Jugendfilm
Unter einem Jugendfilm versteht man einen Film, der sich vorrangig an die Zielgruppe der Jugendlichen – das heißt Menschen in der Lebensphase zwischen beginnender Pubertät und Erwachsensein – wendet.
Merkmale des Jugendfilms
Das Hauptmerkmal einens Jugendfilms ist im engeren Sinne spezifisch jugendliche Erfahrungen zu transportieren. Jugendfilme in diesem Sinne haben daher oftmals auch jugendliche Hauptfiguren, die den gleichaltrigen Zuschauern eine mehr oder weniger umfassende Identifikation erlauben, und befassen sich mit Themen, die im Leben von Jugendlichen eine besondere Rolle spielen, also etwa emotionales, sexuelles und körperliches Erwachsenwerden, allmähliche Ablösung von den Eltern, Freundschaft und erste Liebe. Zu den Themen gehören aber auch Schule und Ausbildung sowie die aktuellen politischen Themen die Jugendliche bewegen, wie zum Beispiel Klima und Umwelt (Fridays for Future) oder Diversität und sexuelle Orientierung.
Zielgruppe
In den 1950er bis 1970er Jahren waren Jugendfilme für eine Altersgruppe von fünfzehn bis ungefähr zwanzig Jahren ausgelegt. Aufgrund der früher einsetzenden Pubertät verschob sich danach die Altersgruppe auf etwa zwölf bis achtzehn Jahre.
Handlung und Themen werden in Jugendfilmen so transportiert, wie es der Lebenssituation und dem Erfahrungshorizont der Zielgruppe entspricht. Diese können sich aber je nach Produktionszeit und -land voneinander unterscheiden. Jugendliche in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR hatten in den 1970ern verschiedene Erfahrungen und Sozialisationen. Die Zielgruppe nach der Jahrtausendwende entwickelte ganz andere Lebensentwürfe als frühere Generationen. Inwieweit das Leben Jugendlicher nichtwestlicher Länder mit denen ihrer in westlichen Ländern vergleichbar ist, lässt sich kaum abstrakt feststellen. Es kann aber hinsichtlich der kulturellen, sozialen, ökonomischen, religiösen Bedingungen erheblich voneinander abweichen.
Altersfreigabe
Jugendfilme haben in der Regel eine Altersfreigabe FSK 12 bzw. FSK 16. Allerdings sind auch einige Jugendfilme mit FSK 6 freigegeben. Denn die FSK prüft nur, ob es Inhalte im Film gibt, die für Kinder ungeeignet sind.
Ob es sich bei einem FSK-6-Film wirklich um einen Kinderfilm oder doch eher um einen Jugendfilm handelt, wird von der FSK nicht überprüft. Daher kann es gut sein, dass bei einem FSK-6-Film der komplette Sinn des Werkes erst von älteren Kindern bzw. Jugendlichen erfasst wird.
Abgrenzung zum Kinderfilm
Die Abgrenzung zwischen Jugendfilmen und Kinderfilmen erweist sich mitunter als sehr schwierig. Dies gilt vor allem dann, wenn sich die Protagonisten des Films in einem Alter zu Beginn der Pubertät befinden, da Kinder und Jugendliche Filme bevorzugen, in denen die Charaktere etwas älter sind als sie selbst. Während es sich bei der Vorlage des Spielfilms Eva und Adam um eine Kinderserie handelt, vermag der Spielfilm durch die älter gewordenen Hauptdarsteller sowohl Kinder als auch Jugendliche zu interessieren. In Filmen wie Pelle, der Eroberer (1987) oder Mein Hund Skip (2000) sind die Hauptfiguren zwar Kinder, die Komplexität der angesprochenen Themen oder die vermittelte Atmosphäre können zumeist jedoch erst Jugendliche erkennen und verarbeiten. Insbesondere die Harry-Potter-Reihe (seit 2001), die zusammen mit den zugrundeliegenden Büchern (1997–2007) weltweit eine ganze Generation von Kindern und Jugendlichen in ihrem Prozess des Älterwerdens begleitet hat (die Protagonisten sind am Anfang der Serie elf, am Ende der Serie siebzehn Jahre alt), hat die Konzepte der Unterscheidung von Jugend- und Kinderfilm neu definiert.[1]
Abgrenzung zu Filmen für ein erwachsenes Publikum
Keine Jugendfilme sind Filme, in denen Jugendliche und ihre altersspezifischen Anliegen zwar eine tragende Rolle spielen, die jedoch nicht auf eine Identifikation des Publikums mit den jugendlichen Figuren ausgerichtet sind. Ein Beispiel dafür sind die Adaptionen von Vladimir Nabokovs umstrittenem Roman Lolita durch Stanley Kubrick (Lolita, 1962) und Adrian Lyne, der 1997 unter demselben Titel ein Remake drehte.
Einige Filme, die sich an ein jugendliches Publikum richten, werden von der Filmzensur oder einer Selbstzensur der Filmwirtschaft (in Deutschland ist das die FSK) für die betreffende Zielgruppe landesabhängig nicht freigegeben. Der Filmverleih versucht dies zumeist durch eine Kürzung der Filme (z. B. bei ausdrücklicher Gewaltdarstellung in Teenagerhorrorfilmen) zu umgehen, um eine „entschärfte“ Version mit einer niedrigeren Altersfreigabe in entsprechenden Ländern anbieten zu können. Mitunter werden folgend die ursprünglichen Versionen mit den höheren Altersfreigaben auf DVD veröffentlicht.
Jugendfilme im Kontext von Gesellschaftssystemen, Kultur und Religion
Allgemein lässt sich die Tendenz beobachten, dass Jugendfilme im engeren Sinne, das heißt Filme, die Jugendliche zu einer Auseinandersetzung mit dem eigenen Erwachsenwerden und einem differenzierten Nachdenken über sich selbst ermutigen, in liberalen, demokratischen Gesellschaften weitaus günstigere Entstehungs- und Rezeptionsbedingungen haben als in autoritären Gesellschaften.
Problematisch ist die Beschränkung des Begriffs Jugendfilm im engeren Sinne auf Filme, die von Selbstfindung, Pubertätskonflikten usw. handeln, wenn man sie auf Filme aus nichtwestlichen Kulturen (zum Beispiel Nahost oder Lateinamerika) anzuwenden versucht. Obgleich diese Themen Jugendliche dort nicht weniger beschäftigen, verknüpfen viele dieser Filme ihre Darstellung jedoch deutlicher mit einer Schilderung der gesellschaftlichen Realität ihres Landes.
Es gibt eine beachtliche Zahl nicht-westlicher Filme in Europa zu sehen. Diese unterscheiden sich jedoch häufig grundlegend von hier gängigen Jugendfilmen. Auf vertraute Stilmittel, wie den Einsatz von Popmusik, humorvolle Auflockerung der Handlung oder das Happy End wird bei ihnen häufig verzichtet. Aufgrund des fremdartigen kulturellen Hintergrundes und der beschriebenen ungewohnten Lebensumstände finden diese Filme bei uns allerdings eher ein erwachsenes Publikum.
Jugendfilmgenres
Realfilm
Obwohl der Jugendfilm im Grunde jedem Genre offensteht, haben sich einige als besonders geeignet erwiesen, um jugendrelevante Themen zu transportieren.
Schul- bzw. Schülerfilme
Schulfilme gelten naturgemäß fast immer als Jugendfilme, da Schüler in der Regel Jugendliche sind (Beispiele: Crazy, Schule, beide 2000). Zu den Filmen, in denen Lehrer und Schüler sich erst zusammenraufen müssen, gehören Stand and Deliver (1988) mit Edward James Olmos (Oscarnominierung als „Bester Hauptdarsteller“) und Freedom Writers mit Hilary Swank von 2007. Internatsfilme sind Der Club der toten Dichter, 1989 und Mona Lisas Lächeln (2003). Steht eine erwachsene Hauptfigur im Mittelpunkt (Schriftsteller in Die Feuerzangenbowle, 1944, Journalistin in Ungeküsst, 1999), fungieren Jugendliche zumeist als Nebenfiguren, sodass nicht von einem Jugendfilm auszugehen ist. Der Prinzipal – Einer gegen alle (1987) steht beispielhaft für eine ganze Reihe reiner Actionfilme, in denen ein Außenstehender (hier: James Belushi) an eine Schule kommt, um mit den Missständen vor Ort aufzuräumen.
Sportfilme
Zu den klassischen Motiven zumeist amerikanischer Werke gehört der Sportfilm. Handelt es sich um Schulsport, sind die Grenzen zum Schulfilm eher fließend. Eine Gruppe unterschiedlicher Charaktere muss sich zusammenfinden, um den Erfolg in einer Mannschaftssportart zu erringen und dabei lernen, individuelle Interessen hintenanzustellen. Zumeist wird der Sieg als eine Möglichkeit zum gesellschaftlichen Aufstieg verstanden, den etwa ein Sportstipendium an einer Universität verspricht. Dadurch sind die Akteure häufig auch mit Gruppenzwang oder sogar Korruption und Manipulationen konfrontiert. Dies gilt vor allem, da in den USA der Collegesport starken Interessen etwa von Verbänden, Profivereinen und Wettliebhabern ausgesetzt ist.
Typische Beispiele sind Filme über Football (Gegen jede Regel, 2000) und Basketball (1998: Spiel des Lebens; 2005: Coach Carter). Andere Sportfilme sind nicht ganz so häufig, feiern dann aber zumeist die Individualität des Einzelnen, der sich im Sport selbst verwirklicht. Es gibt erfolgreiche Filme übers Tanzen (Save the Last Dance, 2001; Strictly Ballroom – Die gegen alle Regeln tanzen, 1993, von Baz Luhrmann) oder Skateboard (Dogtown Boys, 2005). Vom Ballett handeln Billy Elliot – I Will Dance (2000) aus England und Robert Altmans im Jahr 2003 entstandener Film The Company – Das Ensemble. Gymnastik ist der Sport, den die Akteure in Rebell in Turnschuhen (2006) ausüben. Mädchen spielen Fußball in dem britischen Kick It Like Beckham (2002) oder bilden in Girls United (2000) ein Cheerleaderteam. Daneben steigt eines von ihnen in Girlfight – Auf eigene Faust (2000) in den Boxring. Ein Surfwettbewerb wird in Blue Crush (2002) ausgetragen.
Deutsche Filme, in denen Sport getrieben wird, sind kaum als Jugendfilme anzusehen (so die Boxfilme Elefantenherz (2002) und Die Boxerin von 2005). FC Venus – Angriff ist die beste Verteidigung (2006) steht beispielhaft für Fußballfilme, in denen der Geschlechterkampf auf die Spitze getrieben wird.
Ghettofilme
Ein völlig eigenständiges Genre im Rahmen US-amerikanischer Jugendfilme stellen die so genannten Ghetto- respektive Hoodfilme dar. Sie waren besonders in den 1990er Jahren auch bei europäischen Jugendlichen überaus beliebt und umspannten einen Bogen vom Drama über den Thriller- und Actionfilm bis hin zur Komödie. Als besonders herausragende Produktionen dieser Gattung dürfen Filme wie Boyz n the Hood – Jungs im Viertel (1991), Zebrahead (1992), Blood In Blood Out (1993), Menace II Society (1993), Fresh (1994), Friday (1994), Dangerous Minds – Wilde Gedanken (1995), 187 – Eine tödliche Zahl (1997) und American History X (1998) gewertet werden.
Ein frühes Beispiel stellt die US-Produktion Beat Street von 1984 dar. Diesem Film, von Harry Belafonte produziert, wird starker Einfluss auf die Verbreitung von Hip-Hop in der damaligen DDR zugesprochen.
Historienfilm
Historienfilme sollen ihr jugendliches Publikum durch eine Identifikation mit gleichaltrigen Hauptfiguren die Lebensbedingungen zu anderen Zeiten bzw. in anderen Ländern aufzeigen. Häufig werden dabei gesellschaftliche Missstände gezeigt, wie in der Verfilmung von Charles Dickens’ Oliver Twist (2005). Als Historienfilme gelten auch die diversen Jugendfilme über den Nationalsozialismus wie Napola – Elite für den Führer (2004) oder Sophie Scholl – Die letzten Tage (2005), während andere Ären in Deutschland kaum Berücksichtigung oder Interesse finden.
Eine Ausnahme ist allerdings der Film Was nützt die Liebe in Gedanken (2004), der ein reales Ereignis zur Zeit der Weimarer Republik behandelt. Ein amerikanischer Film wie Der weite Weg der Natty Gann (1985) beschreibt die Ära der Depression in den 1930ern. Der Felixgewinner Pelle, der Eroberer handelt dagegen von einem Jungen, der zu Ende des 19. Jahrhunderts mit seinem Arbeit suchenden Vater von Schweden aus auf die dänische Insel Bornholm zieht.
Coming-of-Age-Filme
Unter dem Begriff Coming-of-Age-Film (engl. Coming of Age, dt. Adoleszenz, Heranwachsen) versteht man Filme, deren jugendliche Helden von grundlegend menschlichen Fragen bewegt werden. Einerseits ist der erstmalige Kontakt mit solchen Fragen für Jugendliche etwas durchaus Alterstypisches, andererseits sind solche Motive jedoch ebenso für Erwachsene interessant, die selbst in diesem Alter mit entsprechenden Fragen konfrontiert waren. Durch die erstmalige Verarbeitung werden die Gefühle der jungen Menschen besonders intensiviert. Louis Malle erinnert sich in Auf Wiedersehen, Kinder von 1987 an seine Freundschaft mit einem vor Nazis versteckten Juden. Im Zentrum des brasilianischen Drama City of God (2002), das mehrere Oscarnominierungen erhielt, steht das Leben in den Favelas und die Bemühungen eines jugendlichen Fotografen, nicht in die kriminellen Machenschaften seiner Freunde hineingezogen zu werden. Bei diesen Filmen ist die Grenze zwischen ausdrücklich als Jugendfilm konzipierten Werken oder eher an Erwachsene gerichtete Filme schwer zu ziehen. Gleiches gilt für Kids (1995), Ken Park (2002) oder Dreizehn (2003).
In diese Kategorie fallen auch solche Filme, in denen Regisseure, Drehbuchautoren oder Schriftsteller, deren Werke verfilmt werden, Erfahrungen ihrer eigenen Kindheit wiedergeben. Paradebeispiele dafür sind American Graffiti (1973), Moonlight Mile (2002) oder Der Tintenfisch und der Wal (2005). Die Zeit der Jugend (1998) ist die Verfilmung der Erinnerungen Kaylie Jones’, der Tochter von James Jones.
Auch Ronja Räubertochter (1984) enthält Coming-of-Age-Elemente.
Daneben spielen jugendliche und heranwachsende Ponisten in Horrorfilmen tragende Rollen, die an ihren Herausforderungen wachsen und reifen, wie beispielsweise in Cuckoo (2024).[2]
Dokumentationen
Mitunter können auch Dokumentarfilme für Jugendliche interessant werden, wenn sie nämlich deren Lebenswirklichkeit abbilden oder aber, völlig gegenteilig, ihnen Zugang zu einer ganz fremden Realität ermöglichen, die in Spielfilmen normalerweise ausgeblendet wird. So handelt Rhythm Is It! (2004) von einem Projekt der Berliner Philharmoniker, die mit 250 Schülern aus „Problemschulen“ das Ballett zu Igor Stravinskys Le sacre du printemps aufführten und ihnen dadurch Selbstvertrauen und Zugang zu bisher nicht geahnten Fähigkeiten ermöglichten. Die Bewährung junger Menschen während einer weltumspannenden Tournee der Philharmoniker und deren Reife kann der Zuschauer in dem Film Trip to Asia (2008) sehen, in dem das Augenmerk auf jenen Musikern liegt, die das erste Mal mitfahren und sich ständig der Beobachtung und Kontrolle Anderer ausgesetzt sehen und nur bei einer guten Leistung übernommen werden.
Die Lebenswirklichkeit heutiger Jugendlicher in der Großstadt schildert Prinzessinnenbad (2007), der drei 15-jährige Mädchen aus Kreuzberg in ihrem Alltag und ihren Bemühungen zeigt, einen Platz im Leben zu finden.
Über das Leben Jugendlicher in anderen Teilen der Welt erfahren die Zuschauer etwas in Lost Children, der mit dem Schicksal von Kindersoldaten im Norden Ugandas konfrontiert, und Devil’s Miner, beide von 2005. Dort muss ein 14-Jähriger seine Familie durch lebensgefährliche Arbeit in einem kaum gesicherten Bergwerk ernähren. Einen eher unbekannten Bereich jugendlichen Lebens in den USA stellt Jesus Camp (2006) vor, der das Leben in einem evangelikalen Sommerlager abbildet, in dem Kinder religiös indoktriniert werden.
Sein und Haben (2002) beschreibt das alltägliche Leben an einer gänzlich abgelegenen französischen Dorfschule, in der alle Jahrgänge in einem einzigen Raum unterrichtet werden. Dabei wird nicht nur ein in Deutschland kaum noch vertretenes Schulkonzept vorgestellt, sondern auch eine Lebenswirklichkeit, die nur scheinbar altmodisch wirkt, in Wahrheit aber den Blick auf eine glückliche Kindheit fern der Großstadt eröffnet.
Ein klassischer Bereich des Dokumentarfilms betrifft auch die Darstellung von Musikkonzerten, wie der 1970 uraufgeführte Film über das Woodstock-Festival von 1969. Jim Jarmusch drehte 1997 einen Film über Neil Young und seine Band Crazy Horses (Year of the Horse), Martin Scorsese über die erste Karrierephase von Bob Dylan (No Direction Home – Bob Dylan, 2005). Die Hardrocker von Metallica ließen sich im selben Jahr bei der Produktion ihres Albums St. Anger filmen und gaben Einblick in den Produktionsprozess, aber auch den nur knapp verhinderten Zusammenbruch der Band aufgrund von Suchtproblemen, gegenseitigen Anfeindungen und des Ausstiegs eines Bandmitglieds (Metallica – Some Kind of Monster). Die Entwicklung der Hardcore-Punk-Szene in den USA steht im Mittelpunkt von American Hardcore (2006).
Indigene Völker
Filme über indigene Völker bewegen sich oftmals im Grenzbereich von Dokumentarfilm und Fiktion und handeln oft von der kulturellen Identitätssuche Jugendlicher. Whale Rider (Neuseeland 2002) beispielsweise erzählt die Geschichte eines jungen Māori-Mädchens, das zur Anführerin ihres Stammes heranwachsen möchte. Im Drama Long Walk Home (Australien 2002) wird die authentische Geschichte der strapaziösen Flucht dreier junger Aborigine-Mädchen aus einem Um-Erziehungslager des Jahres 1931 gezeigt. Bereits 1971 strandeten zwei Geschwister in Walkabout im australischen Outback und mussten sich einem Ureinwohner anschließen, der an einem Initiationsritus teilnahm.
In dem Oscar-nominierten norwegischen Abenteuerfilm Pathfinder (1987) des Regisseurs Nils Gaup wird die Geschichte eines Samen-Stammes erzählt, der etwa um das Jahr 1000 n. Chr. von einem trickreichen 16-jährigen Helden vor der Vernichtung durch seine mutmaßlich übermächtigen Feinde bewahrt wird.
Der Abenteuerfilm Der Smaragdwald (Großbritannien 1985) behandelt die zum Teil authentische Geschichte eines weißen Jungen, der von Amazonas-Indianern entführt wird, bei ihnen aufwächst und sich Jahre später trotz Wiederentdeckung durch den richtigen Vater gegen dessen Zivilisation und für „seinen Stamm“ entscheidet.
Animationsfilm
Zeichentrickfilme galten in Europa und den USA bis in die 1990er Jahre als Kinderfilme. Diese Ansicht ging vor allem auf die Walt-Disney-Filme zurück, obwohl diese Filme bis weit in die 1970er Jahre hinein auch sehr viele Jugendliche interessierten. Zudem sind einige Disneyfilme, wie z. B. Bambi (1942) und speziell Taran und der Zauberkessel (1985), wegen ihrer leicht düsteren Atmosphäre nicht unbedingt für ganz kleine Kinder geeignet.
Neben den Disneyfilmen entstanden ab 1968 Animationsfilme wie Yellow Submarine, Watership Down (1978), Wenn der Wind weht (1986), The Nightmare before Christmas (1993) oder Felidae (1994), die sich wohl eher an Jugendliche richteten als an kleinere Kinder. Der 2007 veröffentlichte Schwarz-weißfilm Persepolis aus Frankreich schilderte die Kindheit und Jugend einer jungen Iranerin und basierte auf den autobiographischen Comics Marjane Satrapis, die nach der islamischen Revolution 1978/1979 zur Flucht ins Exil und Trennung von den Eltern gezwungen wurde.
Die japanischen Animese bieten ein breites Spektrum an Filmgenres. So findet man dort auch Filme für Jugendliche. Hierzu zählen beispielsweise Nausicaä aus dem Tal der Winde (1984) und die späteren Studio-Ghibli-Filme Prinzessin Mononoke 1997 oder Das wandelnde Schloss (2004) – allesamt von Hayao Miyazaki.
Die Auffassung, ob ein Animationsfilm nun für Kinder oder doch erst für Jugendliche geeignet ist, geht in verschiedenen Ländern weit auseinander. In dem Filmdrama Die letzten Glühwürmchen wird 1988 das Schicksal von einem Jugendlichen und seiner kleinen Schwester gezeigt, die zum Ende des Zweiten Weltkrieges schlichtweg verhungern. Er ist von der FSK für Kinder ab 6 Jahren freigegeben – in vielen anderen Ländern hat der Film dagegen eine Altersfreigabe von ab etwa 12 Jahren.
Der Jugendfilm in Deutschland
Weimarer Republik
Der Jugendfilm spielte in der Weimarer Republik noch keine bedeutende Rolle. Dennoch brachte die Zeit einige Filme hervor, wie Junges Blut (1926), in dem ein Schüler vom Lande sich in der Großstadt in eine Schauspielerin verliebt, oder Primanerliebe (1927), der eine unerlaubte Liebe im Internat thematisiert. Besonders erfolgreich war der Film Mädchen in Uniform (1931), in dem es um ein junges Mädchen geht, das in einem strengen preußischen Internat Halt bei einer Lehrerin sucht.
Nationalsozialismus
Die Jugend war eine von den Nationalsozialisten besonders umworbene Zielgruppe. Die Hitlerjugend führte seit 1934 Jugendfilmstunden durch, jedoch wurden dort überwiegend Propagandafilme gezeigt, die ebenso für erwachsene Zuschauer bestimmt waren.
Besatzungszeit 1945–1949
Der im zertrümmerten Berlin 1947 gedrehte Jugendfilm 1-2-3 Corona, der optimistische und heitere Züge hat, zeigt, wie zwei Jugendbanden sich eine Aufgabe stellen, die sie aus ihrem Dasein befreit.
Bundesrepublik Deutschland bis zur Wiedervereinigung
Im Nachkriegsdeutschland vermittelten Filme mit Jugendlichen kaum ein realistisches Lebensgefühl der jungen Menschen. Typisch hierfür sind beispielsweise die Immenhof-Filme, die Paukerfilme und die Musikfilme mit Peter Alexander oder Roy Black.
Die Halbstarken (1956), ein psychologisch differenzierter Jugendkriminalfilm vor dem Hintergrund des deutschen Wirtschaftswunders, der deutlich von amerikanischen Vorbildern wie Die Wilden oder … denn sie wissen nicht, was sie tun inspiriert wurde, stellt deshalb eine bemerkenswerte Ausnahme dar. Gleiches gilt für Bernhard Wickis Antikriegsdrama Die Brücke (1959), in dem einige Jugendliche in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges als Kanonenfutter eine strategisch völlig unwichtige Brücke verteidigen sollen.
Erst mit Hark Bohm fand sich ein Regisseur, der ab den 1970ern wieder regelmäßig Jugendfilme drehte. In seinen Werken zeigte er realistische Lebenssituationen der jeweiligen Zeit. Beispiele dafür sind Nordsee ist Mordsee (1975), Moritz, lieber Moritz (1977) und Yasemin (1988). In letzterem wurde zudem erstmals das Leben der zweiten türkischen Einwanderergeneration geschildert, die bereits in Deutschland geboren wurden.
Ein sehr bekannter Jugendfilm aus den 1980er Jahren entstand 1981 mit der Verfilmung Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo. In diesem Film wird die wahre Geschichte der hier erst 15-jährigen drogenabhängigen Prostituierten Christiane F. erzählt. Einer der Tiefpunkte des westdeutschen Jugendfilms war hingegen 1985 Der Formel Eins Film, der sich an die Zuschauer der gleichnamigen Musiksendung richtete.
Deutsche Demokratische Republik
Da in der DDR möglichst wenig Filme aus kapitalistischen Ländern in den Kinos laufen sollten, wurden vor allem aus „sozialistischen Bruderländern“ Filme in Deutsch synchronisiert. Der überwiegende Teil davon war aus der UdSSR, weil diese eine große Kinofilmproduktion hatte.
Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus war ein wichtiges Thema im DDR-Jugendfilm, etwa in Sie nannten ihn Amigo (1958). In dem Film geht es um einen Jungen, der 1939 einen politischen Häftling versteckt und deswegen selbst im KZ landet.
In den 1970er Jahren wurden deutliche Änderungen im DDR-Jugendfilm sichtbar. Der Blick auf den DDR-Alltag wurde sozial genauer, wie zum Beispiel für … verdammt, ich bin erwachsen (1974). Der 15-jährige Hauptdarsteller verliert sein Heimatdorf, weil es dem Tagebau weichen muss.
Vor allem in den 1980er Jahren bis zum Ende der DDR entstanden Filme, die die jeweilige Lebenssituation von Jugendlichen in der DDR realistisch darstellten. Hierzu zählen Insel der Schwäne (1983) und Ich liebe Victor. Als besonderer Erfolg gilt Sieben Sommersprossen, der die erste Liebe im Rahmen einer typischen Situation (hier im Ferienlager) für die DDR zeigte und dabei einen kritischen Unterton wagte. Auch der Film Verbotene Liebe setzt sich kritisch mit dem Erwachsenwerden und der Reaktion der Erwachsenen darauf auseinander.
Auch bei Dokumentarfilmen wurde die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in der DDR gezeigt. In der Langzeitstudie Die Kinder von Golzow (1961–1984) wurden die individuellen Lebensgeschichten der Protagonisten (Jahrgänge 1953–1955) über viele Jahre hinweg dokumentiert. Die Dokumentation wurde im wiedervereinigten Deutschland weitergeführt (1992–2008). Spätestens seit dem Film Anmut sparet nicht noch Mühe von 1979/1980, in dem der jüngste Teilnehmer 23 Jahre alt ist, kann nicht mehr von Jugendfilmen im engen Sinn gesprochen werden.
Deutschland nach der Wiedervereinigung
Nach dem kommerziell sehr erfolgreichen amerikanischen Film American Pie – Wie ein heißer Apfelkuchen (1999) entstanden einige ebenfalls erfolgreiche deutsche Filme um und für Jugendliche ähnlicher Machart. Dabei wurde das Erwachen der Sexualität zum Anlass für simple Unterhaltungsfilme genommen, wie zum Beispiel in Harte Jungs (2000) und Mädchen, Mädchen (2001). Die Bandbreite reicht von Cliquenfilmen wie Schule (2000), Coming-of-Age-Geschichten wie Nichts bereuen (2001) und Zeitpanoramen wie Verschwende deine Jugend (2003), dazu Crazy (2000) oder Sommersturm. Auf diese Weise konnten sich junge Schauspieler wie Daniel Brühl, Tom Schilling, Robert Stadlober, Jessica Schwarz und Julia Hummer etablieren.
Charmanten Humor boten Nach Fünf im Urwald (1995) mit Franka Potente, Sönke Wortmanns Kleine Haie und Das Leben ist eine Baustelle mit Jürgen Vogel und Christiane Paul, in denen junge Menschen auf der Suche nach ihrem Platz im Leben zu beobachten sind. In Paul is dead (2000) kommt ein Beatles-begeisterter Teenager in den 1970ern dem vermeintlichen Tod von Paul McCartney und seiner Ersetzung durch einen Doppelgänger auf die Spur.
Die Suche junger Menschen nach einer eigenen Persönlichkeit beschreiben glaubhaft und sensibel auch die Filme Fickende Fische (2002) und Kroko (2004). Diesen Filmen blieb trotz diverser Auszeichnungen jedoch der Erfolg beim Publikum verwehrt. Überhaupt werden im wiedervereinigten Deutschland vermehrt ernsthafte Fernsehfilme mit jungen Leuten bzw. für Jugendliche produziert. Hierbei bieten gerade die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender jungen Filmemachern die Möglichkeit, ihre eigenen Visionen umzusetzen. Vorbildlich ist hierbei Das kleine Fernsehspiel, in dessen Reihe Filme wie Kombat Sechzehn, Klassenfahrt, Bungalow, Storno oder Mein Stern entstanden, die sich durch eine besondere geglückte Darstellung des Lebensgefühls seiner Protagonisten auszeichnen. Nach Form und Inhalt sind diese Werke als Independent-Filme anzusehen.
Weitere bemerkenswerte Jugendfilme sind Riekes Liebe (2001), über Teenager auf dem Weg zu einer Karriere als Eiskunstlaufprofis, und Königskinder (2003), in dem die Geschichte einer ungewollt schwangeren Minderjährigen erzählt wird. Von den Auswirkungen des religiösen Fanatismus handeln Delphinsommer (2004) und Requiem (2006).
Ein anderer Film, der von sozialen Problemen eines Jugendlichen handelt, ist Rolltreppe abwärts (2005), eine Verfilmung des gleichnamigen Romans von Hans-Georg Noack. Eine Besonderheit dieses Films ist der Umstand, dass der Regisseur, die Produzenten und Drehbuchautoren selbst allesamt noch Jugendliche sind.
Eine Reihe von Filmen behandelten das Thema des Aufwachsens in der DDR. 1977 ist der Fernsehfilm Raus aus der Haut (1997) angesiedelt, in dem zwei Schüler ihren linientreuen Schuldirektor entführen, als dieser ihnen Ärger macht. Wie Feuer und Flamme (2001) beschreibt die Liebesbeziehung eines Mädchens aus dem Westen zu einem Punk im Osten, Jana und Jan (1992) zweier Insassen eines DDR-Jugendgefängnisses kurz vor der Wende. Der Film Sonnenallee (1999) hingegen zeigt das Leben Jugendlicher in Ostberlin auf humoristische Weise. Vergiss Amerika (2000) kreist um die Sehnsüchte junger Menschen, die ihre Flucht aus der scheinbar bedrückenden Umgebung Ostdeutschlands planen.
Zu den Filmen über das Leben zur Zeit des Nationalsozialismus zählen Hitlerjunge Salomon (1990) und der auf einem authentischen Fall basierende Das Heimweh des Walerjàn Wrobel (1991), ein Drama über einen polnischen Jugendlichen, der zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt und hier wegen eines Bagatelldeliktes zum Tode verurteilt wurde. Am Ende kommen Touristen beschrieb 2007 die Zeit eines deutschen Zivildienstleistenden in Auschwitz, der nach der Bekanntschaft mit einer jungen Frau auch die schönen Seiten des Lebens in der Stadt kennenlernt. Komödiantisch wurde das Thema des Rechtsradikalismus ebenfalls 2007 in Leroy aufgearbeitet, in dem ein schwarzer Teenager sich in eine junge Frau verliebt, deren Familie allesamt Rechtsradikale sind. Der umstrittene Film Die Welle (2008) von Dennis Gansel beschreibt ein (in den USA tatsächlich durchgeführtes) Experiment eines Lehrers, in dem er mit den Schülern eine faschistoide Bewegung gründet, die schnell außer Kontrolle gerät.
Vermehrt werden auch Filme über das Zusammenleben verschiedener Kulturen in Deutschland gedreht. Geschwister – Kardeşler (1996) handelt von drei Geschwistern türkischer Herkunft in Berlin, deren Leben unterschiedliche Entwicklungen nimmt. In der Komödie Kebab Connection (2004), an dessen Drehbuch Fatih Akin mitschrieb, versucht ein junger Deutschtürke aus Hamburg den ersten deutschen Kung-Fu-Film zu drehen.
Eine Art bayerischer Heimatfilm ist der Überraschungshit Wer früher stirbt ist länger tot von 2006, in dem ein 11-jähriger Junge versucht, seine Seele zu retten, da er glaubt, für den Tod seiner Mutter verantwortlich zu sein. 2007 begann derselbe Regisseur Marcus H. Rosenmüller mit Beste Zeit eine Trilogie über das Leben junger Menschen in Bayern und ihren Problemen beim Erwachsenwerden.
Die von Kritikern hochgelobte Verfilmung des Thrillerdramas Knallhart (2005/2006) von Detlev Buck schildert die Geschichte des 15-jährigen Michael, der sich in einem Berliner Ghetto gegen gewalttätige Jugendgangs behaupten muss und beginnt, als Laufbursche für die Drogenmafia eine kriminelle Karriere zu machen. Das Eindringen eines türkischstämmigen Jugendlichen in das Leben einer gutbürgerlichen Familie ist 2005 Thema des Fernsehfilms Wut gewesen, der bei seiner Ausstrahlung für heftige Diskussionen und Sondersendungen führte, aber auch 2007 den renommierten Adolf-Grimme-Preis gewann.
Am Tag als Bobby Ewing starb explodierte auch das Atomkraftwerk in Tschernobyl. Kurz zuvor zog ein Jugendlicher mit seiner Mutter in eine Kommune aufs Land und wird dort mit der Hippie- und Anti-Atomkraft-Bewegung konfrontiert, was in dem Film von 2005 Anlass für komische Ereignisse ist. Bereits im Jahr 2000 erzählte der Film England! von einem jungen ukrainischen Soldaten, der in Deutschland strandet, obwohl er vor seinem durch erlittene Verstrahlungen unausweichlichen Tod einmal nach England möchte. Der Film Die Wolke (2006) handelt von den Auswirkungen eines (fiktiven) Kernunfalls in Deutschland.
Im Jahr 2008 erschien der Fantasyfilm Krabat, mit David Kross in der Hauptrolle, und der Regie von Marco Kreuzpaintner. Mit Isi & Ossi, einer Liebeskomödie von Oliver Kienle, erschien im Jahr 2020 die erste deutschsprachige Netflix-Eigenproduktion.
Jugendfilme in Österreich und der Schweiz
Österreich
Der überwiegende Teil der Jugendfilme aus Österreich sind Jugendfilme im weiteren Sinne. Wie zum Beispiel Mädchenjahre einer Königin (1954), in dem es um die Liebe von Englands junger Königin Viktoria zu Prinz Albert von Sachsen geht. Aber auch Jugendfilme im engeren Sinne wurden in Österreich produziert, wie zum Beispiel Abenteuer eines Sommers (1973), in dem es um Jugendliche zur Zeit der k.-u.-k.-Monarchie geht. In Herzklopfen (1985) von Walter Bannert wird das leidenschaftliche Liebesverhältnis zwischen einem Lehrling und einer Schülerin erzählt.
Als einer der umstrittensten europäischen Filme über Jugendliche gilt Benny′s Video (1992) aus Österreich. Das Drama porträtiert einen von den Eltern vernachlässigten pubertierenden 13-Jährigen, dem jeglicher Realitätssinn durch Videofilme und die eigene Videokamera abhandenkommt und der für sein Hobby ohne irgendeine Gefühlsregung ein zu sich nach Hause eingeladenes gleichaltriges Mädchen tötet.
Lovely Rita (2001) ist ein verstörendes Drama um eine 15-Jährige, die in ihrer Schule unbeliebt ist und auch bei ihren Eltern keinerlei Verständnis findet. Nach ergebnislosem Streben nach Anerkennung und Geborgenheit gipfelt ihr Handeln in einer maßlosen Gewaltaktion.
Schweiz
In der Schweiz wurden vor allem in den 1970er Jahren engagierte Jugendfilme gedreht, wie zum Beispiel Fluchtgefahr (1974), in dem es um einen Jugendlichen geht, der bei einem Einbruch erwischt wird und als Rückfalltäter eingesperrt wird. In Kleine frieren auch im Sommer (1978) geht es um vier Schweizer Jugendliche, die in einen Teufelskreis aus Kriminalität und Drogen geraten.
Als Koproduzent beteiligte sich die Schweiz an einigen Jugendfilmen; hierzu zählt zum Beispiel Le Cri du Lézard (1990), in dem es um jugendliche Ausreißer geht. In Emporte-moi – Nimm mich mit (1999) geht es um ein 13-jähriges Mädchen, das vor seiner asozialen Familie in die „heile“ Scheinwelt der Filme flüchtet. Anna Wunder (2000) erzählt die Geschichte von der jugendlichen Anna, die von ihrer Mutter wegläuft, um ihren Vater zu suchen.
Der Jugendfilm in anderen Ländern Europas
Großbritannien und Irland
Angesichts der großen Menge britischer Jugendbücher, wie zum Beispiel von Roald Dahl, ist die Zahl ihrer Verfilmungen eher gering, da die meisten Adaptionen durch Hollywood vorgenommen werden. Trotzdem gab es einige ausgezeichnete Literaturverfilmungen, wie zum Beispiel David Leans Dickensadaptionen Geheimnisvolle Erbschaft (1946) und Oliver Twist (1948). Auch die Oliver-Twist-Version des Jahres 2005 von Roman Polański erhielt viel Lob. 1947 und 2002 entstanden Kinofilme über Nicholas Nickleby. 1963 drehte Peter Brooks eine Fassung von William Goldings Roman Herr der Fliegen (1963). Überaus großen kommerziellen Erfolg hatten und haben die Verfilmungen der ersten vier Harry-Potter-Romane. Harry ist zum Beginn des ersten Romans 11 Jahre alt und durchlebt in den weiteren Geschichten mit seinen gleichaltrigen Freunden seine Jugend, bis aus ihm am Ende der Reihe ein selbstbewusster, junger Erwachsener geworden ist.
Aus Großbritannien kamen Ende der 1960er und Anfang der 1970er zwei der umstrittensten sozialkritischen Jugendfilme: if… (1968) ist eine bitterböse Abhandlung über damalige britische Internatsstrukturen und Uhrwerk Orange (1971) eine brillante Satire über die Therapie des Anführers einer gewalttätigen Jugendbande. Eines der bedeutendsten britischen Jugenddramen ist Ken Loachs Kes von 1969, das ein realistisches Bild der sozialen und familiären Verhältnisse in den Arbeitervierteln zeigt. Eine ganz andere Sichtweise der 1960er Jahre zeigt der Film Quadrophenia (1979). Darin wird die Geschichte eines jungen Burschen erzählt, der in die Machtkämpfe zwischen Mods und Rockern gerät. Dagegen erzielte die 1985er Musicalverfilmung des schon 1959 erschienenen Zeitporträts Absolute Beginners eher mythologisierende Wirkung. Im autobiografisch orientierten Werk Hope and Glory (1987) von John Boorman geht es um die Geschichte eines Jungen, der während des Zweiten Weltkrieges in London heranwächst. Zurück in die 1950er führt die Tragikomödie Wish You Were Here von 1987, in der eine 16-Jährige mit ihrer Sprache, ihren Gesten und offen zur Schau gestellter Sexualität die Mitmenschen provoziert.
Der wohl erfolgreichste Jugendfilm der 1990er war Trainspotting, ein Bericht über eine Gruppe von Drogensüchtigen in Schottland, deren Lebensweise er nie verurteilt, sondern in einer neuartigen Filmästhetik schildert. Der Film gilt aus Auslöser eines erneuten Filmbooms im Vereinigten Königreich.
Das heikle Thema Inzest verarbeiteten 1991 Neil Jordan in Miracle – Ein geheimnisvoller Sommer und zehn Jahre später Tim Roth in The War Zone.
Auch in den 2000ern werden weiterhin engagierte Jugendfilme in Großbritannien produziert, wie beispielsweise Die Wunder des Taliesin Jones (2000). Darin geht es um einen Jungen, der zum Glauben findet. Nur Mut, Jimmy Grimble (2000) erzählt die Geschichte eines Außenseiters, der schließlich zu einer festen Stütze seiner Fußballmannschaft wird. In Danny Boyles Verfilmung des mit dem LUCHS ausgezeichneten Jugendbuchs Millions (2005) müssen zwei Brüder kurz vor einer Währungsumstellung innerhalb von nur einer Woche eine Million gefundene Pfund Sterling ausgeben.
Das auf verbrieften Geschehnissen aufbauende Drama Die unbarmherzigen Schwestern (Irland/GB 2002) schildert die Leidensgeschichten von so genannten „gefallenen Mädchen“, die im Irland zur Mitte des 20. Jahrhunderts meist mit dem Einverständnis ihrer „besudelten“ Eltern in den Klöstern der Magdalene Sisters zum Teil lebenslang eingesperrt, gedemütigt und durch unbezahlte Arbeit ausgebeutet wurden.
Hallam Foe – This Is My Story stellt 2007 einen jungen Mann an der Schwelle des Erwachsenseins vor, der sich seiner Angebeteten nicht zu nähern traut und beginnt ihr nachzuspionieren.
Mehr noch als in anderen Ländern greift gerade die britische Filmindustrie bestimmte Themen immer wieder auf, die die gesellschaftliche Wirklichkeit Großbritannien bis heute prägen. Seit Mitte der 1980er widmeten sich vermehrt Filme den vielfachen Problemen der Integration von Einwanderern in die britische Gesellschaft, in denen häufig gerade die Generationsprobleme beleuchtet werden. Ausgelöst wurde dieser Trend durch die Filme Mein wunderbarer Waschsalon (1985) und Sammy und Rosie tun es (1987) (beide von Stephen Frears und Hanif Kureishi). 1999 entstand die Kulturkonfliktkomödie East is East, die das knallbunte Bild einer binationalen Familie (der Vater der sieben Khan-Kids ist Pakistaner und die Mutter Britin) im England der frühen 1970er Jahre zeichnete. Kick It Like Beckham (2002) wählt ebenfalls die Komödienform, um ähnliche Probleme in einer indischstämmigen Familie anzusprechen.
Ein weiteres klassisches Thema englischer Filme sind die Beschreibungen gesellschaftlicher Probleme in einem Land, in dem wirtschaftliche Schwierigkeiten immer noch mit dem Begriff Thatcherismus assoziiert werden. So handelt Billy Elliot – I Will Dance (2000) von einem 11-Jährigen, der gegen den Willen seines strengen Vaters Balletttänzer werden will und dies auch als ein Mittel sieht, dem vorgezeichneten Weg in die Arbeitslosigkeit zu entkommen. Von den Problemen einer gestörten, durch die Arbeitslosigkeit der Eltern geprägten Familie handelt Sweet Sixteen (2000), von dem für seine kraftvollen Sozialdramen bekannten Regisseur Ken Loach.
Daneben handeln viele Filme von den Auswirkungen des Nordirlandkonfliktes, die nicht ausdrücklich als Jugendfilme anzusehen sind. Dennoch werden gerade Jugendliche in diese Auseinandersetzungen mit hineingezogen und sind deshalb auch handelnde Figuren. Cal (1984) etwa handelt von der unglücklichen Beziehung eines jugendlichen Mitläufers mit der Mutter eines ermordeten protestantischen Polizisten. Das mit dem Europäischen Filmpreis als „Bester junger Film“ ausgezeichnete Drama Mütter & Söhne (1996) beschreibt den Kampf von Müttern um das Leben ihrer im Hungerstreik befindlichen inhaftierten Söhne.
Niederlande und Belgien
Kinderfilme wurden in den Niederlanden relativ häufig produziert, während Jugendfilme von dort eher selten waren. Dennoch gab es einige engagierte Jugendfilme wie zum Beispiel das Filmdrama Messer (1960), in dem es um die Pubertätskrise eines 13-jährigen Jungen geht. Spetters (1980) erzählt recht freizügig die Geschichte von drei Jugendlichen, die versuchen, mit ihren Motorrädern einem Idol nachzueifern. Im Film Taschendieb (1995) geht es um einen 12-jährigen Jungen, der von zwei stärkeren Jungs dazu gezwungen wird, älteren Frauen die Handtaschen zu klauen.
Die flämisch-belgische Satire Jeder ist ein Star! (2000) war 2001 für den Oscar in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film nominiert. Darin glaubt ein fanatischer Vater, dass sein minderjähriges Pummelchen von Tochter unbedingt ein gefeierter Schlagerstar werden sollte – die Entführung einer populären Sängerin soll ihnen dabei weiterhelfen.
Eine Abenteuergeschichte rund um den historisch verbürgten Kreuzzug der Kinder stellt die Zeitreisenkomödie Kreuzzug in Jeans (2006) dar.
Skandinavien bzw. Nordische Länder
Skandinavien bzw. die Nordischen Länder allgemein haben eine lange Tradition, was Kinder- und Jugendfilme betrifft. Filme wie Mein Leben als Hund (Schweden 1985) und Pelle, der Eroberer (Dänemark 1987) erhielten Oscars als Bester ausländischer Film. Der Schwede Lukas Moodysson gilt als einer der bekanntesten Nachwuchsregisseure und drehte mit Raus aus Åmål und Lilja 4-ever moderne Jugendstudien. 2003 wurde die Verfilmung Evildes autobiografischen Romans des schwedischen Krimiautors Jan Guillou über seine Schuljahre für den Oscar nominiert.
Der skandinavische Film kann auf eine große Anzahl von Jugendbüchern zurückgreifen, von denen viele als Literaturverfilmung umgesetzt wurden. Wie zum Beispiel Die Zeit mit Monika (1953), Mädchen im gefährlichen Alter (1956), Ich bin Maria (1979), Geschichte von Kalle und Reinert (1979), Junge im Baum (1981) oder Unter dem Nordlicht (1985). Kommerziell sehr erfolgreich war Sofies Welt (1999), in der eine 14-jährige Schülerin von einem väterlichen Freund in die Welt der Philosophie eingeführt wird.
Der Jugendfilm war in der skandinavischen Filmgeschichte stets ein wichtiger Faktor. So entstand in den 1950er Jahren beispielsweise Wenn die Liebe erwacht (1952). In dieser Komödie geht es um Primaner-Liebe auf einer gemischten Oberschule. Im Drama Es geschah aus heißer Jugendliebe (1952) wird von einer Schülerliebe berichtet, die durch die uneheliche Geburt eines Kindes gefährdet wird. Gewalt gegen Gewalt (1954) berichtet über Jugendkriminalität im Schweden der 1950er Jahre.
Auch hier fanden viele Filmgenres ihre Umsetzung in Jugendfilmen. Zum Beispiel in Filmdramen wie Neue (1955), Kinderwagen (1963), Lenk oder Das Ende einer Kindheit (1975), Such′ nicht nach mir (1982), Schwarze Panther – Rebellen des Zorns (1992) oder Wild Angel (1997). Leichte Unterhaltung boten dagegen Liebesfilme wie beispielsweise Es war einmal ein Krieg (1966), Eine schwedische Liebesgeschichte (1969) oder Keine Liebe wie die unsere (1988). Im Genre Semi-Dokumentarfilm entstanden Jugendfilme wie zum Beispiel Mein Heim ist Copacabana (1965). Darin geht es um das Schicksal elternloser Straßenkinder in Rio de Janeiro.
Ein ganz wichtiges Thema im skandinavischen Jugendfilm sind Coming-of-Age-Filme. Im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen wird von ihnen ein realistisches Bild der Lebenssituation vermittelt. Daher sind solche Filme sehr zahlreich – wie unter anderem Abseits (1979), So bin ich auch (1980), Baum der Erkenntnis (1981), Twist and Shout – Rock’n’Roll und erste Liebe (1984), Straße der Kindheit (1986), Höher als der Himmel (1994) oder Träume wachsen nicht auf Bäumen (1996). In Frida – mit dem Herzen in der Hand (1991) lernt eine 13-Jährige einige Lektionen in Sachen Liebe. Das Auge des Adlers (Dänemark 1996) ist dagegen ein lupenreines Jugendabenteuer, das einen Königssohn des Mittelalters im Kampf gegen gefährliche Feinde seines Vaters zeigt. Schön ist die Jugendzeit (1995) erzählt von der Liebesbeziehung eines Schülers zu seiner Lehrerin und gewann mit dem Guldbagge den wichtigsten schwedischen Filmpreis.
Auch in den 2000ern entstehen weiterhin Jugendfilme. Zum Beispiel Kinder des Sturms (2000), ein Dokumentarfilm über das Leben von 14-jährigen Schülern. In Liebe in Blechdosen (2000) wird die Geschichte von zwei schwedischen Waisenkindern in den 1950er Jahren erzählt. Die preisgekrönte Außenseiterballade Nói Albínói (Island 2002) schildert das ziellose Leben des hochintelligenten 17-jährigen Einzelgängers Nói in der isländischen Provinz.
In der Coming-of-Age-Komödie Populärmusik aus Vittula (Schweden/Finnland 2004) geht es um die beiden Freunde Matti und Niila in den Roaring 60s und den Einzug des Rock ’n’ Roll in ihr bis dahin langweiliges Dorf an der schwedisch-finnischen Grenze.
2004 lief der Film Die Farbe der Milch in den deutschen Kinos, in dessen Fokus das Gefühlschaos dreier 12-jähriger norwegischer Mädchen steht, die sich entschließen, sich von nun an für Jungs zu interessieren.
Frankreich
Französische Jugendfilme haben eine lange Tradition. Ein Beispiel dafür ist der Jugendkrimi Geheimnis von St. Agil (1938). 1949 beobachtete Jacques Becker mit dem Film Jugend von heute Jugendliche bei ihrem Start in ein Leben voller Herausforderungen, die sie zu bewältigen haben. In den 1950er Jahren entstanden engagierte Jugendfilme wie beispielsweise Engel der Halbstarken (1953). Darin geht es um Streitigkeiten einer Gruppe „Halbstarker“. Im Liebesdrama Erwachende Herzen (1954) geht es um Jugendliche, die sich für die Liebe noch zu jung fühlen. Der Krieg der Knöpfe von 1962 ist ein satirisch geprägter Jugendfilm über die Rivalität der Jungs zweier Dörfer.
Im Zuge der Modewelle der Paukerfilme der 1980er Jahre produzierte auch Frankreich einige derartige Filme, wie zum Beispiel Glückwunsch … mal wieder sitzengeblieben (1980) oder Her mit den Jungs (1984). Ein kommerziell sehr erfolgreicher Film, der auch auf die Gefühlswelt der Jugendlichen eingeht, war dagegen La Boum – Die Fete (1980) und seine Fortsetzungen La Boum 2 – Die Fete geht weiter (1982); beide mit Sophie Marceau.
Das freche Mädchen durchlebt den allmählichen Übergang von der Kindheit ins Erwachsenwerden während eines Sommers. Das Drehbuch basiert auf einem Skript von François Truffaut und zeigt 1985 das Debüt von Charlotte Gainsbourg. Ihre Mutter Jane Birkin verliebt sich 1988 in einen 15-Jährigen und verbringt Die Zeit mit Julien.
Am großen Weg (1987) beschreibt den Sommer eines Kindes bei Verwandten auf dem Land, die durch diesen Besuch schaffen, den Tod ihres eigenen Sohnes verarbeiten.
Sommer (1996) ist einer der vielen eher handlungsarmen Filme von Éric Rohmer über junge Menschen, die zumeist mittels diverser Gespräche und Reflexionen versuchen, sich über ihren Charakter und ihren Platz in der Welt klar zu werden. In Sommer gerät ein Student im Urlaub zwischen drei Frauen, die sich für ihn interessieren und zwischen denen er sich nicht entscheiden kann. Bereits 1967 gewann Rohmer für Die Sammlerin den Preis für den „Besten Film für junge Menschen“ bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin.
Dannys Mutprobe (1997) handelt von der Freundschaft eines 12-jährigen Jungen mit einem krebskranken alten Mann. In Beschkempir – Der fremde Sohn (1998) geht es um das Heranwachsen eines Waisenjungen in einem kirgisischen Dorf.
Tee im Harem des Archimedes (1985) und Hass (1999) handeln dagegen vom Leben in französischen Vororten.
Die Erlebnisse und Verwirrungen junger Leute aus verschiedenen europäischen Ländern während ihres Auslandsjahres in Spanien stehen im Zentrum von Cédric Klapischs L’auberge espagnole (2002).
Eine moderne Variante des Klassikers La Boum ist die französisch-deutsche Koproduktion Französisch für Anfänger (2006). Sie schildert, als romantische Komödie konzipiert, die Erlebnisse des 16-jährigen Hendrik, deutscher Teilnehmer eines Schüleraustauschs, bei seinem Erste-Liebe-Trip ins Nachbarland Frankreich.
Das Leben beliebter 17-jähriger Jugendlicher in Paris zeigt die Jugendkomödie LOL (Laughing Out Loud), in der die hübsche Hauptfigur Lola, von allen Lol genannt gegen ihre Eltern und für die „Liebe“ kämpft. Nicht tiefgründig aber amüsant.
Ein ernsthafter und erschütternder Film ist Leila – Die Tochter des Harki (2006) über eine algerische Familie, die infolge des Algerienkrieges nach Frankreich flieht und unter entwürdigenden Verhältnissen in einem Aufnahmelager leben muss. Einzig die titelgebende Tochter begehrt gegen die Situation auf.
Water Lilies (2007) und Tomboy (2011) von Céline Sciamma setzen sich mit der Suche des pubertierenden Menschen nach seiner sexuellen Identität auseinander. Für Water Lilies gewann Sciamma den Prix Louis Delluc für das beste Erstlingswerk; Tomboy wurde auf verschiedenen internationalen Filmfesten ausgezeichnet.
Italien
Auch Italien hat Jugendfilme betreffend eine lange Tradition. In dem Episodenfilm Kinder unserer Zeit (1952) geht es um Delikte halbwüchsiger Krimineller in drei verschiedenen europäischen Ländern. In der feinfühligen Inszenierung Freunde fürs Leben (1955) geht es um Jugendfreundschaften.
Im Zuge der Paukerfilmwelle entstanden in Italien solche Filme wie Jetzt treibt sie′s auch noch mit dem Pauker (1978). Ein besonders in der DDR sehr erfolgreicher Jugendfilm war der Liebesfilm Cinderella ′80 (1984). Unter dem Titel Cinderella ′87 wurde dieser Film auch in der BRD (allerdings mit einer anderen deutschen Synchronisation) veröffentlicht.
Ein etwas neuerer italienischer Jugendfilm ist Karate Rock (1990), in dem es um Konflikte an einer Schule geht. Der Film Der Riesenkürbis (1993) handelt von einem 13-jährigen Mädchen, das unter epileptischen Anfällen leidet. In dem Entführungsthriller Ich habe keine Angst (2002) entdeckt ein Junge ein in einem Erdloch angekettetes Kind, wodurch ein böses Erwachen aus unbeschwerten Kindertagen seinen Lauf nimmt.
Die erwachende Sexualität von Jugendlichen beschreibt Der Zauber von Malèna (2000), in dem sich ein 13-jähriger Junge während des Zweiten Weltkrieges in die schöne Ehefrau (Monica Bellucci) eines in Nordafrika kämpfenden Soldaten verliebt, die für ihn unerreichbar scheint.
Ein besonders anrührender Film ist das vielfach ausgezeichnete Drama Das Zimmer meines Sohnes (2001), in dem der Sohn einer Familie durch einen Unfall stirbt und die Angehörigen seinen Tod verarbeiten müssen.
Spanien
Aus Spanien kommend wurden vor allem in den 1980er Jahren einige Jugendfilme ins Deutsche synchronisiert, wie zum Beispiel Bertas Motive (1983). Darin geht es um die Erlebnisse eines Mädchens in der öden Landschaft Kastiliens. Das Drama Rothaarige Teo (1985) erzählt die Erlebnisse des Sohns eines Madrider Richters und seines sterbenden Großvaters. In 27 Stunden (1986) werden 27 Stunden aus dem Leben eines 18-jährigen baskischen Jugendlichen und seiner Freunde aufgezeigt. Ebenfalls ein Porträt jugendlichen Lebens ist Schönsten Jahre des Lebens (1989). Zudem entstanden Literaturverfilmungen wie zum Beispiel Dickkopf (1982) oder Liebe Valentina (1982).
Ein verschachteltes Drama, ausgelöst durch ein Coming-out in einem katholischen Internat der 1960er, beschreibt Pedro Almodóvar in La mala educación – Schlechte Erziehung (2003).
Aber auch in den 2000ern entstehen weiterhin Jugendfilme im weiteren Sinne, wie zum Beispiel The Devil’s Backbone (2001). In diesem Thriller geht es um ein düsteres Geheimnis in einem völlig entlegenen Waisenhaus zur Zeit des Spanischen Bürgerkrieges. Planta 4ª (2003) berichtet von krebskranken Jugendlichen, die versuchen, aus einem Krankenhaus auszubüxen.
Sowjetunion/Russland
Anfangs gab es einige politisch motivierte russische Filme, wie zum Beispiel Freundschaft (1948), Ihr großer Tag (1958) oder Flagi na baschnjach (1958). Den überwiegenden Teil stellten allerdings unpolitische Unterhaltungsfilme wie zum Beispiel Die Kratzbürste (1957) oder Gefährliche Mission (1959). Zudem gab es zahlreiche Literaturverfilmungen wie beispielsweise Fünfzehnjährige Kapitän (1945), Dem Leben entgegen (1952), Geheimnis des Bergsees (1954) oder Geschichte einer ersten Liebe (1957).
Der Trend in der russischen Jugendfilmproduktion setzte sich in den 1960er Jahren weiter fort. Es entstanden weitere Filme, die politischen Einfluss auf Jugendliche nehmen sollten. Wie zum Beispiel Armee der Bachstelzen (1964) oder Es geschah in der Aufklärung (1968).
Die Anzahl der unpolitischen Unterhaltungsfilme stieg in den 1960ern im Verhältnis zu davor wesentlich stärker an. Beispiele dafür sind Abenteuer des Krosch (1961), Kommen Sie morgen (1963), Fußballkapitän (1963), Begegnung mit der Zärtlichkeit (1967), Dubrawika (1967) oder Kleine Ausreißer (1967). Letztgenannter war eine russisch-japanische Koproduktion.
Die russischen Jugendfilme der 1970er Jahre enthielten sich jeder politischen Indoktrination, ohne jedoch die Auswirkungen des politischen Systems zu verleugnen. Zudem begannen sie ein realistisches Jugendbild zu zeigen. Zum Beispiel in Coming-of-Age-Filmen wie Hierher fliegen die Schwäne (1973), Der furchtlose Ataman (1973) oder Ich bin doch schon erwachsen (1974).
Zahlreiche russische Jugendfilme der 1970er Jahre waren Historienfilme, wie zum Beispiel Begegnung an der alten Moschee (1970), Die verschollene Expedition, Goldener Fluß (1976), Bewegte Kindheit (1976), Auf Wolfsspur (1977), Alles wegen Kusmin (1978) oder Geschichte eines Jungen aus Abchasien (1978).
Aber auch andere Filmgenres wurden im russischen Jugendfilm gezeigt. Wie zum Beispiel die Filmdramen Bedenkzeit für die Liebe (1971) oder Jirka läßt die Puppen tanzen (1974). Liebesfilme waren beispielsweise Hurra, wir haben Ferien! (1972), Hundert Tage nach der Kindheit (1975), Kühne Träume (1975) oder An meinem Tod ist Klawa K. schuld (1979).
In den 1980er Jahren wurden nicht mehr so viele russische Filme in Deutsch synchronisiert. Dennoch gab es aus den verschiedensten Filmgenres russische Jugendfilme. Zum Beispiel Alarm an der Küste (1981), Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn (1982), Alle rufen mich Talisman (1983), Bote (1987), Brandstifter (1988) oder Kleine Vera (1988).
Ein lakonisch erzähltes russisches Roadmovie neueren Datums, das auf dem „goEast“-Festival preisgekrönt wurde, ist der Film Der Weg nach Koktebel (2003). Ein 11-Jähriger folgt seinem Vater zu Fuß von Moskau bis ans Schwarze Meer, wo beide bei der Tante in Koktebel ein neues Leben beginnen wollen.
Jugendfilme des amerikanischen Kontinents
Vereinigte Staaten
Der amerikanische Jugendfilm spiegelt, mehr noch als andere Filme, die gesellschaftlichen Entwicklungen und die Krise des Hollywood-Kinos wider.
Stummfilmzeit bis 1950er Jahre
Ursprünglich existierte der Begriff „Jugendfilm“ gar nicht, da Filme in der Anfangszeit der Filmindustrie als Unterhaltung für alle Altersgruppen galten und Unterscheidungen nach Zielgruppen beziehungsweise Altersfreigaben erst später eingeführt wurden.
Ein früher Jugendfilm ist die Literaturverfilmung Kinder auf den Straßen (1933). Dort geht es um Jugendliche während der amerikanischen Wirtschaftskrise.
Beispielhaft für den damaligen Umgang mit Jugendlichen in Spielfilmen ist Teufelskerle von 1938. In ihm wird die wahre Geschichte eines Pfarrers (Oscar für Spencer Tracy), erzählt, der ein Heim für sozial benachteiligte Jugendliche einrichtet, um sie vor dem Gefängnis zu bewahren. Der Erwachsene steht im Zentrum der Handlung, seine Schützlinge sind lediglich Nebendarsteller.
Auch im Nachkriegskino umfasst ein bedeutender Teil des amerikanischen Nachkriegskinos lediglich vermeintliche Kinder- bzw. Jugendfilme wie beispielsweise Black Beauty (1946), Black Gold (1947) und In 80 Tagen um die Welt (1956). Diese gewannen zwar häufig Oscar-Nominierungen oder -Auszeichnungen, Jugendliche und deren Probleme wurden kaum oder überhaupt nicht thematisiert.
Als Resultat wurden realistische Filme jugendlichen Verhaltens und ihrer Empfindungen häufig als Provokation angesehen, zumal in ihnen häufig die Heranwachsenden mit Gewalt auf das elterliche Unverständnis reagierten: Der Wilde (1953); … denn sie wissen nicht, was sie tun und Die Saat der Gewalt (1955) gehören hierzu. Ihre Hauptdarsteller Marlon Brando und James Dean wurden zu Idolen der jungen Zuschauer, die sich in ihnen wiedererkannten. Versuche, Jugendliche durch gefällige Gesangsfilme mit Elvis Presley an Hollywood zu binden, scheiterten, da das Publikum andere Helden wie Brando, Steve McQueen oder Paul Newman suchte.
Zu den in den 1950ern entstandenen Literaturverfilmungen von Jugendbüchern zählen Junges Glück im April (1957) oder Das Geheimnis der verwunschenen Höhle (1959).
1960er bis 1970er Jahre
In den 1960ern rückte eine neue Generation Jugendlicher nach, die unter anderem Die Reifeprüfung (1967) oder Easy Rider (1969) sahen. Erstgenannter Film gilt auch als Auslöser der Popkultur und zeigte die Heranwachsenden eher als verwirrt, unsicher und desinteressiert denn als rebellisch und zornig.
Später entwickelte sich das „New Hollywood“, ein von jungen Filmemachern begründetes realistisches Kino, an dem das Studiosystem des alten Hollywood zerbrach. Beispiele dieser Entwicklung waren Die letzte Vorstellung (1971) und American Graffiti (1973), in der George Lucas als erster Regisseur die Handlung eines Jugendfilms in seine eigene Kindheit verlegte und somit neben den Jugendlichen des Jahres 1973 auch jene als Zuschauer gewann, die zur Zeit der Handlung (1960er Jahre) selbst Jugendliche waren.
Ansonsten waren Jugendfilme eher selten: 1973 entstand mit Jeremy einer der wenigen Liebesfilme, der unter Jugendlichen spielt. Ich hab’ dir nie einen Rosengarten versprochen beschrieb 1977 – basierend auf einem wahren Fall – einen 2-jährigen Klinikaufenthalt einer 16-Jährigen nach ihrem Suizid-Versuch.
1977 löste Saturday Night Fever das Disco-Fieber aus, bevor Der weiße Hai und Krieg der Sterne das Blockbuster-Kino etablierten, welches das Kinoprogramm für Jugendliche über die nächsten Jahrzehnte bestimmte.
1980er Jahre
Die erfolgreichsten Jugendfilme der 1980er Jahre erzeugten kaum gesellschaftliche Impulse. Sie waren im Wesentlichen von den Erfolgen Steven Spielbergs, George Lucas’ und John Hughes’ geprägt. Während die ersten beiden Regisseure vor allem den Actionfilm für Jugendliche etablierten (Zurück in die Zukunft, Gremlins – Kleine Monster, Die Goonies, Willow usw.), drehte Hughes Komödien über Schüler, in denen zwar auch Probleme wie die Entwicklung von Individualität, Gruppenzwängen oder Einsamkeit thematisiert wurden (The Breakfast Club, Ferris macht blau, Pretty in Pink), diese aber stets mit einem Happy End gelöst wurden. In diese Kategorie gehören auch St. Elmo’s Fire und Das Geheimnis meines Erfolges. Ich glaub’, ich steh’ im Wald (1982) war Vorbild vieler US-Schülerkomödien.
Tanz- und Musikfilme konnten wieder vermehrt Zuschauer anziehen (Flashdance, Footloose, Fame – Der Weg zum Ruhm, Dirty Dancing). Hierzu gehört auch die in den 1960ern angesiedelte Komödie Hairspray (1988) und Cry-Baby (1990), eine in den 1950ern spielende Parodie auf West Side Story (mit Johnny Depp), beide von John Waters.
Daneben gab es aber auch eine Reihe von Filmen, die aus der Independent-Szene heraus entstanden und sich dem inhaltlichen und formalen Konservatismus Hollywoods entgegenstellten: Baby It’s You (1984) von John Sayles, Nola Darling (Spike Lee) und Jim Jarmuschs Stranger than Paradise zeigten, dass es noch immer eine Gegenbewegung zum Mainstream-Standard gab. Zwei Cheyenne auf dem Highway setzt sich 1989 mit der aktuellen Situation von Indianern im modernen Amerika auseinander. Reise zur Insel der Geister (1988) behandelt die Auseinandersetzung von Jugendlichen zwischen Tradition und Moderne. Das Messer am Ufer (1986) mit Keanu Reeves setzt sich mit den Folgen eines Mordes unter Jugendlichen auseinander. Stand and Deliever über die Probleme eines Lehrers an einer Schule im Latino-Milieu war 1988 einer der ersten ernsthaften Filme, der in dieser Umgebung angesiedelt war.
Maßstäbe in Hinblick auf die Protektion junger Akteure setzte Francis Ford Coppola mit den beiden Auftragswerken Die Outsider und Rumble Fish. Alan Parkers Film Birdy (1984) beschreibt die Freundschaft zweier Jugendlicher angesichts traumatischer Erfahrungen im Vietnam-Krieg. Sergio Leone widmet in Es war einmal in Amerika (1984) der Adoleszenz der späteren Widersacher mehr als eine Stunde. Steven Spielberg verfilmte 1987 in seinem zweiten „ernsthaften“ Film Das Reich der Sonne den semi-autobiophischen Roman von J. G. Ballard über die Erlebnisse eines 11-Jährigen während des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges ab 1941. Die Kadetten von Bunker Hill (1981) handelt von der Verführbarkeit junger Menschen angesichts einer scheinbaren Ordnung und von falsch verstandenen Ehrbegriffen. Neben Timothy Hutton, der 1980 als jüngster Darsteller einen Oscar für Eine ganz normale Familie erhalten hatte, spielten Sean Penn und Tom Cruise, dessen 1986 gedrehter Film Top Gun als ein speziell für jugendliche Männer gedachter Werbefilm fürs Militär konzipiert worden war.
1990er Jahre
Die Jugendfilme der 1990er Jahre begannen verstärkt gesellschaftliche Impulse zu erzeugen. Das Thema AIDS dokumentiert das Drama Kids (1995). Darin geht es um die sexuelle Sorglosigkeit von Jugendlichen, die darin mündet, dass ein Mädchen mit HIV infiziert wird und sich dadurch innerhalb ihrer Clique isoliert. In Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa (1993) sucht ein junger Amerikaner, neben der Fürsorge für seine Mutter und den behinderten Bruder, auch nach Raum für sein eigenes Leben. Es folgten die Filme The Mighty (1998), in dem es um die magische Traumreise zweier ungleicher Freunde geht und in dem Themen wie Behinderung und soziale Ausgrenzung thematisiert werden, und Rushmore (1998), eine intelligente Tragikomödie im Highschool-Milieu. In dem vielgelobten Independent-Film Gas Food Lodging - Verlorene Herzen (1992) leben zwei Schwestern mit ihrer Mutter in einem Wohnwagen-Park in der Wüste von New Mexico und träumen davon, aus ihrem langweiligen Dasein auszubrechen.
Jugenderinnerungen aus den 1960ern zeigten 1994 Unsere Welt war eine schöne Lüge und 1995 This Boy’s Life. Dabei steht jeweils der Konflikt mit (Stief-)Vätern im Zentrum, die ihre Kinder durch Manipulation und Gewalt an sich banden und deren Machtstellung erst gegen Ende einer unglücklichen Jugend gebrochen wurden. Die Verfilmung der von Drogenmissbrauch, Selbstzerstörung und Gewalt berichtenden Tagebücher von Jim Carroll – In den Straßen von New York wurden in der Filmfassung von 1995 in die damalige Gegenwart verlegt. Dem Film wurde später vorgeworfen, durch eine Traumsequenz der Hauptfigur, die Täter des Amoklaufs an der Columbine High School inspiriert zu haben.
Auch in den 1970ern waren verschiedene Filme angesiedelt. Während etwa Now and Then – Damals und heute (1995) und My Girl (1991) samt Fortsetzung eher als nostalgische (Tragi-)Komödien einzuordnen sind, beschreiben die ernsthafteren The Virgin Suicides (1999) – basierend auf wahren Ereignissen – und Der Eissturm (1997) Sittenbilder der Vietnam- und Nixon-Ära, in der die Eltern den Bedürfnissen der Kinder hilf- und verständnislos gegenüberstehen und somit Tragödien heraufbeschwören. Detroit Rock City von 1999 und Almost Famous – Fast berühmt (2000) feiern dagegen die Rock-Euphorie dieser Zeit.
Im Gegensatz zu ambitionierteren Werken wurden Filme wie Verrückt nach Mary und American Pie als typische Beispiele einer wieder populär werdenden klamaukhaften Komödie angesehen, die gerne auch Ekel- und Fäkalhumor unter anderem über Sperma und Fürze einsetzte. Zu den „Feelgood movies“ dieses Jahrzehnts gehört zum Beispiel Josh and S.A.M. von 1993. Eine wie keine löste 1999 einen Boom von Teenager-Liebeskomödien aus.
2000 bis heute
Der Übergang ins neue Millennium wurde von mehreren erfolgreichen Adaptionen Shakespeare’scher Werke begleitet, nachdem zuvor Clueless – Was sonst! (1995) sehr erfolgreich den Jane-Austen-Roman Emma modernisiert hatte. Der erste dieser Filme war 1997 Romeo & Julia. Julia Stiles spielt in gleich drei weiteren Verfilmungen eine Hauptrolle: 10 Dinge, die ich an Dir hasse (1999), Hamlet (2000) und O (2001). Etwa zur gleichen Zeit entstand mit Eiskalte Engel eine Modernisierung des Brief-Romans Gefährliche Liebschaften von Choderlos de Laclos, der bereits zuvor schon mehrere Verfilmungen erfahren hatte.
Ein weiteres konstant erfolgreiches Filmgenre ist die Fantasy-Adaption. Für aufwendige Reihen in der Tradition von Harry Potter und Der Herr der Ringe stehen Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia (2005), Eragon – Das Vermächtnis der Drachenreiter (2006) und Der Goldene Kompass (2007). Nur ersterer erhielt allerdings bislang die Genehmigung für eine Fortsetzung, während etwa Wintersonnenwende – Die Jagd nach den sechs Zeichen des Lichts (2007) den Sprung ins Kino gar nicht erst schaffte.
Die Comic-Adaption Ghost World (2000) beschreibt hingegen den Tagesablauf einer selbstgewählten Außenseiterin, die durch den Kontakt mit einem doppelt so alten Mann erkennt, dass ihre Einstellung viele Probleme schafft und sie sich zu weit vom realen Leben entfernt hat. Auch im Jugenddrama The Dangerous Lives of Altar Boys (2002), das im repressiven Milieu einer katholischen Schule der 1970er Jahre angesiedelt ist, versuchen die Hauptpersonen, sich dem Druck ihrer Umwelt zu entziehen. Ein weiterer Außenseiter in einer Schulwelt beherrscht von Cliquen, Sportlern und Cheerleadern ist Napoleon Dynamite, der 2004 alle Maßstäbe von Coolness völlig ignorierte und seinem mexikanischen Schulfreund zu helfen versuchte, Schulsprecher zu werden.
Dass häufig auch die Familie wesentlich für die Schwierigkeiten beim Erwachsenwerden verantwortlich ist, beweisen ebenfalls diverse Filme. Tart – Jet Set Kids (2001) zeigt Jugendliche aus zerrütteten Familienverhältnissen, die zum Jetset gehören wollen, aber scheitern. In der auf wahren Ereignissen beruhenden Tragikomödie American Girl (2002) hingegen erkennen die verschiedenen problembelasteten Familienmitglieder anlässlich eines Besuchstages bei ihrem wegen Mordes verurteilten Vater ihre diversen Probleme und werden dadurch in die Lage versetzt, sie zu überwinden. Die Welt der Immigranten steht im Zentrum der Komödie Echte Frauen haben Kurven (2002): Eine junge Frau mexikanischer Abstammung bringt mit ihrem Wunsch zu studieren ihre traditionsbewusste Mutter gegen sich auf, die die kulturelle Identitätssuche ihrer Tochter nicht akzeptieren will.
Zu den diversen gesellschaftspolitischen Themen, die realistische und ernsthaft behandelt werden gehören Pädophilie und Homophilie (L.I.E. – Long Island Expressway 2001), Amokläufe (Elephant 2003) und die Neigung der Gesellschaft, ihre Probleme nicht selber zu behandeln, sondern in die Hände von Psychiatern zu geben (Thumbsucker 2005). Eine moderne Variante von Mädchen in Uniform um die Liebe einer Lehrerin und ihre Schülerin stellt das Independent-Drama Loving Annabelle von 2006 dar.
In Mean Creek (2004) wollen sich einige Jugendliche an einem sie ständig drangsalierenden Jungen rächen und schwören dabei Unheil herauf. In dem Psychothriller Hard Candy (2005) wechseln die Machtverhältnisse von Opfers und Täters eines scheinbaren sexuellen Missbrauchs. 2005 zeigte Brick einen Film noir an einer Highschool: ein Schüler macht sich auf die Suche nach einer vermissten Ex-Freundin.
Der erste ernsthafte Film um die Rapkultur, in dem Eminem die mutmaßlich autobiografisch angelegte Hauptrolle übernahm, war 8 Mile (2002) von Curtis Hanson.
Ein so genanntes Feelgood movie ist das Disney-Remake Freaky Friday (2003), in dem Mutter und Tochter durch den Zauber einer alten Chinesin die Körper tauschen. Selbst in eher seichten Komödien können sich aber die Figuren tiefergehenden Problemen gegenüberstehen: In The Girl Next Door (2004) stell ein Schüler fest, dass seine Freundin Pornofilme drehte und gerät in einen Konflikten zwischen Vorurteilen und Moralvorstellungen, aber auch mit seiner engstirnigen Umgebung.
Der Abenteuerfilm Das Geheimnis von Green Lake (2003) hat, obwohl er in einem Erziehungs- und Arbeitslager angesiedelt ist, auch eine Menge lustiger Aspekte zu bieten. Einen unterhaltsamen Umweltkrimi stellt Eulen – Kleine Freunde in großer Gefahr (2006) dar, der in Deutschland nur auf DVD erschien. Beides sind Verfilmungen sehr erfolgreicher Jugendromane.
2007 feierte das Musical-Genre erneut eine Renaissance (Hairspray, High School Musical) und zeigten die Erfolge von Superbad und Beim ersten Mal, dass das Prinzip von American Pie noch nicht ausgelaugt ist. Hingegen ist Juno, der vier Oscar-Nominierungen in Hauptkategorien gewann und für das beste Originaldrehbuch ausgezeichnet wurde, ein Beleg dafür, dass intelligente Filme über Jugendliche lange nachwirken und auch Erwachsene beeindrucken können.
Kanada
Lost and Delirious (2001) ist ein Filmdrama der Regisseurin Léa Pool über Liebe und Verlust.
In Saint Ralph (2004) versucht 1954 ein 14-jähriger Schüler einer katholischen Schule, den Boston-Marathon zu gewinnen, da er glaubt, durch einen Sieg, der ein „Wunder“ wäre, seine im Koma liegende Mutter zu retten.
Der mit elf Genie Awards ausgezeichnete Film C.R.A.Z.Y. – Verrücktes Leben (2005) ist eine kanadische Tragikomödie, die sich um die fünf Söhne, deren Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen den Filmtitel ausmachen, der Familie Beaulieu und ihr chaotisches Verhältnis zu den Eltern dreht. Pubertät, Sex, Drugs, Rock ’n’ Roll und Rebellion – die 1970er fordern ihren Tribut von allen Beteiligten.
Als kluge Komödie über einen bisher von seinen Hippieeltern unterrichteten altklugen 13-Jährigen, der erstmals auf eine Schule gehen soll und seine gesamte Umgebung in große Unruhe stößt, erweist sich Whole New Thing (2005).
Süd- und Mittelamerika
In dem Festivalerfolg Y Tu Mamá También – Lust for Life (2001) aus Mexiko versuchen zwei befreundete und ziellose Pubertierer eine rund zehn Jahre ältere Frau aufzureißen – und kommen mächtig ins Schleudern, als sich die Todgeweihte tatsächlich auf ein erotisches Dreiecksverhältnis mit ihnen einlässt. Das ergreifend erzählte chilenische Filmdrama Machuca, mein Freund (2004) berichtet von der Freundschaft zweier Jungs aus ganz unterschiedlichen sozialen Verhältnissen im Chile des Jahres 1973 und wie ihr bis dahin unbeschwertes Leben durch einen Militärputsch völlig aus der Bahn geworfen wird. Die kolumbianisch-amerikanische Koproduktion Maria voll der Gnade (2004) schildert die Geschichte der 17-jährigen schwangeren Kolumbianerin Maria, die sich mit 62 geschluckten nussgroßen Kokainkapseln in ihrem Magen als Drogenkurierin auf den Weg in die USA macht, weil sich die skrupellosen Auftraggeber sonst an ihrer Familie vergreifen würden.
Asien
Japan
Die geistige und seelische Verarbeitung der Atombombenabwürfe spielt im japanischen Film eine große Rolle. Zu diesem Thema sind auch einige Jugendfilme entstanden. Zum Beispiel Kinder von Hiroshima (1952/53), Das Mädchen Toshiko (1979), Lehrerin (1982) oder Kinder von Nagasaki (1983).
Aber auch anderen Themen widmet sich der japanische Jugendfilm. Von der Komödie Junge Mäherin (1953) – darin geht es um junge Liebende bei der Heuernte – bis hin zum Filmdrama Junge (1969). Dieser Film erzählt die Geschichte eines Jungen, der aus seiner Kindheit vertrieben wird.
In den 1980er Jahren kamen weitere japanische Jugendfilme nach Deutschland, wie zum Beispiel Frei wie ein Vogel (1980). Darin geht es um Spatzen, die in Japan geschossen werden. Der Bärenfänger (1987) wiederum erzählt die Beziehung zwischen einem Jungen und seinem Großvater.
Sekai no Chūshin de, Ai wo Sakebu (2004) schildert nach einem Bestseller von Kyōichi Katayama eine Liebesgeschichte zwischen einem Jungen und einem an Leukämie leidenden Mädchen. Ebenfalls eine Literaturverfilmung ist Deep Love – Ayu no Monogatari (2004), das unter anderem die Prostitution von Jugendlichen in Japan behandelt. In dem im Dokumentarstil gedrehten Drama Nobody Knows (2004) geht es um den urbanen Überlebenskampf von vier auf sich allein gestellten Kindern, die von ihrer Rabenmutter in einem sitzen gelassen wurden. Die Verfilmung der Mangaserie Nana war 2005 an den japanischen Kinokassen erfolgreich.
Indien
Vielleicht der wichtigste Jugendfilm Asiens älteren Datums ist Salaam Bombay! (Indien 1988) der indischen Regisseurin Mira Nair. Der 1988 mit der Goldenen Kamera in Cannes ausgezeichnete und 1989 für einen Oscar nominierte Film schildert überaus eindrucksvoll die Erlebnisse eines Jungen vom Lande in der laut Einwohnerzahl größten Stadt der Welt, Bombay.
Korea
In dem visuell herausragenden Jugenddrama Memento Mori (Südkorea 1999) wird sehr surreal und überaus melancholisch die Geschichte von zwei sich liebenden Schülerinnen erzählt, die auch nach dem Suizid der einen geistig miteinander verbunden bleiben. Im Schuld-und-Sühne-Drama Samaria (Südkorea 2004) prostituiert sich ein minderjähriges Mädchen, um sich und ihrer anfänglich nur Schmiere stehenden Freundin eine Europareise zu finanzieren. Nach dem mitverschuldeten Unfalltod der Amateurhure agiert die Freundin als „Wiedergutmacherin“, während ihr Vater, ein Polizist, einen privaten Rachefeldzug gegen die Freier startet.
China
Beijing Bicycle (Volksrepublik China 2001); Xiaos Weg (VR China 2002).
Afrika und Naher Osten
Der Film Geschenk Gottes (Burkina Faso 1982) behandelt die Geschichte eines stummen Jungen in einem afrikanischen Dorf. In Zwei Welten (Simbabwe 1988) wird die authentische Geschichte einer 13-jährigen Weißen im Südafrika der Apartheid erzählt. Das 1992 von Briten produzierte Filmmusical Sarafina! spielt 1976, also ebenfalls zur Zeit der Apartheid, in Südafrika und handelt von den aufmüpfigen Schülern einer Schule der South Western Townships (auch als Soweto bekannt) bei Johannesburg. Zwei afrikanische Jugenddramen neueren Datums sind Moolaadé – Bann der Hoffnung (Senegal 2004) und Zulu Love Letter (Südafrika 2004). Im ersten Film wird gezeigt, wie eine beherzte Frau mit dem uralten Zauberspruch Moolaadé vier junge Mädchen, die sich in ihr Haus geflüchtet haben, vor der drohenden Beschneidung zu schützen versucht. Der zweite Film schildert das problematische Verhältnis einer gehörlosen Schülerin zu ihrer lebensmüden Mutter, die als Journalistin während ihrer Schwangerschaft von Apartheids-Schergen gefoltert wurde.
Muslimische Länder
Filme aus muslimischen Ländern können für ein jugendliches Publikum durchaus sehenswert und interessant sein. Diese Filme vermitteln zum Teil einen authentischen Einblick in eine ganz andere Realität.
In Halfaouine – Zeit der Träume (Tunesien 1990) werden die letzten „Kindertage“ eines 12-jährigen Jungen in Tunis in Szene gesetzt. In Die Kinder von Beirut (Libanon 1998) freuen sich drei Jugendliche über den beginnenden Bürgerkrieg 1975, weil die Schule geschlossen wird, hören lieber amerikanische Musik und drehen Super-8-Filme, während langsam ihre Sexualität erwacht. In Zeit der trunkenen Pferde (Iran 2000) versuchen junge Kurden geht ihren todkranken Bruder zu retten. Der preisgekrönte Film Osama (Afghanistan 2003) erzählt von einem Mädchen, das sich im Afghanistan der Taliban als Junge verkleidet. In dem mit Festivalpreisen überhäuften Drama Schildkröten können fliegen (Iran/Irak 2004) wird die tragische Geschichte des 13-jährigen Kurden „Satellit“ erzählt, der in einem Flüchtlingslager an der Grenze zum Irak wie ein kleiner General seine Kindertruppe zum Einsammeln von Landminen abkommandiert, damit er sie auf dem Schwarzmarkt verkaufen kann.
Mit europäischen Geldern wurde 2004 der in Palästina angesiedelte Film Paradise Now über zwei junge Selbstmordattentäter finanziert.
Australien und Neuseeland
In Heavenly Creatures (1994) erzählt Der-Herr-der-Ringe-Regisseur Peter Jackson von einem authentischen Fall im Neuseeland des Jahres 1954, als zwei junge Mädchen die Mutter der einen ermordeten. Gleichfalls 1994 entstanden, schildert die Komödie Muriels Hochzeit den Kampf eines unbeliebten und molligen Mädchens um seine gesellschaftliche Anerkennung. Ein in Australien preisgekröntes Jugenddrama neueren Datums ist Somersault – Wie Parfum in der Luft (2004), in dem der Hunger einer 16-Jährigen nach Liebe und Sex in Frust und Gewalt endet. December Boys (2007) ist ein im Australien der 1950er spielendes Drama über vier Waisen, deren Freundschaft in Gefahr gerät, als ein Paar einen Jungen aufnehmen möchte und eine Konkurrenzsituationen zwischen drei von ihnen entsteht. Es ist der erste größere Film mit Daniel Radcliffe außerhalb der Harry-Potter-Reihe.
Jugendfilmpreise
Wichtige Jugendfilmpreise sind zum Beispiel:
- der „Wettbewerb um den Jugendfilmpreis“ in Stuttgart, organisiert vom Filmbüro Baden-Württemberg e. V.
- der europäische Jugenddokumentarfilmpreis GROSSE KLAPPE des Kinder- und Jugenddokumentarfilmfestivals doxs!! und der Bundeszentrale für politische Bildung
- der Kasseler Jugendfilmpreis
- der Frankfurter Jugendfilmpreis (im Rahmen der Hessischen Jugendfilmtage von der Stadt Frankfurt verliehen)
- der Bayerische Jugendfilmpreis
- der Kinder- und Jugendpreis der Nordischen Filminstitute
- Kategorie „Bester Kinder- und Jugendfilm“ des Deutschen Filmpreises
- Deutscher Jugendvideopreis
- Berlinale, Generation 14+[3]
Siehe auch
Literatur
- Jonathan Bernstein: Pretty in Pink. The Golden Age of Teenage Cinema. New York 1997, ISBN 0-312-15194-2.
- Vera Hütte, Hauke Lange-Fuchs: Das Kinderbild im skandinavischen Film.
- Jürgen Lauffer, Renate Röllecke, Dieter Wiedemann: Jugendfilm Spezial. Aufwachsen in getrennten Staaten: Deutsche Jugendfilme aus Ost und West. Empfehlungen und Hintergründe. Schriften zur Medienpädagogik / Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK), Bielefeld 1995, ISBN 3-929685-09-4.
- Marina Küffner: Auflehnung, Antriebslosigkeit, Antidepressiva und Apokalypse – Existenzielle Rebellion im Film seit James Dean. Mühlbeyer Verlag, Frankenthal 2015, ISBN 978-3-945378-25-0.
Weblinks
- Kategorie „Jugendfilm“ im Lexikon des internationalen Films, Filmdienst
- KJF-Jugendfilm-Kritiken mit pädagogischen Altersempfehlungen
- Jugendfilmpreis des Filmbüros Baden-Württemberg
- Das Portal vom Bundesverband Jugend und Film e. V.
- doxs! – Dokumentarfilme für Kinder und Jugendliche
- – Umfangreiche Datenbank mit mehr als 150 Jugendfilmen
- Coming-of-Age-Film – Eine Einführung auf KinderundJugendmedien.de
Einzelnachweise
- ↑ Wolfgang Ruge: Die Darstellung von Angst und Furcht im Kinderfilm. Otto-von-Guericke-Universität, Institut für Erziehungswissenschaft, Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften, Magdeburg Juli 2008, 3.4 Die Prüfungen einer Heldenreise (Harry Potter), S. 57–76.
- ↑ Cuckoo - FBW-Pressetext. In: FBW. Abgerufen am 27. August 2024.
- ↑ Generation. Abgerufen am 10. März 2024.