Family Murders
Als Family Murders wird in Australien eine Serie von fünf Morden an jungen Männern im Raum Adelaide im Zeitraum von 1979 bis 1983 bezeichnet.
Ein Täter, Bevan Spencer von Einem, wurde wegen des Mordes an Richard Kelvin zu lebenslanger Haft verurteilt, die anderen vier Fälle sind bis heute ungelöst.
Hintergrund
Im Zeitraum von 1979 bis 1983 kam es zu einer mysteriösen Mordserie an jungen Männern im Raum Adelaide, die lange Zeit nicht aufgeklärt werden konnten. Es handelt sich um:
- Alan Arthur Barnes (16) starb im Jahr 1979. Er war zuletzt gesehen worden, als er beim Trampen in ein Auto mit drei oder vier anderen Personen stieg. Seine Leiche wurde später im South Para Reservoir nordöstlich von Adelaide entdeckt. Er starb durch massiven Blutverlust infolge des gewaltsamen Einführens eines stumpfen Objekts in den Anus, höchstwahrscheinlich eine Bierflasche. In seinem Blut wurden ferner Spuren des als Rauschmittel genutzten Medikaments Chloralhydrat gefunden.
- Neil Fredrick Muir (25) starb nur zwei Monate nach Barnes, ebenfalls im Jahr 1979. Seine Leiche war in mehrere Einzelteile zerschnitten und anschließend in den Port River geworfen worden. Die Todesursache war die gleiche wie bei Barnes, und es wurde auch das selbe Rauschmittel in seinem Blut entdeckt.
- Peter Stogneff (14) wurde im August 1981 getötet. Seine Leiche war bei einer Brandrodung im kleinen Ort Middle Beach, 50 km nördlich von Adelaide, durch einen Bauern bis auf das Skelett verbrannt worden, sodass die Todesursache nicht mehr festgestellt werden konnte.
- Mark Andrew Langley (18) wurde im Februar 1982 getötet. Seine Leiche wurde in einem Gebüsch nahe Adelaide neun Tage nach der Vermisstenmeldung gefunden. Ihm war mit einem Skalpell oder einem ähnlichen medizinischen Instrument ein Teil des Dünndarms aus dem Körper ausgeschnitten worden, wobei die Operation nach allen Regeln der medizinischen Kunst erfolgte. Er starb an der selben Todesursache wie Barnes und Muir zuvor. Bei ihm fand man im Blut das Rauschmittel Methaqualon.
- Richard Dallas Kelvin (15), Sohn eines Fernsehmoderators, wurde am 5. Juni 1983 entführt und trotz einer großangelegten Suchaktion vonseiten der Polizei sowie öffentlichen Fahndungsaufrufen nicht gefunden. Am 24. Juli 1983 fand ein Geologe seine vollständig bekleidete Leiche nur unweit seines Wohnsitzes. Auch er starb an der selben Todesursache wie die Opfer zuvor und auch bei ihm fand man im Blut Spuren von Methaqualon.
Ermittlungen
Da Methaqualon in Australien zum Zeitpunkt des Todes von Kelvin aufgrund seiner berauschenden Wirkung in Verruf geraten war und kaum noch verschrieben wurde, gingen die Ermittler alle Verschreibungen dieses Medikaments durch. Dabei stießen sie auf Bevan Spencer von Einem, der der Polizei bereits als Homosexueller bekannt war (zu einer Zeit, als dies in Australien noch strafbar war) und der bereits zu drei früheren Morden befragt worden war. Obwohl er eine Tatbeteiligung bestritt und sich kooperativ zeigte, machte er sich aufgrund seines Verhaltens verdächtig. Haar- und Blutproben, die er freiwillig abgab, ließen sich eindeutig Haarspuren und Hautschuppen zuordnen, die auf Kelvins Leiche gefunden wurden. Aufgrund dieser Beweise wurde von Einem am 3. November 1983 verhaftet. Nachdem sich von Einem immer weiter in Widersprüche verstrickte, galt der Mord an Kelvin als sicher und er wurde am 5. November 1984 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
Im Jahr 1988 wurden die Ermittlungen wegen der anderen ungelösten Mordfälle wieder aufgenommen. Es wurde eine Belohnung von 250.000 australischen Dollar für sachdienliche Hinweise ausgesetzt, die 1989 auf 500.000 Dollar und schließlich 2008 auf 1 Millionen Dollar erhöht wurde. Von Einem, der wegen des Mordes an Kelvin als Hauptverdächtiger galt, bestritt seine Beteiligung an den anderen Morden, und die Anklage gegen ihn musste im Dezember 1990 aus Mangel an Beweisen fallengelassen werden.
Die Ermittler gehen davon aus, dass die Taten von drei bis vier Personen begangen wurden, wobei die Identität der Täter bis auf von Einem ungeklärt ist.
Öffentliche Wahrnehmung
Der Fall der Family Murders ist bis heute eine der bekanntesten Kriminalfälle Australiens und wird auch 40 Jahre später immer noch kontrovers diskutiert. So ist etwa die Tatbeteiligung von Einems an den anderen, ungelösten Mordfällen unklar. Ein Zeuge, der ein Weggefährte von Einems gewesen sein soll und im Verfahren wegen der Morde an Barnes und Langley anonym gegen ihn aussagte, behauptete, von Einem sei nicht nur der Mörder in allen fünf Fällen der Family Murders, sondern sei auch der Täter in den gleichsam ungelösten Kriminalfällen des Verschwindens der Beaumont-Kinder im Jahr 1966 sowie des Verschwindens von Joanne Ratcliffe und Kirste Gordon aus dem Adelaide Oval im Jahr 1973. Eine Beteiligung von Einems an diesen Kriminalfällen konnte ihm aber nie nachgewiesen werden.
Gleichzeitig ist unklar, welche Komplizen von Einem hatte. Er selber schwieg zu dieser Frage in seiner Vernehmung. Dies bot einen Nährboden für Gerüchte, wonach es sich bei den Tätern um einen Pädophilenring mit Verbindungen in die Politik handeln soll, der neben den fünf Morden an bis zu 150 Missbrauchsfällen im Raum Adelaide verantwortlich sein soll. Von Einem könnte insoweit als Bauernopfer gedient haben, um die anderen Täter vor Strafverfolgung zu schützen.
Literatur
- Debi Marshall: Banquet: The Untold Story of Adelaide's Family Murders. Random House, Melbourne 2022, ISBN 9781760893002
- Bob O'Brien: Young Blood: The Story of the Family Murders. HarperCollins, Pymble 2002, ISBN 073226913X