Vermeidbarkeitstheorie

Die Vermeidbarkeitstheorie ist eine strafrechtliche Theorie zur objektiven Zurechnung bei Fahrlässigkeitsdelikten.

Nach der vom Bundesgerichtshof vertretenen Vermeidbarkeitstheorie[1] kann einem Angeklagten der tatbestandliche Erfolg, etwa der Tod des Opfers nicht zugerechnet werden, wenn dieser Erfolg auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre. Zum Nachweis reichen konkrete Umstände, die es für möglich erscheinen lassen, dass der Erfolg trotzdem eingetreten wäre. Der Täter bleibt demnach straflos, wenn er die Möglichkeit glaubhaft darlegt, dass der Erfolg auch bei pflichtgemäßen Verhalten unvermeidbar gewesen wäre. Dieses Ergebnis folgt aus dem Grundsatz In dubio pro reo.

Da sich die Möglichkeit des Ausbleibens des Erfolges bei pflichtgemäßem Verhalten allzu oft nicht ausschließen lasse, verlangt die Risikoerhöhungslehre den Beweis, dass der Erfolg bei pflichtgemäßem Verhalten mit Sicherheit nicht eingetreten wäre. Schließlich habe der Täter durch sein pflichtwidriges Verhalten das Risiko für den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs erhöht.[2][3]

Literatur

  • Ulrich Schumacher: Jürgen Wolter zum 80. Geburtstag: Die objektive Zurechnung des Erfolgs – eine Strafrechtstheorie macht Karriere. In: Juristische Rundschau, Band 2023, Heft 9, 2023. S. 422–427 (424).

Einzelnachweise

  1. BGHSt 11, 1; BGHSt 33, 61 (Memento des Originals vom 11. Juli 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.jurion.de
  2. Claus Roxin: Strafrecht, Allgemeiner Teil, Band 1: Grundlagen. Der Aufbau der Verbrechenslehre. 4. Auflage. Verlag C. H. Beck, München 2006. § 11 Rn. 72 ff.; Luís Greco: Methode, Stil, Person: Claus Roxin zum 85. Geburtstag, in: ZIS 2016, S. 416, 418.
  3. Bernd Schünemann, StV 1985, S. 230.; Cornelius Prittwitz: Risikodogmatik I: Die Risikoerhöhungslehre (im engeren Sinn) (Memento des Originals vom 1. November 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.jura.uni-frankfurt.de in: Wolfgang Naucke (Hrsg.): Strafrecht und Risiko. Untersuchungen zur Krise von Strafrecht und Kriminalpolitik in der Risikogesellschaft. In: Juristische Abhandlungen, Band 22. Frankfurt am Main, 1993, S. 323 ff.