Der Berliet VB war ein Pkw-Chassis aus dem Jahr 1919, das vom Hersteller Berliet in Lyon nur ohne Aufbauten erhältlich war und wegen seiner steuerlich relevanten Leistung auch als Berliet 15HP bezeichnet wird.
Das Fahrzeug erhielt seine allgemeine Betriebserlaubnis vom örtlich und sachlich zuständigen Inspecteur des Mines im Januar 1920. Es wurde ab Ende 1919 bis mindestens 1921 in Serie gebaut.
Obwohl Frankreich zu den Siegermächten des Ersten Weltkriegs gehörte, war es nach den vier Jahren Krieg wirtschaftlich geschwächt. Automobilhersteller Berliet, der während des Krieges vor allem Lkw vom Typ Berliet CBA gebaut hatte, wollte zum Pkw-Bau zurückkehren. Vor dem Krieg waren mehrere Modelle in Lyon parallel gebaut worden, jetzt sollte – amerikanischem Beispiel folgend – lediglich ein einziges Modell in großen Serien und zu dementsprechend niedrigem Preis produziert werden.
Nicht nur die Produktionsidee, sondern auch das konkrete Produktionsmodell wurde aus den USA kopiert. Vorbild des zukünftigen Modells war der Dodge 30, der von den drei in großen Massen produzierten amerikanischen Pkw (Ford Model T, Chevrolet 490 und Dodge 30) der neueste und modernste war. Wie sein Vorbild hatte der Berliet VB einen Vierzylindermotor. Der Berliet-Motor hatte einen Hubraum von 3308 cm³ (Bohrung 90 mm, Hub 130 mm). Steuerlich war das Auto mit 15 CV fiscaux eingestuft; die bei 1450/min abgegebene effektive Leistung ist nicht überliefert.
Das Getriebe hatte wie das Vorbild drei Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang. Vom Getriebe aus wurde die Antriebskraft über eine Kardanwelle an die Hinterachse übertragen.[1]
Indessen verwendete Berliet für die Längsträger des Rahmens schlechteren Stahl als die Amerikaner. Dieser und weitere Mängel sowie sogenannte Kinderkrankheiten führten dazu, dass der Berliet VB bald einen schlechten Ruf bekam: Statt einer erhofften Produktion nach amerikanischen Maßstäben mit Tausenden von Automobilen fanden die wenigen gebauten Fahrzeuge keine Käufer. Gleichzeitig brach der Lkw-Markt in Frankreich zusammen: Die französische Armee, die während des Krieges den Berliet CBA in fünfstelligen Stückzahlen erworben hatte, trennte sich von diesen jetzt im Frieden nicht mehr benötigten Kraftfahrzeugen und versteigerte sie für geringes Geld an zivile Kunden, die infolgedessen keine Neuwagen kauften[2]. Beides führte dazu, dass Ende 1921 Berliet vorübergehend zahlungsunfähig war und ein Konkurs- bzw. Vergleichsverfahren über sich ergehen lassen musste.
Literatur
René Bellu: Toutes les voitures françaises 1971, toutes les voitures françaises 1921, automobilia hors-serie no.86. 1. Auflage. histoire&collections, Paris 2007.
Monique Chapelle: Berliet. 1. Auflage. EMCE, Saint-Chamond 2016, ISBN 978-2-35740-049-8.
Fondation Berliet, Lyon: Fiches des Mines
Weblinks
Commons: Berliet – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien