Kommunalwahlen in Bayern 2020

Wahlwerbung in der Gemeinde Gröbenzell (Oberbayern)

Die Kommunalwahlen in Bayern 2020 fanden am 15. März 2020 in allen Kommunen des Freistaats Bayern als Wahl der Gemeinde- und Landkreisvertretungen sowie in der überwiegenden Zahl der Gemeinden und Landkreise als Wahl der (Ober-)Bürgermeister und Landräte statt. In den Körperschaften, in denen keiner der Bewerber mehr als 50 % erreicht hat, wurde am 29. März in einer Stichwahl zwischen den beiden führenden Kandidaten erneut abgestimmt. Die Amtszeiten der Gewählten begannen am 1. Mai 2020.

Insgesamt waren in den 71 Landkreisen, 25 kreisfreien Städten und über 2000 Gemeinden Bayerns rund 39.500 Mandate zu besetzen. Die Kommunalvertretungen werden nach dem bayerischen Kommunalwahlrecht alle sechs Jahre in allgemeinen Wahlen in einer Verbindung aus Kumulieren und Panaschieren gewählt, wobei jeder Wähler in der Regel so viele Stimmen hat, wie Gemeinderats- und Kreistagssitze zu vergeben sind.[1]

Bei den Kommunalwahlen wurden wegen der COVID-19-Pandemie Vorsichtsmaßnahmen getroffen, die nach Ansicht einiger Wahlhelfer unzureichend waren. Auch darum wurde kritisiert, dass die Wahlen überhaupt durchgeführt wurden.[2]

Interesse an der Wahl

Das Interesse an der bayerischen Kommunalwahl war außerordentlich hoch. 79 % der befragten Bürger gaben in einer Umfrage ein starkes oder sogar sehr starkes Interesse an, 9 % mehr gegenüber der Wahl von 2014.[3] Die Wahlbeteiligung stieg auf 58,8 %.[4]

Neuerungen beim Wahlrecht

Bei der Kommunalwahl 2020 wurde erstmals nach dem Sainte-Laguë-Verfahren, das das seit 2013 geltende Hare/Niemeyer-Verfahren ersetzt, ausgezählt. Hierbei werden die Stimmen der Parteien durch eine bestimmte Zahl, den Divisor, der bei jeder Wahl neu ermittelt werden muss, geteilt. Aus den gerundeten Ergebnissen wird die Anzahl der Mandate für jede Partei ermittelt. Es gilt als das Auszählungsverfahren, bei dem die geringsten Benachteiligungen für große wie kleine Parteien auftreten. Die CSU hatte für eine Auszählung nach dem D’Hondt-Verfahren plädiert, das die kleinen Parteien benachteiligt.[5][6]

Durch das neue bayerische Kommunalwahlrecht wurden außerdem Listenverbindungen abgeschafft. Im Gegenzug dürfen unter bestimmten Voraussetzungen aus einzelnen Parteien mehrere Listen zur Wahl angemeldet werden.[7]

COVID-19 und Briefwahlen

Die Briefwahl wurde auch, aber nicht allein, aufgrund der COVID-19-Pandemie in Bayern bereits am 15. März 2020 verstärkt in Anspruch genommen.[8]

Am 29. März 2020 wurden die erforderlichen Stichwahlen nach einer Gesetzesänderung als reine Briefwahlen durchgeführt.[9] Den Wahlberechtigten wurden die Unterlagen automatisch zugestellt.[10][11]

Vor diesem Hintergrund schlug Landtags-Vizepräsident Markus Rinderspacher (SPD) vor, künftig auch bei Landtags- und Bundestagswahlen so zu verfahren; die Wahllokale sollten abgeschafft werden.[12][13] Angesichts wachsender Mobilität sei dies eine „zeitgemäße, bürgerfreundliche und sinnvolle Wahlvariante.“[14][15][16]

Die Auszählung der Stimmen hat bedingt durch die COVID-19-Pandemie mehr Zeit in Anspruch genommen als üblich, da sich viele Wahlhelfer kurzfristig krankgemeldet haben oder aus Vorsicht zu Hause geblieben sind. In München hat deshalb Oberbürgermeister Dieter Reiter verbeamtete Lehrer verpflichtet, bei der Auszählung zu helfen.[17]

Ergebnis

Kommunalwahlen in Bayern 2020
Wahl der Stadträte in den kreisfreien Städten und der Kreistage[18]
 %
40
30
20
10
0
34,5
17,3
13,7
9,3
8,6
4,7
4,1
2,7
2,6
2,5
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2014
 %p
   8
   6
   4
   2
   0
  −2
  −4
  −6
  −8
−5,2
+7,1
−7,0
+5,6
−6,7
+4,4
+0,3
+0,3
+0,5
+0,7
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Anmerkungen
Anmerkungen:
d gemeinsame Wahlvorschläge mehrerer Parteien oder Wählergruppen
e Wählergruppen, ohne die Landesvereinigung Freie Wähler Bayern

Stadträte der kreisfreien Städte und Kreistage der Landkreise

Ergebnis der Kommunalwahlen vom 15. März 2020[18]
Partei krfr. Städte % +/- Kreistage % +/- insgesamt % +/-
CSU 381.925 27,6 -6,0 1.629.865 36,6 -4,7 2.011.790 34,5 -5,2
GRÜNE 320.615 23,2 +10,6 689.567 15,5 +6,0 1.010.182 17,3 +7,1
SPD 282.391 20,4 -9,9 515.198 11,6 -6,2 797.589 13,7 -7,0
gem. WV 65.672 4,7 +1,8 475.244 10,7 +6,8 540.916 9,3 +5,6
Wählergruppen 88.469 6,4 -3,1 415.776 9,3 -7,9 504.245 8,6 -6,7
AfD 65.397 4,7 +3,4 211.743 4,8 +4,7 277.140 4,7 +4,4
FW 13.861 1,0 +0,1 223.771 5,0 +0,4 237.632 4,1 +0,3
FDP 46.154 3,3 +0,3 113.190 2,5 +0,2 159.344 2,7 +0,3
ÖDP 48.167 3,5 +0,9 103.824 2,3 +0,4 151.991 2,6 +0,5
DIE LINKE 42.205 3,0 +1,3 45.241 1,0 +0,9 87.446 1,5 +1,0
BP 3.923 0,3 -0,1 25.776 0,6 -0,2 29.699 0,5 -0,1
Die PARTEI 10.179 0,7 [+0,7] 614 0,0 [+0,0] 10.793 0,2 [+0,2]
Volt 10.318 0,7 [+0,7] 10.318 0,2 [+0,2]
Sonstige 5.087 0,4 -0,1 1.693 0,0 -0,4 6.780 0,1 -0,4

Die CSU blieb mit deutlichem Abstand stärkste Partei, musste aber erhebliche Einbußen hinnehmen und erreichte mit gut 34 Prozent eines der schlechtesten Resultate der Landesgeschichte. Die Grünen steigerten ihr schon 2014 erzieltes Rekordergebnis noch einmal und wurden mit über 17 % zweitstärkste Kraft im Freistaat. Dagegen erlebte die SPD nach ihrem Negativrekord von 2014 erneut einen Absturz und landete bei nur noch knapp 14 Prozent. Bei den Ergebnissen für die gemeinsamen Wahlvorschläge und die Wählergruppen waren starke Veränderungen zu verzeichnen. Von den gemeinsamen Wahlvorschlägen entfiel die weit überwiegende Mehrheit (7,9 %) auf von den Freien Wählern und bis dahin selbständig antretenden Freien Wählergemeinschaften und anderen Wählergruppen aufgestellte Listen. In der Verrechnung ist der Unterschied zu 2014 daher eher gering. Die AfD trat 2020 in den meisten Kreisen und kreisfreien Städten an und konnte somit ihr Ergebnis verbessern. Unter den sonstigen Parteien ist im Säulendiagramm unter anderem Die Linke subsumiert, die ebenfalls für mehr Gremien kandidierte und auf ein Ergebnis von 1,5 % kam. Verluste erlitten die Bayernpartei, die Piratenpartei, die nur noch in Hof eigenständig kandidierte, und die Republikaner, die noch zwei Mandate gewannen. An neu antretenden Parteien sind Die PARTEI, Volt und die V-Partei³ zu nennen, die vereinzelt in die Stadträte bzw. Kreistage einzogen, für die sie kandidierten. Einen Sitz erreichten Die Franken in Hof. In Erlangen und Kempten traten erstmals so genannte Klimalisten an, wobei diese Bewegung in Erlangen ihren Ausgang nahm. In beiden Städten gelang der Einzug in den Stadtrat mit jeweils zwei Mandaten.

Gewählte Oberbürgermeister und Landräte

Übersicht
Wahlvorschlag Oberbürgermeister Landräte Zusammen
CSU 9 44 53
Freie Wähler (Landesvereinigung) 2 2
SPD 12 1 13
CSU und andere 2 6 8
FDP 1 1
GRÜNE 1 1
Freie Wähler und andere 6 6
Sonstige gemeinsame Wahlvorschläge 1 1
Wählergruppen 3 3
Gesamt 24 64 88
Keine Wahl an diesem Termin 1 7 8
Oberbürgermeisterwahl in kreisfreien Städten *
Kreisfreie Stadt Oberbürgermeister(in) Wahlvorschlag Stichwahl
Amberg Michael Cerny CSU
Ansbach Thomas Deffner CSU ja
Aschaffenburg Jürgen Herzing SPD ja
Augsburg Eva Weber CSU ja
Bamberg Andreas Starke SPD ja
Bayreuth Thomas Ebersberger CSU ja
Coburg Dominik Sauerteig SPD ja
Erlangen Florian Janik SPD ja
Fürth Thomas Jung SPD
Hof Eva Döhla SPD ja
Ingolstadt Christian Scharpf SPD ja
Kaufbeuren Stefan Bosse CSU
Kempten (Allgäu) Thomas Kiechle CSU/Freie Wähler/Freie Wähler-ÜP
Landshut Alexander Putz FDP ja
Memmingen
München Dieter Reiter SPD ja
Nürnberg Marcus König CSU ja
Passau Jürgen Dupper SPD
Regensburg Gertrud Maltz-Schwarzfischer SPD ja
Rosenheim Andreas März CSU ja
Schwabach Peter Reiß SPD ja
Schweinfurt Sebastian Remelé CSU
Straubing Markus Pannermayr CSU
Weiden in der Oberpfalz Jens Meyer SPD ja
Würzburg Christian Schuchardt CSU/FDP/Bürgerforum Würzburg

* Wiedergewählte farbig unterlegt

Landratswahl *
Landkreis Landrat/Landrätin Wahlvorschlag Stichwahl
Aichach-Friedberg Klaus Metzger CSU
Altötting Erwin Schneider CSU
Amberg-Sulzbach Richard Reisinger CSU
Ansbach Jürgen Ludwig CSU ja
Aschaffenburg Alexander Legler CSU
Augsburg Martin Sailer CSU
Bad Kissingen Thomas Bold CSU
Bad Tölz-Wolfratshausen Josef Niedermaier Freie Wähler ja
Bamberg Johann Kalb CSU ja
Bayreuth Florian Wiedemann FWG ja
Berchtesgadener Land Bernhard Kern CSU ja
Cham Franz Löffler CSU
Coburg
Dachau Stefan Löwl CSU
Deggendorf Christian Bernreiter CSU
Dillingen an der Donau
Dingolfing-Landau Werner Bumeder CSU/JBL
Donau-Ries Stefan Rößle CSU/AL/JB
Ebersberg Robert Niedergesäß CSU
Eichstätt Alexander Anetsberger CSU ja
Erding Martin Bayerstorfer CSU ja
Erlangen-Höchstadt Alexander Tritthart CSU
Forchheim Hermann Ulm CSU
Freising Helmut Petz Freie Wähler/FW Kreis Freising e. V. ja
Freyung-Grafenau Sebastian Gruber CSU
Fürstenfeldbruck Thomas Karmasin CSU
Fürth Matthias Dießl CSU
Garmisch-Partenkirchen Anton Speer FWL
Günzburg Hans Reichhart CSU/Freie Wähler/JU
Haßberge Wilhelm Schneider CSU
Hof Oliver Bär CSU
Kelheim Martin Neumeyer CSU
Kitzingen Tamara Bischof Freie Wähler/Freie Wähler Kreisverband Kitzingen
Kronach
Kulmbach Klaus Peter Söllner FW/WGK/CSU/FDP
Landsberg am Lech Thomas Eichinger CSU
Landshut Peter Dreier Freie Wähler/Kreisverband Freie Wähler Landshut
Lichtenfels
Lindau (Bodensee) Elmar Stegmann CSU
Main-Spessart Sabine Sitter CSU ja
Miesbach Olaf von Löwis of Menar CSU ja
Miltenberg Jens Marco Scherf Grüne
Mühldorf am Inn Maximilian Heimerl CSU
München Christoph Göbel CSU ja
Neu-Ulm Thorsten Freudenberger CSU/JU
Neuburg-Schrobenhausen
Neumarkt in der Oberpfalz Willibald Gailler CSU
Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim Helmut Weiß CSU
Neustadt an der Waldnaab Andreas Meier CSU
Nürnberger Land Armin Kroder Freie Wähler/Freie Wähler Nürnberger Land
Oberallgäu Indra Baier-Müller Freie Wähler/Freie Wähler Oberallgäu ja
Ostallgäu Maria Rita Zinnecker CSU
Passau Raimund Kneidinger CSU/BU
Pfaffenhofen an der Ilm Albert Gürtner Freie Wähler/FW ja
Regen
Regensburg Tanja Schweiger Freie Wähler
Rhön-Grabfeld Thomas Habermann CSU
Rosenheim Otto Lederer CSU ja
Roth
Rottal-Inn Michael Fahmüller CSU
Schwandorf Thomas Ebeling CSU
Schweinfurt Florian Töpper SPD
Starnberg Stefan Frey CSU ja
Straubing-Bogen Josef Laumer CSU
Tirschenreuth Roland Grillmeier CSU
Traunstein Siegfried Walch CSU/BP/JL
Unterallgäu Alex Eder Freie Wähler Unterallgäu ja
Weilheim-Schongau Andrea Jochner-Weiß CSU ja
Weißenburg-Gunzenhausen Manuel Westphal CSU
Wunsiedel im Fichtelgebirge Peter Berek CSU
Würzburg Thomas Eberth CSU ja

* Wiedergewählte farbig unterlegt

Überall dort, wo im ersten Durchgang keiner der Kandidaten mehr als die Hälfte der Stimmen holte, fand am 29. März 2020 eine Stichwahl statt. Nach Angaben des Bayerischen Innenministeriums war das in 750 Gemeinden, Städten und Landkreisen der Fall, darunter in den fünf größten bayerischen Städten München, Nürnberg, Augsburg, Regensburg und Ingolstadt. Wegen der Coronakrise konnten die Wahlberechtigten an dieser Stichwahl ausschließlich per Briefwahl teilnehmen.

Mandate nach Parteien

Die nachfolgende Tabelle gibt Auskunft darüber, wie viele Mandate die jeweiligen Parteien in den Kreistagen bzw. Stadträten der kreisfreien Städte erhalten haben. In Klammern ist die Veränderung zur Kommunalwahl 2014 angegeben. Darüber hinaus ist die Gesamtzahl der errungenen Mandate angegeben.

CSU/JU Grüne Freie Wähler SPD AfD ÖDP FDP Linke Sonstige
Kreistage 1.633 (-187) 665 (+223) 749 (-2) 520 (-263) 202 (+200) 143 (+4) 121 (+8) 48 (+41) 289 (-34)
Stadträte der kreisfreien Städte 347 (-68) 224 (+91) 84 (-3) 208 (-94) 56 (+50) 40 (+6) 38 (+3) 37 (+14) 109 (0)
Gesamt 1.980 (-255) 889 (+314) 833 (-5) 728 (-357) 258 (+250) 183 (+10) 159 (+11) 85 (+55) 398 (-34)

Siehe auch

Commons: Kommunalwahlen in Bayern 2020 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bei Gemeinden bis 3000 Einwohnern können bis doppelt so viele Stimmen vergeben werden, wie insgesamt Kandidaten gewählt werden.
  2. Kritik an Kommunalwahl während Corona-Pandemie (Memento vom 16. März 2020 im Internet Archive), br.de, 15. März 2020.
  3. Bayerischer Rundfunk: Umfrage ergibt 79 % der befragten Bürger mit starkem oder sehr starkem Interesse, 14. März 2020.
  4. www.kommunalwahl2020.bayern.de
  5. Wie im Bund: Neues Wahlrecht für Bayerns Kommunen. 22. Februar 2018, abgerufen am 13. Juni 2019.
  6. Kommunalwahl 2020: So funktioniert das Auszählungsverfahren. 10. Januar 2019, abgerufen am 13. Juni 2019.
  7. Landtag erlässt neues Kommunalwahlrecht | Bayerischer Landtag. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. Januar 2020; abgerufen am 12. Januar 2020.
  8. Kommunalwahl: Wohl Briefwahl-Rekord in Ostbayern, auf br.de.
  9. Grüne sind große Verlierer bei Wahlen in Bayern: Stichwahl in Kommunen wegen Coronavirus nur als Briefwahl, tagesspiegel.de, 16. März 2020.
  10. Münchner Merkur Online vom 16. März 2020.
  11. Art. 60a GLKrWG, Art. 9a Abs. 2 BayIfSG
  12. Stichwahl im Zeichen von Corona: Eine reine Briefwahl, sueddeutsche.de, 29. März 2020
  13. Rinderspacher: Deutschland sollte ganz auf Briefwahl umstellen, merkur.de, 29. März 2020.
  14. Dauerhafte Abschaffung von Wahllokalen? SPD-Politiker mit revolutionärem Vorschlag. tz, 29. März 2020, abgerufen am 29. März 2020.
  15. Landtags-Vize Rinderspacher will nur noch Briefwahl. BR24, 29. März 2020, abgerufen am 29. März 2020.
  16. Kommunalwahl: Wählen wir bald nur noch per Briefwahl? BR24, 30. März 2020, abgerufen am 30. März 2020.
  17. Karin Finkenzeller: Siegen in Zeiten von Corona. In: Die Zeit. 16. März 2020, abgerufen am 3. Juli 2020.
  18. a b Kommunalwahl am 15.03.2020: Wahl der Stadträte und Kreistage (Vorläufiges Ergebnis), auf kommunalwahl2020.bayern.de.