Burg Enger

Burg Enger
Hinweistafel auf die Burg Enger am Strackschen Haus

Hinweistafel auf die Burg Enger am Strackschen Haus

Alternativname(n) Burg Wittekinds, Wittekindburg
Staat Deutschland
Ort Enger
Burgentyp Ortslage
Erhaltungszustand Burgstall
Geographische Lage 52° 8′ N, 8° 33′ OKoordinaten: 52° 8′ 18,5″ N, 8° 33′ 30″ O
Burg Enger (Nordrhein-Westfalen)
Burg Enger (Nordrhein-Westfalen)

Die Burg Enger, in der Geschichte auch einmal legendenhaft Burg Wittekinds genannt, war eine Burg in Enger, Kreis Herford, in Nordrhein-Westfalen. Der Burgstall, an dem die Burg gestanden haben soll, wird Burgstätte genannt und liegt in dem Winkel Burgstraße/Bäckerstraße (heute: Burggraben). Am Gebäude der Bäckerei, die heute an dieser Stelle steht, ist ein Hinweisschild angebracht.

Das Stracksche Haus im Juni 2007 – hier stand bis 1305 die Burg Enger

Geschichte und Baugeschichte

Die Ereignisse um das Jahr 1305

Die erste gesicherte Quelle über die Burg Enger stammt aus dem Jahr 1305[1]. In diesem Jahr wurde die Zerstörung dieser Befestigung beschlossen. Über das Datum der Errichtung ist nichts weiter bekannt; ein Burgenbau durch den Sachsenherzog Widukind ist historisch nicht gesichert.

Die Burg gehörte den Edelherren von Lippe. Während territorialer Auseinandersetzungen unterlag Simon I. zu Lippe drei Jahre zuvor, im Jahre 1302, den Bischöfen von Münster, Osnabrück und Paderborn, dem Grafen zu Ravensberg und der Stadt Herford.[2] Der Grund für die Auseinandersetzungen waren Klagen angebliche Raubzüge von Simon I., von denen hauptsächlich das Stiftsgebiet von Osnabrück betroffen war. Es kam zu einem Bündnis zwischen Ludwig von Ravensburg (Bischof von Osnabrück), seinem Bruder Graf Otto von Ravensburg, den Bischöfen von Paderborn (Otto von Rietberg) und Münster (Otto III. von Rietberg, Neffe des Paderborner Bischofs Otto von Rietberg), und der Stadt Herford. Zuerst wurde die Burg 1302 eingeschlossen und belagert, bis sie schließlich fiel. Simon I. wurde gefangen genommen und im Osnabrücker Bucksturm festgehalten. Nach anderthalb Jahren kam er frei. Ihm wurde zur Auflage gemacht, die Burg zu schleifen, und zwar so, dass sie nicht wieder aufgebaut werden konnte. Alle Gräben sollten zugeworfen werden.[3]

Burg Enger nach der Schleifung

Ob die Burg wirklich komplett geschleift wurde, ist unklar. In den folgenden Jahrhunderten ist immer wieder von Bestandteilen oder Ruinen die Rede, welche gesehen wurden oder mit Quellen belegt worden sind. Andererseits war die Burgstätte „kurze Zeit nach Zerstörung der Burg mit einem bürgerlichen Haus besetzt“.[4]

Zur Burg gehörte beispielsweise eine Kapelle, die nachweislich noch 1456[5] und 1501[6] bestanden hat. Der Bergfried existierte noch im 17. Jahrhundert. Er wurde als Gefangenenturm benutzt. Das belegen Kirchenrechnungen aus dem Jahr 1640, die Ausgaben für Reparaturen verzeichnen.[7] Grabungen nach Fundamenten der Burg, beispielsweise im Jahr 1881, förderten außer Bauschutt und losen Trümmern keine relevanten Artefakte zu Tage.

Name

„Unseren Vorfahren galt dieser Platz als Stätte der Burg Wittekinds“, so heißt es auf der Hinweistafel am Strackschen Haus in Enger. Der Name „Wittekindsburg“, der in einigen historischen Aufsätzen benutzt wird, beruht somit auf einer Legende. Bisher konnten Wissenschaftler und Historiker keinen Nachweis erbringen oder finden, dass Widukind die Burg in Enger erbaut hat.

Standort

Der Standort der Burg – in dem Winkel Burgstraße/Bäckerstraße (heute: Burggraben) – gilt unter den Heimatforschern als nach wie vor nicht geklärt. Zwar ist durch viele nachrichtliche Hinweise eindeutig belegt, dass es eine Burg in Enger gegeben hat, nicht aber wo. Einen Hinweis gibt eine Informationstafel am einzeln stehenden Glockenturm der Stiftskirche Enger. Dort steht geschrieben, dass dieser Turm auf den Fundamenten einer Wehrmauer errichtet wurde, der zur Burg gehört hat. Der zweite Hinweis erfolgt durch eine Tafel am Strackschen Haus.

Fundstücke

Eine weitere Möglichkeit, die Existenz der Burg indirekt zu beweisen, sind Fundstücke. Da wäre zum einen das Bruchstück eines Wappensteins, das die lippische Rose darstellen soll. Dieser ist Gustav Engel zufolge „ein Fundstück von der Burg Enger“ und im Inneren der Stiftskirche Enger eingemauert.[8]

Die gleiche Quelle berichtet auch über „Reste von Skulpturen“. Diese figürlichen Steine sind nicht mehr in der Außenwand der Kirche eingemauert. Zwar wurden sie im Garten der Familie Strack gefunden, also dort, wo die Burg gestanden haben soll, stammen aber vermutlich aus dem 16. Jahrhundert.[9]

Von den „Spießen und anderen Sachen“ gibt es außer dem historischen Bericht Reineccius’ keinen Beleg oder Beweis.

Quellenlage zur historischen Burg

Authentische Quellen sind aufgrund der frühen Schleifung rar. Größtenteils stützen sich die Angaben auf Berichte, Erzählungen oder indirekte Belege. Ein erster nachrichtlicher Hinweis auf eine Burgkirche in Enger aus dem 13. Jahrhundert, die der Autor Niemöller in seinem Buch „Enger“ auf Seite 23 erwähnt,[10] ist historisch nicht belegbar. Andere historische Berichte, zum Beispiel ein Amtmann in Enger aus dem Jahr 1844, künden von einer Überlieferung, nachdem Widukind († 807) im achten Jahrhundert auf einer Burg in Enger gelebt haben soll.

Bericht von Rektor Suhre

Es gibt einen Bericht eines Schulrektors Suhre, der 1905 in den Ravensberger Blättern, einer Zeitschrift für Geschichts- und Heimatkunde des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg, abgedruckt wurde. Im Anfang des Artikels erwähnt er kurze Zeitungsberichte über Nachgrabungen (1881). Ansonsten zitiert er Legenden und geht am Ende seines Berichtes auf die Funde rund um das ehemalige Burggelände ein.[11]

Beitrag zur Stadtgeschichte von Gustav Engel

Den Stand der Erforschung der Burg Enger im Jahr 1981 gibt Gustav Engel in einem Beitrag zur Stadtgeschichte wieder. Im Abschnitt „Die Burg der Herren zur Lippe in Enger“ führt er relativ viele Belege auf. Interessant sind dort vor allem zwei Quellenangaben. Zum einen wird auf eine geografische Beschreibung der Grafschaft Ravensberg verwiesen, nach der man im 18. Jahrhundert „Spieße und andere Sachen“ auf dem Burggelände gefunden haben will. Zum anderen wird auf den deutschen Historiker Reiner Reineccius (1541–1595) verwiesen, der angeblich im Jahr 1581 noch Ruinen der Burg gesehen habe.[12] Im Originalbericht von Reineccius, den er in lateinischer Sprache verfasst hat, heißt es: „Unum istud de Angariae ruinis addo…“. Der Historiker aus dem Mittelalter spricht nur von Trümmern/Überresten in Enger. Das Wort „castrum“ (lat. für Burg) kommt nicht darin vor. Auch erwähnt er nicht ausdrücklich, dass er diese Überreste selber gesehen hat.[13]

Bericht eines Amtmanns in Enger aus dem Jahr 1844

Ein Amtmann wird in einem Bericht aus dem Jahr 1844 zum Thema Wittekindspende von Rudolf Härting wie folgt zitiert: „Die Wittekindspende ist bisher ununterbrochen und nach Tradition und Muthmaßen seit dem Tode Wittekinds 807 in hiesiger Kirche alljährlich am h. drei Königstage als dem Gedächtnistage dieses Sachsenfürsten, der im 8. Jahrhundert seine Burg in Enger zu Zeiten bewohnet…“[14]

Literatur

  • Eintrag zu Enger in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts

Einzelnachweise

  1. Lipp. Reg. II, Nr. 532.
  2. Claudia Haake: Widukind & Mehr – Historische Entdeckungen in Enger.
  3. Gustav Engel: Dorf, Amt und Stadt Enger. Enger 1981, S. 37 f.
  4. Gustav Engel: Dorf, Stadt und Amt Enger. Enger 1981, S. 40.
  5. Notariatsinstrument aus dem Jahr 1456
  6. Urkunde vom 5. Januar 1501 über den Verkauf einer jährlichen Rente von Friedrich Nagel an Heinrich von Costfelde.
  7. Gustav Engel: Dorf, Stadt und Amt Enger. Enger 1981, S. 28 ff.
  8. Gustav Engel: Dorf, Amt und Stadt Enger. Enger 1981, S. 27 Abbildung, S. 29 Text.
  9. E-Mail der Stadt Enger an Norbert Bangert, Hückeswagen, vom 16. Oktober 2007
  10. D. Niemöller: Enger, die Wittekindstadt. In: Sage und Geschichte. Bielefeld 1927, S. 23.
  11. Rektor Suhre: Über die Burg in Enger. In: Ravensberger Blätter für Geschichts-, Volks- und Heimatkunde. Hrsg. im Auftrag des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg, Bielefeld 1905
  12. Gustav Engel: Dorf, Amt und Stadt Enger, S. 30. Enger 1981.
  13. Rudolf Härting: Die Wittekindspende und das Timpkenfest zu Enger. In: Ravensberger Blätter. Band 4, 1939, S. 28.
  14. Rudolf Härting: Die Wittekindspende und das Timpkenfest zu Enger. In: Ravensberger Blätter. Band 4, 1939, S. 25.