Tensoranalysis

Die Tensoranalysis oder Tensoranalyse ist ein Teilgebiet der Differentialgeometrie beziehungsweise der Differentialtopologie.[1] Sie verallgemeinert die Vektoranalysis. Zum Beispiel kann der Differentialoperator Rotation in diesem Kontext auf n Dimensionen verallgemeinert werden. Zentrale Objekte der Tensoranalysis sind Tensorfelder. Es wird untersucht, wie Differentialoperatoren auf diesen Feldern wirken.

Überblick

Der Tensorkalkül wurde Anfang des 20. Jahrhunderts insbesondere von Gregorio Ricci-Curbastro und seinem Schüler Tullio Levi-Civita entwickelt und die zentralen Objekte dieses Kalküls waren die Tensoren.[2][3] Aus diesem Tensorkalkül, der auch Ricci-Kalkül genannt wird, entstand die heutige Tensoranalysis, die ein Teilgebiet der Differentialgeometrie ist.

Durch Albert Einstein, für dessen Relativitätstheorie der Tensorkalkül grundlegend war, erreichte der Kalkül große Bekanntheit.[4] Die Objekte, die damals als Tensoren bezeichnet wurden, heißen heute Tensorfelder und werden in der Tensoranalysis auf ihre analytischen Eigenschaften untersucht. Unpräzise und in moderner Terminologie formuliert sind Tensorfelder Funktionen, die jedem Punkt einen Tensor zuordnen.

Tensor meint in diesem Fall ein rein algebraisches Objekt. Der Begriff des Tensors hat also im Laufe der Zeit eine Wandlung erfahren, jedoch spricht man auch heute noch bei Tensorfeldern meistens (jedoch unpräzise) von Tensoren. Da allerdings im Bereich der Differentialgeometrie beziehungsweise der Tensoranalysis nur Tensorfelder und keine „richtigen“ Tensoren betrachtet werden, ist die Verwechslungsgefahr bei dieser Begriffsbildung gering.

Wie schon angesprochen werden Tensorfelder auf ihre analytischen Eigenschaften untersucht, insbesondere ist es möglich, diese in einer gewissen Weise abzuleiten beziehungsweise zu differenzieren. Dabei wird untersucht, welche Eigenschaften die entsprechenden Differentialoperatoren aufweisen und wie sich die Tensorfelder bezüglich der Differentiation verhalten. Insbesondere erhält man durch Differenzieren eines Tensorfeldes wieder ein Tensorfeld. Um diese wichtigen Tensorfelder überhaupt definieren zu können, muss zuerst das Tensorbündel erklärt werden. Dies ist ein bestimmtes Vektorbündel, das im Abschnitt Tensorbündel präzise definiert wird. Tensorfelder sind dann besondere glatte Abbildungen, die in dieses Vektorbündel hinein abbilden.

In der Tensoranalysis wird das Verhalten von geometrischen Differentialoperatoren auf Tensorfeldern untersucht. Ein wichtiges Beispiel für einen Differentialoperator ist die Äußere Ableitung auf den Differentialformen, denn die Differentialformen sind besondere Tensorfelder. Die Äußere Ableitung kann als Verallgemeinerung des totalen Differentials (für Differentialformen) verstanden werden. Mit ihrer Hilfe können die aus der Vektoranalysis bekannten Differentialoperatoren verallgemeinert werden. Auch die Tensorfelder selbst erhalten in der Tensoranalysis noch eine Verallgemeinerung: die Tensordichten. Mit ihrer Hilfe können Koordinatentransformationen in gekrümmten Räumen, den Mannigfaltigkeiten, vollzogen werden.

Zentrale Definitionen

Tensorbündel

Das (r,s)-Tensorbündel ist ein Vektorbündel, dessen Fasern (r,s)-Tensorräume über einem Vektorraum sind. Sei also eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und das Tangentialbündel mit den Fasern am Punkt . Die Räume sind also insbesondere Vektorräume. Definiere

und durch mit . Das Symbol heißt Koprodukt. In vielen Büchern wird im Ausdruck ganz rechts unterschlagen. Für eine Untermannigfaltigkeit ist das Tensorbündel definiert durch

Die Menge beziehungsweise die Abbildung werden Vektorbündel von Tensoren kontravariant der Stufe r und kovariant der Stufe s genannt. Kurz spricht man auch von dem Tensorbündel. Ob mit dem oberen oder dem unteren Index die Kontravarianz beziehungsweise die Kovarianz bezeichnet wird, ist in der Literatur nicht einheitlich.

Tensorfeld

Sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit. Ein Tensorfeld vom Typ (r,s) ist ein glatter Schnitt im Tensorbündel . Ein Tensorfeld ist also ein glattes Feld , welches jedem Punkt der Mannigfaltigkeit einen (r,s)-Tensor zuordnet. Die Menge der Tensorfelder wird oft mit bezeichnet.

Differentialoperatoren

Da ein Vektorbündel, insbesondere also auch ein Tensorbündel, die Struktur einer Mannigfaltigkeit trägt, kann man das Tensorfeld auch als glatte Abbildung zwischen glatten Mannigfaltigkeiten auffassen. Es ist daher möglich, diese Felder zu differenzieren. Differentialoperatoren, die auf glatten Abbildungen zwischen Mannigfaltigkeiten operieren, werden auch als geometrische Differentialoperatoren bezeichnet. Die im Folgenden aufgeführten Operatoren erfüllen die Bedingungen eines geometrischen Differentialoperators.

mit erklären.
  • Auch der Laplace-Operator kann für Tensorfelder definiert werden, dieser wird dann auch verallgemeinerter Laplace-Operator genannt. Für die Definition dieses Operators gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Liegt eine riemannsche Mannigfaltigkeit zugrunde, so kann man ihn beispielsweise wieder mithilfe der kovarianten Ableitung durch
mit erklären. Die Abbildung ist dabei die Tensorverjüngung bezüglich der riemannschen Metrik .
  • Die Äußere Ableitung, die auf den Differentialformen operiert, ist ebenfalls ein geometrischer Differentialoperator.

Siehe auch

Literatur

Lehrbücher (Einstieg)

Monografien (Weiterführend)

Klassische Werke

Einzelnachweise

  1. Joel W. Robbin, Dietmar A. Salamon: Introduction to Differential Geometry. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 2022, ISBN 978-3-662-64339-6, doi:10.1007/978-3-662-64340-2 (springer.com [abgerufen am 14. November 2022]).
  2. M. M. G. Ricci, T. Levi-Civita: Méthodes de calcul différentiel absolu et leurs applications. In: Mathematische Annalen. Band 54, Nr. 1-2, März 1900, ISSN 0025-5831, S. 125–201, doi:10.1007/BF01454201 (springer.com [abgerufen am 14. November 2022]).
  3. Tullio Levi-Civita, Adalbert Duschek: Der Absolute Differentialkalkül und seine Anwendungen in Geometrie und Physik. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 1928, ISBN 978-3-662-24349-7, doi:10.1007/978-3-662-26466-9 (springer.com [abgerufen am 14. November 2022]).
  4. Rainer Oloff: Geometrie der Raumzeit. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-662-56736-4, doi:10.1007/978-3-662-56737-1 (springer.com [abgerufen am 14. November 2022]).