Liste historischer Krankheitsbezeichnungen

Die Liste historischer Krankheitsbezeichnungen ordnet alten Bezeichnungen von Erkrankungen aktuelle Bezeichnungen zu.

Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass sich eine medizinhistorische Diagnose in kaum einem Fall mit Sicherheit einer modernen Krankheit zuordnen lässt, selbst wenn die Symptome ähnlich erscheinen. Ein prominentes Beispiel ist der Patient Ludwig van Beethoven, dessen „Schwindsucht“ je nach neuerer Quelle durch Typhus, Leberzirrhose, Sarkoidose oder Bleivergiftung verursacht gewesen sein soll. In jedem Fall muss mit der direkten Übersetzung historischer Krankheitsbezeichnungen vorsichtig umgegangen werden.

Liste

Historischer Name Heutige Krankheiten, die mit gewisser Wahrscheinlichkeit den Symptomen zugeordnet werden können
Abzehrung siehe Auszehrung
Albschoss Rheuma, Hexenschuss
Antoniusfeuer
Antoni Rache
Mutterkornvergiftung, auch Milzbrand, Pest
Apostem(a) griechisch-lateinisch für Abszeß[1] oder Geschwür[2]
Aussatz generalisierte Ekzeme, Tinea, Lepra, Schuppenflechte, Krätze
Auszehrung Krankheitsbilder mit Kräfteverfall und starkem Untergewicht, z. B. Krebs, Tuberkulose; siehe auch #Schwindsucht
Bangigkeit Krampfanfälle, Epilepsie
Bauchwassersucht Aszites
Blattern Pocken
Blödsinnigkeit auf (angeborenem) Hirnschaden beruhende Blödheit, Dummheit, Schwachsinn, Unzurechnungsfähigkeit, Demenz; in Abgrenzung zum psychisch bedingten oder sozial unangepassten #Wahnsinn
Blutsturz Bluterbrechen, Blutdurchfall; häufig als Todesursache genannt
Blutlauf Ruhr, Cholera und ähnliche schwere Durchfallerkrankungen
Brand Gangrän, periphere arterielle Verschlusskrankheit
Bräune Diphtherie
bresthaft körperlich oder geistig behindert, altersschwach, gebrechlich
Consumptio siehe Auszehrung
Darre „Austrocknen der Säfte“ nach der Humoralpathologie; siehe auch Auszehrung
Dusel Pest, Typhus, Grippe, auch Schwindelgefühl
Englische Krankheit Rachitis
Epidemischer Katarrh
epidemisches Katarrhalfieber[3]
Grippe; vgl. auch #Russischer Katarrh
epidemischer Schnupfen[3] Grippe
Fallsucht
fallende Sucht[4]
Epilepsie
Fluss[5] Rheuma, Menstruation;
vgl. auch #Schlagfluss, #Steckfluss
Fraisen Epilepsie, Krampfanfälle
Friesel, Frieselfieber[6] Miliaria,[7] im weiteren Sinne jede Art von Fieber mit Ausschlag
Französische Krankheit
(auch Spanische, Gallische K., German disease)
Syphilis
Gallische Krankheit siehe #Französische Krankheit
Gallsucht Gelbsucht
German disease
(englisch für „Deutsche Krankheit“)
Syphilis; vgl. #Französische Krankheit
Geschwulst Tumor, Kropf, Hühneraugen, Überbein, Warzen
Glasfriesel Windpocken („Wasserpocken“)
Gliederschwund Krebs
Gliedschwamm Gelenkschmerzen
Grüner Star Glaukom
Halsbräune Diphtherie; vgl. #Bräune
Hitzige Krankheit Typhus
Influenza alle Infektionen; später Grippe
Kachexie siehe Auszehrung
Krebs Geschwür, Tumor, jede um sich fressende Krankheit, also auch eine vernachlässigte Wunde oder Nekrose
Krupp[8] Diphtherie
Lungenlähmung allgemeine Bezeichnung für eine Todesursache durch Atemstillstand nach Lungenversagen
Marasmus siehe Auszehrung
Maselsucht Lepra (Aussatz)[9] oder Syphilis[10]
Melancholie Depressionen
Milzsucht Hypochondrie
Mondsucht Somnambulismus
Nervenfieber Typhus oder Dysenterie
Parentialfieber Typhus
Phthisis siehe Auszehrung
Raserei Manie; siehe auch #Wahnsinn
Rotlauf Erysipel, Gürtelrose, Neurodermitis, Akne und andere Hautausschläge
Ruhr Dysenterie
Russische Krankheit[11] Grippe; später auch Typhus[12]
Russischer Katarrh[3] Grippe; vgl. auch #Russische Krankheit
Satthals Struma
Scharbock Skorbut
Schlagfluss Schlaganfall
Schleimfieber[13] Typhus
Schnupfenfieber[3][11] Grippe
Schüttellähmung Parkinson-Krankheit
Schwarzer Tod Pestepidemie
Schwindsucht Tuberkulose, Krebs
Seitenkrankheit Pleuritis, Gelbsucht
Spanische Krankheit siehe #Französische Krankheit; auch Spanische Grippe
Star[14] verschiedene Augenkrankheiten; siehe auch grüner Star, grauer Star, schwarzer Star
Stickfieber mit Atemnot verbundenes Fieber, auch Febris suffocans oder praefocans
Steck- oder Stickfluß Asthma, Lungenödem
Sucht allg.: Krankheit; vgl. beispielsweise #Fallsucht, #Gallsucht, #Maselsucht, #Milzsucht, #Mondsucht, #Schwindsucht, #Wassersucht, #Weiße Sucht
Tabes siehe Auszehrung
Tanzwut
Veitstanz
mit Muskelzuckungen einhergehende Nervenkrankheiten, z. B. Chorea Huntington, Chorea minor, Epilepsie, Mutterkornvergiftung
Wahnsinn Psychische Störung, ein der sozialen Norm widersprechendes Verhalten; in Abgrenzung zur auf einem Hirnschaden beruhenden #Blödsinnigkeit bzw. Schwachsinn; siehe auch #Raserei
Wasserscheu Tollwut
Wassersucht Hydrops, Ödem, Anasarka
Wechselfieber Malaria
Weiße Sucht Syphilis
Wolf siehe #Krebs;
auch Intertrigo, Feigwarzen, Wundrötung, Narbenflechte
Wurm um sich fressendes (Haut-)Geschwür (bei Pferden auch Lymphangitis bei Rotz);[15] auch allgemein Krankheit[16]
Wurmfieber Darmentzündungen (Enteritis)
Ziegenpeter Mumps
Zips Grippe
Zipperlein Fußgicht

Literatur

  • Max Höfler: Deutsches Krankheitsnamen-Buch. Piloty & Loehle, München 1899; archive.org (Reprografischer Nachdruck: Olms, Hildesheim / New York 1970 und 1979, ISBN 1-174-35859-9).
  • Jörg Riecke: Die Frühgeschichte der mittelalterlichen medizinischen Fachsprache im Deutschen. Band 2: Wörterbuch. De Gruyter, Berlin / New York 2004, ISBN 3-11-017828-1.
  • Wolfgang Schindler, Jürgen Untermann (Hrsg.): Grippe, Kamm und Eulenspiegel. Festschrift für Elmar Seebold zum 65. Geburtstag. De Gruyter, Berlin / New York 1999.

Einzelnachweise

  1. Apostem. In: Herders Conversations-Lexikon. 1. Auflage. Band 1. Herder, Freiburg im Breisgau 1854, S. 221 (Digitalisat. zeno.org).
  2. Angela Sendlinger: Deutsch Fremdwörter. Compact Verlag, 2008, ISBN 978-3-8174-7728-9, S. 72 (google.com [abgerufen am 11. Oktober 2012]).
  3. a b c d Grippe. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 8: Glashütte–Hautflügler. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1907, S. 346–347 (Digitalisat. zeno.org).
  4. fallend. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 3: E–Forsche – (III). S. Hirzel, Leipzig 1862 (woerterbuchnetz.de).
  5. Flusz. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 3: E–Forsche – (III). S. Hirzel, Leipzig 1862 (woerterbuchnetz.de).
  6. Michael Brendler: Mozart starb an Frieselfieber. Aber was ist das? In: NZZ am Sonntag, 23. Juni 2017.
  7. Friesel. [1]. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Band 6: Europa–Gascogne. Altenburg 1858, S. 744–745 (Digitalisat. zeno.org).
  8. Krupp. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 11: Kimpolung–Kyzĭkos. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1907, S. 750 (Digitalisat. zeno.org).
  9. Maselsucht. In: Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der oberdeutschen. Zweyte, vermehrte und verbesserte Ausgabe, Leipzig 1793–1801 (woerterbuchnetz.de).
  10. Liste historischer Krankheitsbezeichnungen (Memento des Originals vom 23. September 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.danzig.de danzig.de
  11. a b Grippe. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 9: Greander–Gymnastik – (IV, 1. Abteilung, Teil 6). S. Hirzel, Leipzig 1935 (woerterbuchnetz.de).
  12. Johann Georg Krünitz: Oeconomische Encyclopädie. Band 129, Berlin 1821, S. 62.
  13. Typhus-Merkblatt. In: Typhus-Merkblatt: Bearbeitet im Reichsgesundheitsamte. Springer, Berlin / Heidelberg 1922, ISBN 3-662-29640-3, S. 3–6, doi:10.1007/978-3-662-29640-0_1.
  14. Star [2]. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 18: Schöneberg–Sternbedeckung. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1909, S. 855–856 (Digitalisat. zeno.org).
  15. Hans-Peter Hils: Meister Albrants Roßarznei. Über eine unbekannte Abschrift von Meister Albrants Roßarznei aus dem 16. Jahrhundert. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 3, 1985, S. 77–99, hier: S. 88 („So daz ros den wurm hat zwischen der haut in dem vleisch“) und 91 f.
  16. Der Wurm wurde als Krankheitserreger oder „Krankheitsdämon“ gedacht. Wurm. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 30: Wilb–Ysop – (XIV, 2. Abteilung). S. Hirzel, Leipzig 1960 (woerterbuchnetz.de). Jörg Riecke: Die Frühgeschichte der mittelalterlichen medizinischen Fachsprache im Deutschen. Band 1: Untersuchungen. De Gruyter, Berlin / New York 2004, ISBN 3-11-017828-1, S. 530.