Glettler für mehr Offenheit der Kirche. März 2021
- ↑ Fritz Greinecker-Preis für Zivilcourage. 15. Juni 2011, abgerufen am 12. April 2015.
- ↑ Hanns-Koren-Preis an Künstlerpfarrer Glettler. orf.at, 13. Mai 2016, abgerufen am 13. Mai 2016.
- ↑ Tiroler Persönlichkeiten ausgezeichnet. In: meinbezirk.at. Abgerufen am 20. Februar 2022.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Manfred Scheuer | Bischof von Innsbruck seit 2017 | --- |
Personendaten | |
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NAME | Glettler, Hermann |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Geistlicher, Künstler und römisch-katholischer Bischof von Innsbruck |
GEBURTSDATUM | 8. Januar 1965 |
GEBURTSORT | Übelbach, Steiermark |