Sowjetischer Rubel

Sowjetischer Rubelschein, 1961
Sowjetischer Rubelschein, 1961
Sowjetische 20-Kopeken-Münze (1979)
1924 poltinnik (½ Rubel).

Der Sowjetische Rubel, meist kurz Rubel genannt (russisch рубль, Transliteration Rublʹ, ISO 4217: SUR), war die Währung der Sowjetunion und einiger Nachfolgestaaten zwischen 1919 und 1993. Die Kopeke (копейка / kopejka) ist der hundertste Teil des Rubels.

Neben den in der Sowjetunion verwendeten Banknoten und Münzen bestand der Transferrubel für die Verrechnung von Lieferungen innerhalb des RGW.

Für die Etymologie, die Vorgeschichte und die aktuelle Situation siehe den Hauptartikel Rubel.

Bezeichnungen in der Sowjetunion

Als Vielvölkerstaat bestanden in der Sowjetunion eine Vielzahl von Amtssprachen. Daher trugen die Banknoten die Währungsbezeichnung und den Nominalwert in allen diesen Sprachen. Die folgende Tabelle stellt die Bezeichnungen in den Sprachen der einzelnen Sowjetrepubliken in der Reihenfolge dar, in der Reihenfolge, wie sie auf den Banknoten aufgeführt waren:

Sprache in Landessprache
Rubel  Kopeke 
Russisch рубль копейка
Ukrainisch карбованець копійка
Belarussisch рубель капейка
Usbekisch сўм тийин
Kasachisch сом тиын
Georgisch მანეთი კაპიკი
Aserbaidschanisch манат гəпик
Litauisch rublis kapeika
Moldauisch рублэ копейкэ
Lettisch rublis kapeika
Kirgisisch сом тыйн
Tadschikisch сўм тин
Armenisch ռուբլի կոպեկ
Turkmenisch манат көпүк
Estnisch rubla kopikas

Hinweis: Für Usbekisch, Aserbaidschanisch, Moldauisch und Turkmenisch wird seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht mehr das Kyrillische Alphabet, sondern das Lateinische Alphabet verwendet.

Geschichte

Der erste sowjetische Rubel

10.000 Rubel Inflationsgeld

Nach der Oktoberrevolution 1917 blieben zunächst die bestehenden zaristischen Rubel in Umlauf. Im russischen Bürgerkrieg gaben sowohl die Weißen als auch die Bolschewiki eigene Banknoten heraus. Die ab 1919 ausgegebenen Banknoten der kommunistischen Seite waren provisorische Ausgaben, die auf den zaristischen Rubeln basierten. Sie galten offiziell in der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik, faktisch aber nur in den Gebieten, die im Bürgerkrieg unter der Herrschaft der Bolschewiki standen.

Durch den Umfang der gedruckten Banknoten kam es zu einer Hyperinflation. Die Banknoten wurden in folgenden Nominalbeträgen ausgegeben: 1, 2, 3, 5, 10, 15, 25, 50, 60, 100, 250, 500, 1000, 5000, 10.000, 25.000, 50.000, 100.000. Daneben wurden kurzfristige staatliche Solawechsel in Stückelungen von 1, 5 und 10 Millionen Rubel ausgegeben, die als Banknotenersatz dienten.

Das Inflationsgeld wurde in unterschiedlichen Druckmustern hergestellt. Wie auch beim deutschen Inflationsgeld erfolgte der Druck mit wenigen Sicherheitsmerkmalen. Teilweise waren die Noten nur einseitig bedruckt.

Jahr Bargeldumlauf
(Mrd. Rubel)
Preisindex
1913 = 100
1915 3.030 0
1916 5.622 0
1917 9.097 0
1918 27.312 0
1919 61.265 0
1920 225.016 2.100
1921 1.168.600 16.400
1922 17.539.000 242.000
1923 1. Juli 340.150.000 1.680.000

[1]

Im Rahmen des Kriegskommunismus sollten laut Parteiprogramm der KPdSU Geld vollständig abgeschafft und die russische Volkswirtschaft mittelfristig in eine Verteilungswirtschaft überführt werden. Als erster Schritt wurden 1917 alle Banken direkt der Zentralbank (der Volksbank der RSFSR; Narodnyi bank RSFSA) unterstellt[2] und per Dekret vom 28. Januar 1920 alle Banken inklusive der Zentralbank aufgehoben.[3] Emittent des Geldes war nur der Staat selbst.

Zweiter sowjetischer Rubel, 1. Januar 1922 – 31. Dezember 1922

Silberrubel von 1922

Der Krise des Finanzwesens konnte erst mit der Wiedereröffnung der Staatsbank am 16. November 1921 abgeholfen werden. Das Dekret vom 30. Juni 1921 erlaubte auch wieder den privaten Besitz von Geld ohne Einschränkungen.[4] Mit dem Tscherwonez wurde dann eine neue (Parallel-)Währung mit (offiziell) 25-prozentiger Golddeckung eingeführt. Der „neue“ Rubel wurde im Verhältnis 1 zu 10.000 gegen die alten Rubel getauscht. Bis die Sowsnaki ab Februar 1924 aus dem Verkehr gezogen wurden, hatte man eine Doppelwährung. Trotz des offiziellen Bekenntnisses zur teilweisen Golddeckung erfolgte weiter ein umfangreicher Druck neuer Noten, verbunden mit der entsprechenden Inflation.

Dritter sowjetischer Rubel, 1. Januar 1923 – 6. März 1924

Diese Ausgabe war streng genommen die erste der 1922 gegründeten Sowjetunion. Erneut erfolgte eine Währungsreform. Die bestehenden Rubel wurden zum Verhältnis 1 zu 100 abgewertet. Hergestellt wurden die Banknoten von der Gosnak (Chefkünstler Iwan Dubassow).

Vierter (Gold) sowjetischer Rubel, 7. März 1924–1947

Eine dritte Währungsreform im Jahr 1924 führte den „Gold“-Rubel mit einem Wert von 50.000 der bisherigen Rubel ein. Mit dieser Reform wurde der Rubel an den Tscherwonez gebunden. Münzen wurden in Rubel geprägt. Scheine wurden für die kleineren Nominale bis 10 Rubel in Rubel und darüber in Tscherwonez herausgegeben.

Fünfter sowjetischer Rubel, 1947–1961

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die sowjetische Regierung einen konfiskatorischen Währungsschnitt vor, um den Geldumlauf drastisch zu reduzieren. Dieser Währungsschnitt betraf ausschließlich die Banknoten. Der Währungsschnitt erfolgte im Verhältnis von zehn alten zu einem neuen Rubel.

Sechster sowjetischer Rubel, 1961–1991

50 Kopeke Ausgabe 1961–1991

1961 wurde erneut ein Währungsschnitt nach dem Muster der Maßnahme des Jahres 1947 vorgenommen. Auch hier erfolgte der Schnitt 1 : 10. Die neuen Banknoten waren durch den Künstler Victor Tsigal mit Propagandadarstellungen des sowjetischen Lebens und der sowjetischen Industrie erstellt worden. Formal entsprach dieser Rubel des Jahres 1961 einer Menge von 0,987412 Gramm Gold. Aufgrund des strikten Goldverbotes, also des Verbotes des Handels mit Gold für die Bevölkerung, spielte dies in der Praxis jedoch keine Rolle. Offiziell legte die Regierung einen Umtauschkurs von 1 zu 1 zum Pfund Sterling fest. Dieser offizielle Kurs blieb bis zum Ende der Sowjetunion unverändert. Da der Rubel nicht frei konvertierbar war, spielte dieser Kurs nur für den Zwangsumtausch und strafrechtlich eine Rolle. Im Handel innerhalb des Ostblocks wurde der Transferrubel als Verrechnungseinheit genutzt, im Handel mit nicht-sozialistischen Staaten in Westwährung abgerechnet. Dieser Rubel blieb bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion in Verwendung und wurde von den Währungen der Nachfolgestaaten abgelöst.

Serie 1961
Bild Wert
Vorderseite Rückseite
1 Rubel
3 Rubel
5 Rubel
10 Rubel
25 Rubel
50 Rubel
100 Rubel
Serie 1991
Bild Wert
Vorderseite Rückseite
1 Rubel
3 Rubel
5 Rubel
10 Rubel
50 Rubel
100 Rubel
200 Rubel
500 Rubel
1000 Rubel

Wirtschaftliche Bedeutung

In der planwirtschaftlich organisierten Wirtschaft der Sowjetunion legte die Regierung die Warenpreise und Währungskurse fest. Dabei ergaben sich immer Geldüberhänge, nur ein Teil der Produkte konnte in den gewünschten Mengen gegen Rubel erworben werden (Mangelwirtschaft). Eine Vielzahl Produkte war nur gegen Bezugsschein, auf dem Schwarzmarkt oder mit Beziehungen erhältlich. Die Rolle des Geldes war daher eine andere als in Marktwirtschaften. Der Rubel war nicht konvertierbar und durfte nicht ausgeführt werden.

Nachfolgewährungen

Direkt mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 entstanden in den unabhängig gewordenen Staaten eigene Währungen. Die Bank Rossii (die russische Zentralbank) übernahm die Gosbank (die sowjetische Zentralbank) und versorgte auch diejenigen Staaten, die weiter den Rubel nutzten, mit Geld.

In den folgenden Monaten verließen aber weitere Staaten die Rubelzone.

Land Neue
Währung
Umtauschkurs
gegenüber dem Rubel
Einführungsdatum der neuen Währung Datum des Verlassens der Rubelzone Anmerkungen
Armenien Armenien Dram 200 22. November 1993 ?
Aserbaidschan Aserbaidschan Manat 10 15. August 1992 ? Der Manat wurde am 1. Januar 2006 im Verhältnis 5.000 zu 1 aufgewertet.
Belarus 1991 Belarus Belarussischer Rubel 10 Mai 1992 ? Der Belarussische Rubel wurde am 1. Januar 2000 im Verhältnis 1.000 zu 1 aufgewertet, indem drei Nullen gestrichen wurden.
Estland Estland Krone 10 20. Juni 1992 22. Juni 1992 Gebunden an die Deutsche Mark (1 DEM = 8 EEK).
Die erste Hartwährung auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Estland führte den Euro Anfang 2011 ein.
Georgien 1990 Georgien Lari 1 5. April 1993 ? Der „erste Lari“ wurde als Zwischenlösung eingeführt und am 2. Oktober 1995 im Verhältnis 1.000.000 zu 1 durch den Lari ersetzt.
Kasachstan Kasachstan Tenge 500 15. November 1993 ?
Kirgisistan Kirgisistan Som 200 10. Mai 1993 15. Mai 1993 Bis zum 1. Januar 2008 wurden ausschließlich Banknoten ausgegeben.
Lettland Lettland Rublis 1 7. Mai 1992 20. Juli 1992 Der lettische Rubel (Rublis) war eine Übergangswährung bis zur Einführung des Lats im März 1993. Der Umtauschkurs betrug 200 zu 1. Lettland führte den Euro Anfang 2014 ein.
Litauen 1989 Litauen Talonas 1 1. Mai 1992 1. Oktober 1992 Die Übergangswährung Talonas wurde am 25. Juni 1993 im Verhältnis 100 zu 1 in den Litas getauscht. Litauen führte den Euro am 1. Januar 2015 ein.
Moldau Republik Moldau (exkl. Transnistrien) Cupon 1 1992 ? Der Cupon war nur eine Übergangswährung, die am 29. November 1993 zum Kurs 1.000 zu 1 in den Leu getauscht wurde.
Russland 1991 Russland Russischer Rubel 1 1992 Juli 1993 Der Russische Rubel wurde am 1. Januar 1998 im Verhältnis 1.000 zu 1 zusammengelegt.
Transnistrien Transnistrien Transnistrischer Rubel 1 1994 ? Der transnistrische Rubel wurde 2000 im Verhältnis 1.000.000 zu 1 zusammengelegt.
Tadschikistan Tadschikistan Tadschikischer Rubel 100 10. Mai 1995 ? Aufgrund des Bürgerkriegs war Tadschikistan das letzte Land, das die Rubelzone verließ. Der tadschikische Rubel wurde am 30. Oktober 2000 zum Kurs von 1.000 zu 1 durch den Somoni abgelöst.
Turkmenistan Turkmenistan Manat 500 1. November 1993 ? Wurde 2009 im Verhältnis 5.000 zu 1 aufgewertet.
Ukraine Ukraine Karbowanez 1 10. Januar 1992 ? Der Karbowanez wurde zum Kurs 100.000 zu 1 am 2. September 1996 in den Hrywnja gewandelt.
Usbekistan Usbekistan Soʻm 1 15. November 1993 15. November 1993 Der erste Soʻm war eine Übergangswährung, die am 1. Juli 1994 zum Kurs von 1.000 zu 1 umgestellt wurde.

Literatur

  • Günter Hedtkamp: Das sowjetische Finanzsystem. Duncker und Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-03057-5.
Commons: Money of the Soviet Union – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Günter Hedtkamp: Das sowjetische Finanzsystem, S. 26.
  2. Günter Hedtkamp: Das sowjetische Finanzsystem, S. 21.
  3. Günter Hedtkamp: Das sowjetische Finanzsystem, S. 27.
  4. Günter Hedtkamp: Das sowjetische Finanzsystem, S. 34.