Tarrasbüchse
Eine Tarrasbüchse ist eine kleinere spätmittelalterliche Kanone des 15. Jahrhunderts.
Begriff
Der Begriff der Tarrasbüchse ist ab 1411 nachgewiesen.[1] Er wird zurückgeführt auf den tschechischen Begriff tarras (= Bollwerk, Schirm) oder den französischen Ausdruck terrace für Erdwall. Die Schreibweise war vielfältig (tarrasbuchsen, tarasbuchsen, tarraßpüchsen, terris-büchsen, törris püchsen ….) und daraus entstandene Verballhornungen (z. B. Daressenbüchse). Der Begriff leitet sich ab aus der Verwendung dieser Kanonen auf Erdwällen, wobei sie teilweise auch durch Schirme (große Holzschilde) gedeckt wurden (Schirmbüchse). Sie wurden jedoch auch auf Mauern und Türmen eingesetzt.[2]
Geschichte und Entwicklung
Zu Beginn des 15. Jahrhunderts war die Tarrasbüchse als kleine Steinbüchse ausgebildet und entwickelte sich später zu einer großen Lotbüchse.[3][4] Sie war größer und schwerer als Handbüchsen (speziell: Wallbüchsen) aber über kurze Strecken durch die Bedienmannschaft zu transportieren, damit auch während eines Gefechtes der Standort gewechselt und die Büchse neu ausgerichtet werden konnte. Später wurde die Beweglichkeit durch die Anbringung von kleinen Scheibenrädern und dann durch etwas größere Speichenräder verbessert. Im Unterschied zu Karren- oder Wagenbüchsen mussten auch die Tarrasbüchsen mit kleinen Rädern für weitere Transporte auf Büchsenwagen verladen werden, da sie nicht geländegängig und zu langsam waren. Die Tarrasbüchsen hatten kürzere Rohre (1 m bis 1,3 m) mit einem Durchmesser von 40 bis 46 Millimetern und konnten aus Eisen oder Bronze gegossen sein. Die Büchsen hatten eine Reichweite von ca. 250 Metern.[5] Das Gewicht der Kugeln wird mit 100 bis 500 Gramm angegeben.[6]
Feuerwaffen und darunter auch eine Frühform der Tarrasbüchsen (Tarasnitze) wurden zunächst von den Hussiten in großem Umfang eingesetzt und dann auch von den kaiserlichen und Reichstruppen in den Hussitenkriegen. Tarrasbüchsen fanden im ganzen 15. Jahrhundert Verwendung.[7] Die Tarrasbüchse ist eine Vorläuferin der späteren leichten Feldgeschütze.[8]
Literatur
- Arbeitsstelle der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Herausgeber): Frühneuhochdeutsches Wörterbuch, S. 39 Google-Digitalisat mit beschränkter Einsicht
- P. Sixl: Entwicklung und Gebrauch der Handfeuerwaffen. In: Zeitschrift für historische Waffenkunde, 1902, S. 44–48 im Internet Archive
- P. Sixl: Entwicklung und Gebrauch der Handfeuerwaffen. In: Zeitschrift für historische Waffenkunde, 1902, S. 77–79 im Internet Archive
Weblinks
- Eintrag tarrasbüchse auf Frühneuhochdeutsches Wörterbuch; abgerufen am 27. Mai 2019
- Eintrag Tarrasbüchsen. In: Pierer’s Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 260.
- Eintrag Tarrasbüchsen. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 329.
Einzelnachweise
- ↑ siehe Sixl S. 44
- ↑ siehe Pierer
- ↑ Eisenkugeln oder mit Blei überzogene Eisenstücke als Geschosse. Siehe hierzu Pierer.
- ↑ siehe Sixl S. 79
- ↑ Stefan Sacharjew: Die kriegerischen Einfälle der Hussiten in die Markgrafschaft Brandenburg und die Lausitz unter besonderer Betrachtung des Feldzuges im April 1432, Berlin 2010, S. 31 pdf; abgerufen am 28. Mai 2019
- ↑ siehe www.geschichtsforum.de; abgerufen am 28. Mai 2019
- ↑ siehe Sixl S. 77
- ↑ Wilhelm Hassenstein, Hermann Virl: Das Feuerwerkbuch von 1420. 600 Jahre deutsche Pulverwaffen und Büchsenmeisterei. Neudruck des Erstdruckes aus dem Jahr 1529 mit Übertragung ins Hochdeutsche und Erläuterungen von Wilhelm Hassenstein. Verlag der Deutschen Technik, München 1941, S. 149–153. Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich