Russische Verfassungskrise 1993
Russische Verfassungskrise 1993 | |||||||||
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Zerstörungen am Weißen Haus | |||||||||
Datum | 21. September 1993 bis 4. Oktober 1993 | ||||||||
Ort | Moskau, Russland | ||||||||
Ausgang | Sieg Jelzins | ||||||||
Folgen | Inhaftierung von Ruzkoi und Chasbulatow 120 Tote[1] | ||||||||
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Die russische Verfassungskrise 1993 begann am 21. September, als der russische Präsident Boris Jelzin per Dekret den gesetzgebenden Kongress der Volksdeputierten sowie den Obersten Sowjet Russlands auflöste.
Hintergrund
Nach dem Augustputsch in Moskau und dem Zerfall der Sowjetunion 1991 kam es zwischen dem noch zu Sowjetzeiten (1989) gewählten Kongress der Volksdeputierten Russlands und dem 1991 gewählten russischen Präsidenten Jelzin wiederholt zu Spannungen.
Verlauf
Im Machtkampf zwischen dem Volksdeputiertenkongress (unter dem Vorsitzenden des Obersten Sowjets, Ruslan Chasbulatow) und Präsident Jelzin setzte Letzterer ein Volksreferendum zur Wirtschaftspolitik der Regierung im Volksdeputiertenkongress durch, das er am 25. April 1993 mit 58,1 Prozent der Stimmen gewann. Daraufhin legte eine von Jelzin einberufene Verfassungskonferenz aller gesellschaftlichen Kräfte im Juli einen neuen Verfassungsentwurf vor.
Das Volksdeputiertenkongress lehnte den Verfassungsentwurf jedoch ab, woraufhin Jelzin ihn per Dekret auflöste und für den 12. Dezember Neuwahlen sowie eine Volksabstimmung über die von der Verfassungskonferenz neu entworfene Verfassung ankündigte. Der Volksdeputiertenkongress wies Jelzins Dekret zurück, und entschied, Jelzin durch ein Amtsenthebungsverfahren der Präsidentschaft zu entheben. Sein ihm entfremdeter Vizepräsident Alexander Ruzkoi wurde der existierenden Verfassung gemäß zum amtierenden Präsidenten vereidigt. Ruzkoi wiederum ernannte als Teil einer Gegenregierung einen eigenen Verteidigungsminister. Am 28. September begannen öffentliche Proteste gegen Jelzins Regierung in den Straßen Moskaus, wobei es zu erstem Blutvergießen kam. Die Armee blieb unter Jelzins Kontrolle, was letztlich den Ausgang der Krise entschied. Die Volksdeputierten verbarrikadierten sich im Weißen Haus, dem Parlamentsgebäude. In der folgenden Woche wuchsen die Anti-Jelzin-Proteste an, bis sie am 2. Oktober ihren Höhepunkt erreichten. Russland befand sich am Rande eines Bürgerkrieges. Ruzkoi rief zur Besetzung des Fernsehstudios Ostankino auf. Der bewaffnete Sturm seiner Anhänger auf das Fernsehstudio scheiterte nach heftigen nächtlichen Kämpfen am 3. Oktober. Ab diesem Zeitpunkt unterstützten die höheren Kommandoebenen der Sicherheitsdienste und des Militärs Jelzin. Truppen der Armee belagerten das Parlamentsgebäude, beschossen es mit Panzergranaten und zerstörten es dadurch fast. Ein Großteil der Volksdeputierten floh nun. Am 5. Oktober fiel der bewaffnete Widerstand gegen Jelzin in sich zusammen. Der zehn Tage andauernde Konflikt war seit der Oktoberrevolution 1917 der Straßenkampf mit den meisten Toten in Moskau. Laut Angaben der Regierung starben bei der Krise 187 Menschen, 437 wurden verletzt (fast alle Unterstützer des Kongresses).
Im Dezember billigte die russische Bevölkerung per Volksabstimmung die neue Verfassung Russlands. Bei den Neuwahlen wurde der Kongress der Volksdeputierten von dem neugeschaffenen Zweikammerparlament mit Föderationsrat und Duma abgelöst. Das Amt des Vizepräsidenten wurde abgeschafft. Gegner Jelzins errangen bei der russischen Parlamentswahl 1993 erneut die Mehrheit, auch wegen der Uneinigkeit im sogenannten Reformlager. Bereits am 26. Februar 1994 wurde, auf Antrag der nationalistischen LDPR unter Wladimir Schirinowski, gemeinsam mit den neu organisierten Kommunisten der KPRF und gegen den Protest Jelzins eine Amnestie der Putschisten des Augustputsches 1991 und der Aufständischen von 1993 beschlossen.
- Fraktionen im April 1991, …
- … im Dezember 1992 …
- … und im März 1993.
Internationale Ebene
Mehrere Regierungs- und Staatschefs aus dem GUS-Raum sowie Westeuropa unterstützten Jelzin, so unter anderem der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl.[4]
Aus Transnistrien kamen Freiwillige zur Verteidigung des Parlaments.[3]
Bewertung
Der Osteuropahistoriker Jan C. Behrends betrachtete den Gewaltausbruch von 1993 rückschauend als das Stichdatum für den Beginn des autoritären Umbaus in Russland nach dem Ende der kommunistischen Diktatur, der im Putinismus mündete.[5]
Weblinks
- Friedemann Kohler: Als Granatfeuer durch Moskau hallten, stern.de, 4. Dezember 2003.
- Bo - Fax: Sicherheitsgarantien für Ruzkoj und Chasbulatow - Anwendungsfall des humanitären Völkerrechts? ( vom 24. August 2005 im Internet Archive) (PDF; 9 kB)
- George Payne, Tagungsbericht: The tomb of the Soviet Union, or the womb of Putinism? The 1993 Russian constitutional crisis, 30 years after, In: H-Soz-Kult, 23. Januar 2024, online.
Einzelnachweise
- ↑ Markus Wehner: Ruslan Chasbulatow: Die Hoffnungen enttäuscht, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. August 2003. Hier abrufbar.
- ↑ Archivierte Kopie ( des vom 24. Mai 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ a b S. G. Simonsen: Military Biography: Going His Own Way: A Profile of General Aleksander Lebed, in: The Journal of Slavic Military Studies, Jg. 8 (September 1995), Nr. 3, S. 528–546 (hier: S. 531).
- ↑ "[Es] stellten sich westliche Freunde wie Bundeskanzler Helmut Kohl hinter den russischen Präsidenten.", in: Friedemann Kohler: Als Granatfeuer durch Moskau hallten, stern.de, 4. Dezember 2003.
- ↑ Sibylle Salewski: Russland und Totalitarismus im 21. Jahrhundert. In: Deutschlandfunk Nova, 8. Juli 2022, abgerufen am 18. Juli 2022.