Kernkraftwerk Oskarshamn

Kernkraftwerk Oskarshamn
Das Kernkraftwerk Oskarshamn
Das Kernkraftwerk Oskarshamn
Lage
Kernkraftwerk Oskarshamn (Schweden Süd)
Kernkraftwerk Oskarshamn (Schweden Süd)
Koordinaten 57° 24′ 56″ N, 16° 40′ 16″ OKoordinaten: 57° 24′ 56″ N, 16° 40′ 16″ O
Land Schweden
Daten
Eigentümer OKG Aktiebolag
Betreiber OKG Aktiebolag
Projektbeginn 1965
Kommerzieller Betrieb 6. Feb. 1972

Aktive Reaktoren (Brutto)

1  (1450 MW)

Stillgelegte Reaktoren (Brutto)

2  (1153 MW)
Eingespeiste Energie im Jahr 2006 15.736 GWh
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme 540.340[1] GWh
Website Homepage des Betreibers
Stand 18. Dezember 2019
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.

Das Kernkraftwerk Oskarshamn ist eines von drei aktiven Kernkraftwerken in Schweden. Die beiden anderen sind das KKW Forsmark und das KKW Ringhals. Die übrigen schwedischen Kernkraftwerke, KKW Ågesta und KKW Barsebäck wurden 1974 bzw. 1999/2005 stillgelegt.

Die Anlage befindet sich etwa 30 Kilometer nördlich von Oskarshamn direkt am Kalmarsund an der Ostseeküste und produziert mit dem Reaktor Oskarshamn 3 Strom. Alle drei Blöcke sind Siedewasserreaktoren.

Block 1 hatte eine Bruttoleistung von 492 MW[2] und Block 2 von 661 MW.[3] Der neueste Reaktorblock 3 leistete ursprünglich 1.050 MW und wurde bis 2008 auf 1.450 MW ausgebaut.[4]

Auf dem Gelände der Anlage liegt auch CLAB, das zentrale Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente aus allen schwedischen Reaktoren.

Betreiber

Betreiber ist die Oskarshamnsverkets Kraftgrupp AB, kurz OKG, die seit 1993 zu Sydkraft (heute eine Tochter von Uniper) gehört. Eigentümer von OKG sind Sydkraft (54,5 Prozent) und Fortum (45,5 Prozent).

Geschichte

Reaktor 1

Das Kraftwerk Oskarshamn steht auf der Halbinsel Simpevarp an einer Stelle, die vor Jahrtausenden als Gräberfeld genutzt wurde. Dieses Gräberfeld, bestehend aus mehreren Steinreihen und mindestens einem Steinhaufen ohne bedeutende Fundstücke, wurde im Zuge der Bauarbeiten komplett entfernt. Steine, die vermutlich als Seezeichen gedient hatten, wurden ebenfalls entfernt.

Die Halbinsel Simpevarp war zu Beginn der Eignungsuntersuchung für den Bau des Kraftwerks in den 1950er Jahren noch von Landwirtschaft und Fischerei geprägt. 1955 wurde ein Atomkraft-Konsortium mit Krångede und Sydkraft als größten Gesellschaftern gegründet, und vier Jahre später, im Jahr 1959, ein Antrag für den Bau eines Kernkraftwerks an diesem Standort eingereicht. 1962 verkauften die Bewohner ihre Grundstücke und verließen die Halbinsel.

Am 14. Juli 1965 wurde die Oskarshamns Kraftgrupp (OKG) gegründet; diese beauftragte ASEA-Atom (einer Tochter von ASEA) mit dem Bau eines 473 MW-Reaktors. 1966 genehmigte die Regierung Erlander III den Standort und die Bauarbeiten begannen. 1971 ging der Reaktor Oskarshamn 1 ans Netz. Im folgenden Jahr wurde das Kernkraftwerk Oskarshamn vom damaligen König Gustav VI. Adolf eingeweiht.[5]

1974 ging der bereits 1967 beantragte und 1969 genehmigte Reaktor Oskarshamn 2 mit einer Leistung von 661 MW ans Netz.

Nach der partiellen Kernschmelze im amerikanischen Kernkraftwerk Three Mile Island 2 im März 1979 folgte in Schweden am 23. März 1980 eine Volksabstimmung über die Zukunft der Kernenergie, in der drei Optionen zur Wahl gestellt wurden.[6] Die Wähler sprachen sich für einen schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie aus. Infolgedessen beschloss das schwedische Parlament 1980, dass keine weiteren Kernkraftwerke gebaut werden sollten. Die damals bereits im Bau befindlichen bzw. geplanten Projekte Oskarshamn 3 mit 1.000 MW sowie das zentrale Zwischenlager CLAB für abgebrannte Brennelemente aller schwedischen Reaktoren wurden jedoch noch fertiggestellt und beide 1985 eingeweiht.

In den folgenden Jahren wurden alle drei Reaktoren im Rahmen verschiedener Projekte modernisiert und ihre Leistung gesteigert.[7][8]

Nachdem es im Kernkraftwerk Forsmark am 25. Juli 2006 zu einem schweren Zwischenfall kam, wurden als Konsequenz zwei ähnlich konstruierte Blöcke (Block 1 und Block 2) in Oskarshamn vorläufig abgeschaltet.[9] Am 21. Dezember 2006 wurde das Konsortium AREVA NP, Siemens und Heitkamp mit der Modernisierung und Leistungserweiterung des 2. Reaktorblockes auf 845 MW beauftragt. Geplante Fertigstellung war 2013. Ende März 2014 wurde die Leistungserweiterung verschoben.[10]

Am 21. Mai 2008 wurde bei einer Kontrolle auf sprengstoffrelevante Chemikalien bei zwei Handwerkern das Vorhandensein von Triaceton-Tetraperoxid (TATP) angezeigt. Es könnte sich aber auch um Schmauchspuren eines Gewehres handeln. Das Kraftwerksgelände wurde daraufhin abgeriegelt. Die beiden Handwerker waren mit Servicearbeiten an dem abgeschalteten Block 2 zu Isolierarbeiten beschäftigt. Diese sind nicht Beschäftigte des Kraftwerkes, sondern eines Handwerksunternehmens. Die Männer wurden daraufhin wegen Verdachts auf Sabotage vorläufig festgenommen. Die Polizei durchsuchte die gesamte Anlage des Reaktors 2 mit Spürhunden, ohne dass weitere Spuren von Sprengstoffen gefunden wurden. Die Männer haben sich während ihrer Zeit im Kernkraftwerk frei über das Gelände bewegt und waren auch in sicherheitsrelevanten Räumen sowie in der Nähe des Reaktors.[11]

Am 23. Oktober 2011 ereignete sich ein Brand in der Turbinenhalle von Reaktor 2 aufgrund eines Öllecks, der allerdings schnell mit Handfeuerlöschern gelöscht werden konnte.[12]

Am 6. Dezember 2012 teilte die Atomaufsichtsbehörde Strålsäkerhetsmyndigheten (SSM) mit, dass Reaktor 2 umgehend abgeschaltet werden muss, da der Betreiber Sicherheitsauflagen nicht eingehalten habe: Die installierten Dieselgeneratoren sollen nicht zuverlässig funktioniert haben. Eine 2011 fällige Wartung bei einem der vier Generatoren sei bis zum Stilllegungsbescheid nicht durchgeführt worden, teilte die SSM mit.[13][14]

Am 20. Dezember 2012 wurde das Kernkraftwerk von der schwedischen Atomaufsichtsbehörde unter „besondere Aufsicht“ gestellt, die letzte Stufe vor dem Entzug der Betriebserlaubnis. Als Grund hierfür wurde genannt, dass der Betreiber mehrere Sicherheitsprobleme nicht in den Griff bekommen hätte. Demnach waren u. a. die Notstromgeneratoren, die nach einem Umbau des Reaktors 1 im Jahr 2002 installiert worden waren und dazu dienen, auch bei einem Stromausfall die sichere Kühlung des Reaktors zu gewährleisten, bis Dezember 2012 nicht betriebsbereit gewesen. Der Atomaufsichtsbehörde war dies laut eigenen Angaben bisher nicht aufgefallen, da für die Sicherheit die Reaktorbetreiber zuständig seien und sie nur die Aufsicht ausübe. Da sie nicht die Ressourcen habe, selbst alles zu kontrollieren, müsse sie sich hierzu auf Berichte der Betreiber verlassen.[15]

In der Nacht vom 29. auf den 30. September 2013 musste das AKW Oskarshamn wegen Verstopfung der Kühlmeerwasserleitungen durch Quallen außerplanmäßig heruntergefahren werden. Nach Schadenbeseitigung ging das AKW am 2. Oktober wieder ans Netz.[16]

Im Juni 2015 wurden Pläne E.Ons bekannt, in Block 2 sofort die Abwicklungsphase einzuleiten. Am 14. Oktober 2015 gab die Betreibergesellschaft OKG, bestehend aus E.On und dem finnischen Stromkonzern Fortum, bekannt, dass der zweite Block des KKW nicht mehr wieder angefahren werden solle. Am 22. Dezember 2016 wurde er endgültig abgeschaltet.

Für Block 1 sahen die Pläne ein vorzeitiges Aus im Jahr 2017, spätestens 2019 vor.[17] Als Datum dafür war schließlich der 29. Juni 2017 vorgesehen, jedoch führte am 17. Juni eine Betriebsstörung zur automatischen Abschaltung und bei einem Treffen am 19. Juni wurde entschieden, den Block für die verbleibenden 10 Tage nicht noch einmal anzufahren.[18][19]

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk Oskarshamn hat insgesamt drei Blöcke mit je einem Siedewasserreaktor:

Reaktor­block[1] Netto­leistung Brutto­leistung Einspeisung Baubeginn Netz­syn­chron­isation Kommer­zieller Betrieb Abschaltung
Oskarshamn – 1 473 MW 492 MW 109 TWh 01.08.1966 19.08.1971 06.02.1972 19.06.2017[20]
Oskarshamn – 2 638 MW 661 MW 154 TWh 01.09.1969 02.10.1974 01.01.1975 22.12.2016[21]
Oskarshamn – 3 1400 MW 1450 MW 287 TWh 01.05.1980 03.03.1985 15.08.1985 in Betrieb

Siehe auch

Commons: Kernkraftwerk Oskarshamn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Power Reactor Information System (PRIS): Kernkraftwerke in Schweden, Zusammenfassung. In: International Atomic Energy Agency (IAEA) (englisch)
  2. Oskarshamn 1. In: okg.se. Abgerufen am 20. Dezember 2020 (englisch).
  3. Oskarshamn 2. In: okg.se. Abgerufen am 20. Dezember 2020 (englisch).
  4. Oskarshamn 3. In: okg.se. Abgerufen am 20. Dezember 2020 (englisch).
  5. Simpevarp peninsula - a historic meeting. In: okg.se. Abgerufen am 20. Dezember 2020 (englisch).
  6. siehe auch en:1980 Swedish nuclear power referendum.
  7. Making the upgrade. Nuclear Engineering International, 3. Juni 2002, abgerufen am 18. Mai 2019 (englisch).
  8. The Oskarshamn extra. Nuclear Engineering International, 15. April 2009, abgerufen am 18. Mai 2019 (englisch).
  9. Vier Atomkraftwerke nach schwerem Störfall abgeschaltet. spiegel.de 3. August 2006.
  10. Oskarshamn-2: Leistungssteigerung verschoben. In: Nuklearforum Schweiz vom 25. März 2014. Abgerufen am 18. Mai 2019.
  11. Weiter Verwirrung um AKW-Zwischenfall in Schweden. In: Handelsblatt.com 21. Mai 2008. Abgerufen am 18. Mai 2019.
  12. Brand in schwedischem Atomreaktor Oskarshamn. In: Berliner Morgenpost vom 23. Oktober 2011. Abgerufen am 18. Mai 2019.
  13. Behörde verfügt sofortige Reaktor-Abschaltung im AKW Oskarshamn. In: Radio Schweden vom 6. Dezember 2012. Abgerufen am 18. Mai 2019.
  14. E.ON-Atomkraftwerk wird stillgelegt. In: Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) vom 7. Dezember 2012. Abgerufen am 18. Mai 2019.
  15. Eon-Atomkraftwerk in Schweden. AKW seit zehn Jahren ohne Notstrom. In: taz, 20. Dezember 2012. Abgerufen am 21. Dezember 2012.
  16. Quallen legen Atomreaktor lahm. In: sueddeutsche.de 2. Oktober 2013. Abgerufen am 18. Mai 2019.
  17. Eons Flucht aus der Atomkraft. In: klimaretter.info vom 26. Juni 2015. Abgerufen am 18. Mai 2019.
  18. Early Retirement for Pioneer Plant after 45 Years of Service - 19. Juni 2017 (Memento vom 6. Juli 2017 im Internet Archive)
  19. Schweden: Oskarshamn-1 stellt Betrieb endgültig ein. In: Nuklearforum. Medienmeldung vom 19. Juni 2017. Abgerufen am 18. Mai 2019.
  20. Stilllegung Oskarshamn 1 am 19. Juni 2017. In: Power Reactor Information System (PRIS) der Internationalen Atomenergie-Organisation.
  21. Stilllegung Oskarshamn 2 am 22. Dezember 2016. In: Power Reactor Information System (PRIS) der Internationalen Atomenergie-Organisation.