Barstowit

Barstowit
Farbloser, nadeliger Barstowit aus der Schlackenhalde Passa Limani, Lavrio, Attika, Griechenland (Bildbreite 4 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1989-057[1]

IMA-Symbol

Bsw[2]

Chemische Formel
  • Pb4(CO3)Cl6·H2O[1]
  • Pb4[Cl6|CO3]·H2O[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Halogenide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

V/E.08
V/E.08-100

3.DC.95
12.01.07.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe P21/m (Nr. 11)Vorlage:Raumgruppe/11[3]
Gitterparameter a = 16,66 Å; b = 9,20 Å; c = 4,20 Å
β = 91,8°[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3 (VHN100 = 108–117; durchschnittlich 111)[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 5,50 bis 5,69; berechnet: 5,77[5]
Spaltbarkeit unvollkommen nach dem Prisma[4]
Bruch; Tenazität uneben; spröde
Farbe farblos, weiß
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis undurchsichtig
Glanz Diamantglanz

Barstowit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Halogenide“ (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate). Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Pb4(CO3)Cl6·H2O[1] und ist damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Blei-Carbonat-Chlorid.

Barstowit entwickelt nadelige Kristalle bis etwa zwei Zentimeter Länge[4], die meist zu schwach parallel ausgerichteten Mineral-Aggregaten angeordnet sind. Die einzelnen Kristalle sind durchsichtig farblos und weisen auf den Oberflächen einen diamantähnlichen Glanz auf. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund der oft polykristallinen Ausbildung erscheint er jedoch meist undurchsichtig weiß.

Etymologie und Geschichte

Benannt wurde das Mineral nach dem Mineralsammler und Händler Richard William Barstow (1947–1982) aus Cornwall, dessen Sammlung inzwischen Teil des Museums von Plymouth ist.[6]

Erstmals entdeckt wurde Barstowit in einer blei- und antimonhaltigen Gang-Lagerstätte vom Typ Ausbiss am südwestlichen Ende des Bounds Cliff nahe St. Endellion in der englischen Grafschaft Cornwall und beschrieben 1991 durch Chris J. Stanley, G. C. Jones, Alan D. Hart, Paul Keller und David Lloyd.[7]

Typmaterial des Minerals wird im Natural History Museum in aufbewahrt (Register-Nr. 1990,25 und E.1353)[4] und im Archiv der Universität Stuttgart, „Mineralogische Sammlung Prof. Keller“ (Katalog-Nr. TM-89.57 / 0/824-s27/2).[8]

Klassifikation

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Barstowit noch zur Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Carbonate mit fremden Anionen“, wo er zusammen mit Ankylit-(Ce), Ankylit-(La), Calcioankylit-(Ce), Calcioankylit-(Nd), Dresserit, Dundasit, Gysinit-(Nd), Hydrodresserit, Kamphaugit-(Y), Kochsándorit, Montroyalit, Niveolanit, Petterdit, Strontiodresserit und Thomasclarkit-(Y) die „Ankylit-Gruppe“ mit der System-Nr. V/E.08 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Barstowit dagegen in die Klasse der „Halogenide“ und dort in die Abteilung der „Oxihalogenide, Hydroxyhalogenide und verwandte Doppel-Halogenide“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Kationen (Metallen), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit Pb (As, Sb, Bi) ohne Cu“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 3.DC.95 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Barstowit in die Klasse der „Halogenide“ und dort in die Abteilung der „Halogenidverbindungen“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 12.01.07 innerhalb der Unterabteilung „Halogenidverbindungen mit verschiedenen Anionen“ zu finden.

Kristallstruktur

Barstowit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/m (Raumgruppen-Nr. 11)Vorlage:Raumgruppe/11 mit den Gitterparametern a = 16,66 Å; b = 9,20 Å; c = 4,20 Å und β = 91,8° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Bildung und Fundorte

Barstowit ist ein Sekundärmineral, das entweder als natürliches Reaktionsprodukt von Meerwasser mit metallhaltigen Erzadern und in durch anthropogen Einfluss entstandenen Schlackenhalden bildet. In Tunesien entstand Barstowit zudem als Korrosionsprodukt auf bleihaltigen Objekten, die 1907 in einem Schiffswrack aus späthellenistischer Zeit vor der Küste von Mahdia gefunden wurden.[9]

An seiner Typlokalität Bounds Cliff in Cornwall (England), der bisher (Stand 2014) auch der einzige bekannte Fundort im Vereinigten Königreich ist, trat das Mineral in Paragenese mit Cerussit, Chalkopyrit, Dolomit, Galenit, Jamesonit, Phosgenit, Pyrit, Sphalerit und Quarz auf.

In Österreich fand man Barstowit nahe der Stadt Rattenberg und in einer alten Schlackenhalde bei St. Gertraudi (Gemeinde Reith im Alpbachtal) in Tirol.

Weitere bisher bekannte Fundorte (Stand 2014) sind die antiken Schlackenhalden „Passa Limani“ und „Vrissaki“ bei Lavrio in der griechischen Region Attika, einige Schlackenhalden in der Umgebung von Campiglia Marittima und Piombino in der italienischen Region Toskana, in einer Blei-Zink-Grube bei Kayrakty (Kairakty) im Gebiet Qaraghandy Oblysy in Kasachstan.[10]

Siehe auch

Literatur

  • C. J. Stanley, G. C. Jones, A. D. Hart, P. Keller, D. Lloyd: Barstowite, 3PbCl2·PbCO3·H2O, a new mineral from Bounds Cliff, St Endellion, Cornwall. In: Mineralogical Magazine. Band 55, 1991, S. 121–125 (rruff.info [PDF; 629 kB; abgerufen am 11. Juni 2018]).
  • L. M. Steele, J. J. Pluth, C. J. Stanley: Crystal structure of barstowite (3PbCl2·PbCO3·H2O). In: Mineralogical Magazine. Band 63, Nr. 6, Dezember 1999, S. 901–907 (minersoc.org [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 11. Juni 2018]).
Commons: Barstowite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 179.
  4. a b c d Barstowite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 68 kB; abgerufen am 11. Juni 2018]).
  5. John L. Jambor: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 77, 1992, S. 670–675 (minsocam.org [PDF; 715 kB; abgerufen am 11. Juni 2018]).
  6. C. J. Stanley, G. C. Jones, A. D. Hart, P. Keller, D. Lloyd: Barstowite, 3PbCl2·PbCO3·H2O, a new mineral from Bounds Cliff, St Endellion, Cornwall. In: Mineralogical Magazine. Band 55, 1991, S. 122 (rruff.info [PDF; 629 kB; abgerufen am 11. Juni 2018]).
  7. C. J. Stanley, G. C. Jones, A. D. Hart, P. Keller, D. Lloyd: Barstowite, 3PbCl2·PbCO3·H2O, a new mineral from Bounds Cliff, St Endellion, Cornwall. In: Mineralogical Magazine. Band 55, 1991, S. 121–125 (rruff.info [PDF; 629 kB; abgerufen am 11. Juni 2018]).
  8. Typmineral-Katalog der Uni Hamburg – Barstowit
  9. Mindat – Fundort Late-Hellenistic shipwreck, Mahdia, Mahdia Governorate, Tunisia
  10. Fundortliste für Barstowit beim Mineralienatlas und bei Mindat