Stumm (Montanunternehmer)

Wappen derer von Stumm

Die Familie Stumm gehört mit ihrem Hauptvertreter Carl Ferdinand von Stumm-Halberg zu den bedeutenden Industriellendynastien der Montanindustrie Südwestdeutschlands. In fünf Generationen sind in der Zeit der Proto-Industrialisierung im 18. Jahrhundert und in der Zeit der industriellen Revolution und der Hochindustrialisierung im 19. Jahrhundert mehr als zwanzig Eisenhämmer und Eisenhütten durch sie betrieben oder errichtet worden. Die Familie entstammte dem Hunsrück, wo auch die meisten Werke zu finden sind. Wie bei der bedeutenden Orgelbauerfamilie Stumm liegen die Ursprünge der Familie in dem Ort Rhaunensulzbach.

Bekannte Vertreter

Erste Generation

Die erste Generation hat ihren Sitz in Hammer Birkenfeld. Ihre Blütezeit ist in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Ihr Vertreter ist:

  • Johann Nicolaus Stumm (1669–1742)

Werkliste

Jahr Ort Betrieb Bild Anteil Verkauf Bemerkungen
1714 Schauren Hammer Birkenfeld erster Stummscher Eisenhammer
1720 Schauren Schmelze Birkenfeld erste Stummsche Eisenschmelze
1738 Sensweiler Stahlfabrik

Zweite Generation

Die zweite Generation hat ihren Sitz in Asbacherhütte, später in Abentheuer. Ihre Blütezeit ist die Mitte des 18. Jahrhunderts. Vertreter:

  • Johann Nicolaus Stumm (1694–1769)
  • Johann Heinrich Stumm (1710–1783)
  • Johann Friedrich Stumm (1716–1791)

Werkliste

Jahr Ort Betrieb Bild Anteil Verkauf Bemerkungen
1743 Asbach Eisenschmelze
1746 Veldenz Berg- und Hüttenwerk zusammen mit dem Schwager Johann Franz König
1747 Dhronecken Eisen- und Kupferschmelze im Röderbachtal, alsbald stillgelegt
1758 Katzenloch Katzenlocher Hammer
1762 Neunkirchen (Saar) Neunkircher Eisenwerk Bewerbung als Pächter anlässlich einer Neuverpachtung blieb erfolglos, da den bisherigen Pächtern von Stockum und Söhne in Frankfurt am Main die Pacht verlängert wurde
1763 Abentheuer Abentheuerer Hütte

Dritte Generation

Die dritte Generation der Familie. Ihre Blütezeit reicht in das frühe 19. Jahrhundert hinein. 1802 übersiedelte Friedrich Philipp Stumm nach Saarbrücken und gründete 1806 im Verbund mit seinen Brüdern in Saarbrücken das Montanunternehmen Gebrüder Stumm. Ihre Vertreter sind:

Werkliste

Jahr Ort Betrieb Bild Anteil Verkauf Bemerkungen
1785 Spabrücken Gräfenbacher Hütte
1790 Weiperath Weiperather Hammer[1] 1817/18 stillgelegt
1793 Weitersbach Weitersbacher Hütte
1802 Allenbach Allenbacher Hammer
1806 Neunkirchen (Saar) Neunkircher Eisenwerk 1920
1809 Brebach Halberger Hütte 50 % 1860
1809 Fischbach Fischbacher Schmelze 50 % 1860
1817 Dillingen Dillinger Hütte 40 %
Bettingen Bettinger Eisenhütte
1725 Münchweiler Münchweiler Eisenwerk 1868 stillgelegt
1827 Geislautern Eisenhütte Geislautern 1827 an die Dillinger Hütte

Vierte Generation

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging von England der Impuls zur Industriellen Revolution aus. Carl Friedrich Stumm erkannte die Bedeutung der Steinkohle und der Eisenbahn für die Zukunft der eisenschaffenden Industrie. Im Ergebnis wurden die Hochöfen auf Koks umgestellt und mit der Produktion von Eisenbahnschienen begonnen. Vertreter der vierten Generation sind:

  • Heinrich Böcking (1785–1862), Bürgermeister von Saarbrücken, heiratete 1809 Charlotte Henriette Stumm
  • Carl Friedrich Stumm (1798–1848), heiratete 1834 Marie Luise Böcking. Die Familie siedelte 1839 von Saarbrücken in das neu erbaute Herrenhaus an der Saarbrücker Straße in Neunkirchen um (1945 zerstört). Carl Friedrich Stumm ließ 1845 im Park des Herrenhauses auf einer Halbinsel am Hammerweiher eine ca. 4 m hohe gusseiserne neugotische Stele errichten. Sie erinnert an die Gebrüder Stumm und zählt die zwischen 1714 und 1845 von den Vorfahren Stumm betriebenen Eisenhämmer und Eisenwerke einzeln auf. Die Stele trägt auf ihren vier Seiten folgende Inschriften:[2]
    • „Den Vorfahren in Liebe und Dankbarkeit geweiht vom Sohn und Neffen Carl Friedrich Stumm 1845“
    • „Den Gebrüder Stumm Friedrich Philipp geb. 1751 gest. 1835. Christian Philipp geb. 1760 gest. 1826. Johann Ferdinand geb. 1784 gest. 1839“
    • „Hammer-Birkenfeld, Asbach, Katzenloch, Abentheuer, Gräfenbach, Weiprath, Weitersbach, Neunkirchen“
    • „Halberg, Fischbach, Dillingen, Bettingen, Münchweiler, Geislautern“

Fünfte Generation

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehörten die Stumms zu den reichsten und auch einflussreichsten Industriellen Deutschlands. 1888 nobilitiert, ließen die drei Brüder Stumm repräsentative Schlösser im Stil des Historismus erbauen (Schloss Halberg, Schloss Rauischholzhausen, Schloss Ramholz) und stifteten Kirchen (Christuskirche in Neunkirchen (Saar), Kirche in Rauischholzhausen) und gemeinnützige Einrichtungen. Vertreter der fünften Generation sind:

Werkliste

Jahr Ort Betrieb Bild Anteil Verkauf Bemerkungen
1891 Ueckingen Hochofenanlage 1920 zur Roheisenversorgung der Neunkircher Hütte

Sechste Generation

Die 6. Generation ist von den Umbrüchen der Zeit geprägt. Nach dem Tod Carl Ferdinands von Stumm-Halberg 1901 wurde die Kommanditgesellschaft 1903 in eine GmbH umgewandelt. Aufgrund der französischen Eingriffe nach 1918 (Zwangsverwaltung und Enteignung des Ueckinger Werks, Mehrheitsbeteiligung am Neunkircher Eisenwerk) verlagerte die Gebrüder Stumm GmbH ihre geschäftlichen Aktivitäten aus dem Saargebiet in das Ruhrgebiet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg diversifizierte sich der Konzern über die Primärstufe Kohle und Stahl hinaus, ging jedoch aufgrund fehlgeschlagener Rohölspekulationen und trotz Bilanzfälschungen am 25. Oktober 1974 mit rund 14.000 Beschäftigten, 1,7 Milliarden Deutsche Mark Umsatz, mehr als 240 Millionen Deutsche Mark Verlusten und 300 Millionen Deutsche Mark Schulden in Konkurs.[3]

Wappen

Das Wappen der Familie von 1815 zeigt in Rot eine aufsteigende eingebogene silberne Spitze. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein Marmorsäulenschaft, beiderseits besteckt mit einem gestürzten goldenen Jagdhorn, in dessen Höhlung eine rote Kugel.[4][5]

Literatur

Commons: Stumm (Montanunternehmer) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Heimatverein Weiperath e. V.: Bilder rund um den Eisenhammer (Memento des Originals vom 25. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.weiperath.de
  2. Neunkirchen (Saar), Lindenallee, an der Denkmalstele angebrachte Inschriften.
  3. Des Königs müde Erben. In: Die Zeit. Nr. 45/1974.
  4. Martin Carl Wilhelm von Wölckern: Beschreibungen aller Wappen der fürstlichen, gräflichen, freyherrlichen und ... Bauer und Raspe, Nürnberg 1829, S. 53 (Wappen Nr. 46)
  5. Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon. Band XIV, Limburg (Lahn) 2003, S. 243.