Konrad Witz
Konrad Witz (* um 1400 wahrscheinlich in Rottweil; † um 1446 in Basel) war ein oberdeutscher Maler in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Er zählt gemeinsam mit Hans Hirtz zu den bedeutendsten Vertretern der oberrheinischen Malerei der Spätgotik bzw. der von den Niederländern, vor allem von Jan van Eyck, beeinflussten ars nova.
Leben
Wo Witz seine Ausbildung erhalten hat, ist ungeklärt. In der kunsthistorischen Forschung wird davon ausgegangen, dass er seine Wanderjahre in Burgund und in den Niederlanden verbrachte. Der Kunsthistoriker Florens Deuchler vermutet eine Studienreise nach Italien, die ihn nach Ferrara und sogar nach Florenz geführt habe.[1] In Florenz, so Deuchler, soll er mit der Kunst der italienischen Frührenaissance in Kontakt gekommen sein und somit eine „Scharnierfunktion“ zwischen der Kunst südlich und nördlich der Alpen übernommen haben. In jedem Fall war Basel zur Zeit Witz’ ein Zentrum internationalen Austausches, da dort von 1431 bis 1449 das Basler Konzil stattfand. Witz konnte dort mit reichen Mäzenen und bedeutenden Künstlern in Kontakt kommen.
Erst im Jahr 1897 wurde die Signatur von Konrad Witz auf dem Originalrahmen des Petrusaltares, den Witz für die Genfer Kathedrale St. Peter geschaffen hatte, durch Daniel Burckhardt-Werthemann, einen an der Öffentlichen Kunstsammlung Basel tätigen Kunsthistoriker, entdeckt.[2] Auf dem Rahmen ist zu lesen: „Dieses Werk malte Meister Konrad Witz aus Basel 1444“ (Im lateinischen Original: „hoc opus pinxit magister conradus sapientis“[3]de basilea mccccxliiii). Rasch brachte man Witz mit Meister Konrad von Rottweil in Basel in Verbindung.
Die älteste Quelle, die ihn erwähnt, befindet sich in Basel, wo er am 21. Juni 1434 als Konrad von Rottweil in die dortige Zunft zum Himmel aufgenommen wurde. Zu dieser Zunft gehörten neben anderen auch die Maler. 1435 erhielt er das Basler Bürgerrecht. Er war zudem Mitglied der dortigen Lukasgilde.
Es sind nur Werke seiner letzten zwölf Lebensjahre bekannt. 1443 kaufte er in Basel das Haus Zum Pflug. Das späteste Lebenszeichen ist die Inschrift in dem Gemälde Der wunderbare Fischzug, die das Datum „1444“ angibt. 1447 wurde seine Frau Ursuline als Witwe erwähnt.
Werk
Der Petrusaltar (auch Genfer Altar) mit seinen vier Tafeln ist das einzige signierte Werk von Witz, von dem die weiteren Zuschreibungen der Kunsthistoriker ausgehen.
Witz befasste sich kühn mit den Problemen, dreidimensionale Wirklichkeit in die zweidimensionale Malerei umzugestalten, und Innen- und Außenräume in der richtigen Perspektive zu porträtieren. Obwohl seine Innenperspektive nicht mathematisch richtig ist, stellt sie eine bemerkenswerte Tiefe dar. Im Wunderbaren Fischzug, einer Tafel des Petrusaltars, verlegt Witz die Szenerie des Sees Genezareth in die getreu abgebildete Landschaft des Genfersees mit dem Berg Le Môle und Petit Salève im Hintergrund. Es stellt dies die erste topografisch genau bestimmbare Landschaftsdarstellung der europäischen Malerei dar.[4] Charakteristisch ist seine realistische Darstellung von Materialien, besonders des Glanzes von Metall, wie bei den Ritterrüstungen und Goldschmiedewerken auf seinen Bildern.
Heilsspiegelaltar
Der Heilsspiegelaltar (um 1430/1435, auf mit Leinwand überzogene Eichenholztafeln gemalt) ist das Hauptwerk des Künstlers. Er schuf ihn vermutlich für die Augustinerchorherren-Stiftskirche St. Leonhard in Basel. Das Werk ist heute in Einzeltafeln zersägt, wobei die Vorder- von den Rückseiten getrennt wurden. Nicht alle Tafeln sind erhalten, sodass eine vollständige Rekonstruktion nicht möglich ist. Bei den erhaltenen Tafeln handelt es sich offenbar um Reste der Altarflügel. Der Mittelschrein, der möglicherweise geschnitzte Figuren oder Reliefs enthielt, die vielleicht von einem anderen Künstler stammten, ist verloren. Die Themen sind dem Heilsspiegel entnommen, einem mittelalterlichen Erbauungsbuch, in dem Ereignisse des Alten Testamentes und der antiken Geschichte als Vorläufer von Ereignissen des Neuen Testamentes dargestellt werden. Beispielsweise gelten die drei Helden vor König David als Vorläufer der Heiligen Drei Könige bei der Anbetung des Jesuskindes. Symbolisch überhöht wird diese Thematik durch die Gegenüberstellung von Ecclesia und Synagoge als Vertreterinnen des Christentums (Neues Testament) und des Judentums (Altes Testament). Hinzu treten die Heiligen (Augustinus und Bartholomäus).
Bild | Teil/Tafel | Höhe (in cm)[5] | Breite (in cm)[5] | Ausstellung/Sammlung/Besitzer |
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Außenseite, linker Flügel | ||||
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86,3 (l.), 86,0 (r.) | 80,4 (o.), 80,1 (u.) | Kunstmuseum Basel | |
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86,4 (l.), 86,4 (r.) | 69,1 (o.), 68,7 (u.) | Kunstmuseum Basel | |
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103,0 | 81,5 | Musée des Beaux-Arts, Dijon | |
Außenseite, rechter Flügel | ||||
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86,1 (l.), 86,1 (r.) | 80,7 (o.), 80,6 (u.) | Kunstmuseum Basel | |
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99,5 (l.), 99,5 (r.) | 70,0 (o.), 69,7 (u.) | Kunstmuseum Basel | |
Innenseite, linker Flügel | ||||
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86,0 (l.), 86,0 (r.) | 69,6 (l.), 69,8 (r.) | Kunstmuseum Basel | |
85,4 (l.), 85,2 (r.) | 79,4 (o.), 79,5 (u.) | Kunstmuseum Basel | ||
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103,3 | 82,0 | Musée des Beaux-Arts, Dijon | |
Innenseite, rechter Flügel | ||||
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84,5 (l.), 84,5 (r.) | 80,1 (o.), 79,9 (u.) | Staatliche Museen zu Berlin | |
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84,4 (l.), 84,8 (r.), original: 77,5 (l.), 78,0 (r.) |
68,7 (o.), 68,5 (u.) | ||
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99,3 (l.), 99,2 (r.) | 70,3 (o.), 70,4 (u.) | Kunstmuseum Basel | |
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101,5 (l.), 101,7 (r.) | 81,4 (o.), 80,9 (u.) | Kunstmuseum Basel |
Andere Werke
Bild | Titel | Datierung | Maße, Material | Ausstellung/Sammlung/Besitzer |
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Hl. Christophorus | 1435 | 102 × 81 cm, Tempera auf Eichenholz | Kunstmuseum Basel | |
Die Heiligen Katharina und Maria Magdalena | um 1440 | 161 × 131 cm, Tempera auf Holz | Musée de l’Œuvre Notre-Dame, Straßburg | |
Die Verkündigung an Maria[6] | um 1437/1440 | 157 × 120 cm, Tempera auf Tannenholz | Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg | |
Kreuzigung | 1444 | 34 × 26 cm, Nussbaumholz, übertragen auf Leinwand | Gemäldegalerie, Berlin | |
Petrusaltar | ||||
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1444 | 132 × 154 cm, Tempera auf Tannenholz | Musée d’art et d’histoire, Genf | |
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1444 | 132 × 154 cm, Tempera auf Tannenholz | Musée d’art et d’histoire, Genf | |
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1444 | 132 × 154 cm, Tempera auf Tannenholz | Musée d’art et d’histoire, Genf | |
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[1] | Die Begegnung an der Goldenen Pforte (Rückseite der Verkündigung an Maria im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg) |
158 × 121 cm, Tannenholz | Kunstmuseum Basel | |
Madonna aus Olsberg bei Rheinfelden | Kunstmuseum Basel | |||
[2] | Die hl. Familie mit Heiligen in der Kirche | 63,5 × 44,3 cm, Holz | Museo di Capodimonte, Neapel | |
Wandmalereien des Basler Totentanzes | Historisches Museum Basel (Fragmente) |
Werkstatt
- Sechs Karten des Ambraser Hofjagdspiels (Kunstkammer Wien)
- Der Fürbittaltar (Staatliche Museen zu Berlin / Kunstmuseum Basel)
Literatur
- Daniel Burckhardt-Werthemann: Wie Konrad Witz der Vergessenheit entrissen wurde, in: ders.: Vom alten Basel und seinen Gästen, Basel o. J., S. 88–111.
- Daniel Burckhardt-Werhemann. Aus der Vorgeschichte des Konrat Witz und von den Höhepunkten seiner ersten Basler Tätigkeit. In: Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 5, 1943, Heft 2, S. 65–65 (Digitalisat).
- Joseph Gantner (Einf.): Konrad Witz. Der Heilspiegelaltar. Reclam-Verlag, Stuttgart 1969.
- Harriet Brinkmöller-Gandlau: Witz, Konrad. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 13, Bautz, Herzberg 1998, ISBN 3-88309-072-7, Sp. 1440–1443.
- Dorothee Eggenberger: Die Basler Heilspiegelbilder. Ein Auftragswerk von König René d’Anjou und Kardinallegat Giuliano Cesarini? In: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 67, 2010, S. 83–112.
- Bodo Brinkmann: Konrad Witz (anlässlich der Ausstellung Konrad Witz, Kunstmuseum Basel, 6. März – 3. Juli 2011). Hatje Cantz, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-7757-2760-0.
- Karin Althaus: Konrad Witz. Ein Pionier der Malerei im 15. Jahrhundert. Langewiesche, Königstein im Taunus 2011, ISBN 978-3-7845-1901-2.
- Frédéric Elsig, Cäsar Menz (dir.): Konrad Witz. Le maître-autel de la cathédrale de Genève. Slatkine, Genf 2013.
- Jana Lucas: Europa in Basel. Das Konzil von Basel 1431–1449 als Laboratorium der Kunst. Basel 2017.
Weblinks
- Literatur von und über Konrad Witz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Dorothee Eggenberger,: Witz, Konrad (Conrad). In: Sikart
- Werke von Konrad Witz bei Zeno.org
- Konrad Witz bei artcyclopedia.com
- Ausstellung Konrad Witz vom 6. März – 3. Juli 2011 im Kunstmuseum Basel
Einzelnachweise
- ↑ Florens Deuchler: Konrad Witz, la Savoie et l’Italie. Nouvelles hypothéses à propos du retable de Genève. In: Revue de l’art, 71, 1986, S. 7–16.
- ↑ Daniel Burckhardt, In: Festschrift zur Erinnerung an Basels Eintritt in den Bund der Eidgenossen. Abschnitt Malerei, Schweighauser, Basel 1901, S. 273.
- ↑ Der Nachname „Witz“ wird als sapientia ‚Weisheit‘ in diesem Sinn übersetzt.
- ↑ Jan Bialostocki: Propyläen Kunstgeschichte, Band 6, Berlin 1967, S. 212.
- ↑ a b Bodo Brinkmann: Konrad Witz (anlässlich der Ausstellung Konrad Witz, Kunstmuseum Basel, 6. März – 3. Juli 2011). Hatje Cantz, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-7757-2760-0.
- ↑ Germanisches Nationalmuseum: Online Objektkatalog "Die Verkündigung an Maria".
Personendaten | |
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NAME | Witz, Konrad |
ALTERNATIVNAMEN | Konrad von Rottweil; Witz, Conrad |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-schweizerischer Maler |
GEBURTSDATUM | um 1400 |
GEBURTSORT | Rottweil |
STERBEDATUM | um 1446 |
STERBEORT | Basel |