Przeworsk-Kultur

Przeworsk-Kultur
Zeitalter: Eisenzeit
Absolut: ca. Ende 3. Jh. v. Chr. bis Mitte 5. Jh. n. Chr.

Ausdehnung
späte vorrömische Eisenzeit:[1]

dunkelgrün – Nordische Gruppe
dunkelrot – Jastorf-Kultur
ockergelb – Harpstedt-Nienburger Gruppe
orange – Keltische Gruppen (La Tène-Kultur)
gelbgrün – Przeworsk-Kultur
leuchtend grün – Hausurnenkultur
blassrot – Strichkeramik-Kultur
violett – Westbaltische Hügelgräberkultur
türkis – Sarubinzy-Kultur
schwarz – Estländische Gruppe
leuchtend rot – Gubener Gruppe der Jastorf-Kultur
braun – Oxhöft-Kultur
hellbraun – Getische und thrakische Gruppen
Gelb – Poienești-Lukaševka-Kultur (von Przeworsk- und Jastorf-Kultur beeinflusst)

Leitformen

Keramik mit Mäandern

Przeworsk-Kultur (polnische Assprache [ˈpʂɛvɔrsk]; ältere Bezeichnungen: Oder-Warthe-Gruppe für die frühen Phasen der Przeworsk-Kultur, in Deutschland traditionell Wandalische Kultur) ist der Name einer eisenzeitlichen archäologischen Kultur auf dem Gebiet des heutigen Polens zwischen Warthe/Netze, Oder, Bug und Karpatenbogen. Benannt ist die Kultur nach einem Brandgräberfeld bei Przeworsk in der Wojewodschaft Podkarpackie. Träger dieser Kultur waren vermutlich aus historischen Quellen bekannte ostgermanische Stämme wie beispielsweise die Vandalen, Burgunden und Lugier.

Die Kultur bestand etwa vom Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. bis zur Mitte des 5. Jahrhunderts n. Chr. Gleichzeitig, am Anfang des 1. Jahrhunderts v. Chr. breitete sich östlich des Weichsel-Einzugsgebietes die Wielbark-Kultur aus.

Entstehung

Die Przeworsk-Kultur entstand aus der Gesichtsurnenkultur durch starke Einflüsse der keltischen Latènekultur, die besonders in der südlichen Expansionszone der Kultur ausgeprägt sind, wo zusätzlich dakische Kultureinflüsse nachzuweisen sind.[2] So wurde die Sitte der Waffenbeigabe in Gräbern als Ausdruck eines entstehenden Kriegertums von den Kelten übernommen. Von hier gelangte diese Sitte wie auch andere Latèneeinflüsse später in den südlichen Bereich der Jastorf-Kultur und in die Oxhöft-Kultur. Auch die Ausstattung der Frauengräber mit Schmuck- und Trachtbestandteilen wird in der Przeworsk-Kultur üblich.[3]

Merkmale

Charakteristische Funde sind zuerst handgeformte, später scheibengedrehte Tongefäße, die mit Mäandern verziert wurden. Auch facettierte Gefäßränder zeigen das Ausbreitungsgebiet der Przeworsk-Kultur vor allem im Westen an. Die Siedlungen befanden sich meist in Flusstälern und bestanden aus Hausreihen oder um einen Zentralplatz angeordnete Gebäudegruppen.[3] Der polnische Archäologe Artur Błażejewski verweist in einem im Jahr 2007 veröffentlichten Buch auf eine Verwandtschaft zwischen der Przeworsk-Kultur und der eisenzeitlichen Kultur des Rhein-Weser-Gebietes.[4]

Ausbreitung der Kultur

Der südöstliche Teil der Przeworsk-Kultur, der bis zur Nordgrenze Dakiens reicht, ist von ihren ursprünglichen Zentren in Schlesien und an der Warthe durch einen siedlungslosen Streifen getrennt. Dieser südöstliche Raum galt in der römischen Kaiserzeit als Siedlungsgebiet der Lugier.[5] Dass die gesamte Bevölkerung der Przeworsk-Kultur der Kaiserzeit mit den spätantiken Vandalen gleichzusetzen ist, kann nicht ausgeschlossen werden, ist aber nicht erwiesen, ebenso wenig wie die Gleichsetzung Vandalen mit den älteren Lugiern.

Einflüsse der Przeworsk-Kultur finden sich bei der in der Lausitz liegenden Gubener Gruppe und bei der Poienești-Lukaševka-Kultur auf dem Gebiet des heutigen Moldawien. Przeworsk-Siedlungen neben und Keramikfunde in einheimischen Fundstellen sind im 2. Jahrhundert v. Chr. im elbgermanischen Gebiet um Mittelelbe und Saale deutlich zu fassen. In geringerem Umfang sind im 1. Jahrhundert v. Chr. Przeworsk-Funde auch bis in die noch keltische Wetterau hinein feststellbar, was als Ansiedlung von aus dem Osten eingewanderten Bevölkerungsteilen gedeutet wird.[6] Mobilität von Einzelpersonen oder Kleingruppen deuten dagegen vereinzelte Funde von Przeworsk-Keramik in den großen keltischen Oppida wie Manching und Staré Hradisko an.

Galerie

Literatur

  • Adam Cieśliński: Die Przeworsk- und Wielbark-Kultur östlich der unteren Weichsel. Auswertung der Archivalien aus dem Nachlass von Herbert Jankuhn (= Studien zur Siedlungsgeschichte und Archäologie der Ostseegebiete. Band 21). Wachholtz, Kiel/Hamburg 2023, ISBN 978-3-487-16776-3.
  • Teresa Dąbrowska: Oder-Warthe-Gruppe. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 21, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2002, ISBN 3-11-017272-0, S. 549–551.
  • Teresa Dąbrowska, Magdalena MaczynskaPrzeworsk-Kultur. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 23, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-017535-5, S. 540–567.
  • Kazimierz Godłowski und Tomasz Wichman: Chmielów Piaskowy. Ein Gräberfeld der Przeworsk-Kultur im Świętokrzyskie-Gebirge. In: Monumenta archaeologica barbarica. 6. Secesj, Kraków 1998, ISBN 83-87345-45-8.
  • Michael Meyer: Migration und Adaption – ein differenziertes Modell zur Erklärung der latènezeitlichen Przeworsk-Funde in Deutschland. In: Alt-Thüringen 38. 2005, ISSN 0065-6585, S. 203–230 (zs.thulb.uni-jena.de).
  • Michael Meyer, Piotr Łuczkiewicz, Björn Rauchfuß (Hrsg.): Eisenzeitliche Siedlungskeramik der Przeworsk-Kultur. Edition Topoi, Berlin 2017.
  • Włodzimiera Ziemlińska-Odojowa: Niedanowo. Ein Gräberfeld der Przeworsk- und Wielbark-Kultur in Nordmasowien. In: Monumenta archaeologica barbarica. 7. Secesj, Kraków 1999, ISBN 83-87345-11-3.
Commons: Przeworsk-Kultur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Heinrich Beck, Heiko Steuer, Dieter Timpe (Red.): Die Germanen. Germania, germanische Altertumskunde (= Reallexikon der Germanischen Altertumskunde). De Gruyter, Berlin 1998, ISBN 3-11-016383-7, S. 145. Schraffur im Original durch Farben ersetzt.
  2. Wojciech Nowakowski: Die Germanen in der polnischen Archäologie. In: Germanen. Eine archäologische Bestandsaufnahme. Hrsg. Staatliche Museen zu Berlin und LVR LandesMuseum Bonn. Theiss, Darmstadt 2021, S. 465–479, hier: S. 474.
  3. a b Teresa DąbrowskaPrzeworsk-Kultur. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 23, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-017535-5, S. 540–553.
  4. Artur Błażejewski: Kultura przeworska a reńsko-wezerska strefa kulturowa. 2007, S. 199: (…) the help of criteria organised on the basis of analysis of finds from Przeworsk culture territory in a comparison against material from the Rhine.
  5. Nowakowski 2021, S. 474.
  6. Mathias Seidel: Siedlungsfunde der Przeworsk-Kultur aus Hanau-Mittelbuchen, Main-Kinzig-Kreis, Hessen. Ein Beitrag zu den spätlatènezeitlichen Kultur- und Bevölkerungsverhältnissen in der Wetterau. In: Alt-Thüringen. 33. 1999, S. 181–230 (zs.thulb.uni-jena.de).