Johannes Ittmann
Johannes Ittmann (* 26. Januar 1885 in GroĂ-Umstadt; â 15. Juni 1963 in Gambach) war ein evangelischer Missionar und Ethnologe[1] aus Hessen.
Leben
Ittmann, dessen Familie sich bis ins Mittelalter in den nördlichen Odenwald zurĂŒckverfolgen lĂ€sst â ein Vorfahr gleichen Namens war 1545 erster protestantischer Pfarrer im benachbarten Schaafheim gewesen[2], besuchte in GroĂ-Umstadt die Volksschule von 1891 bis 1899. GeprĂ€gt durch die Bibelstunden in seinem Elternhaus, das pietistischen Erweckungskreisen zugeordnet wird[3], trat er nach seiner Ausbildung zum Notariatsgehilfen von 1899 bis 1904 im gleichen Jahr in das Missionsseminar der Basler Mission ein, das er vom August 1904 bis April 1911 besuchte. 1907 bis 1908 musste er seinen MilitĂ€rdienst ableisten. Ab 1911 studierte er bei Carl Meinhof an der UniversitĂ€t Hamburg Duala, wurde im selben Jahr nach Kamerun ausgesandt und arbeitete dort als Leiter einer Mittelschule der Basler Mission in Mangamba[4] (Bezirk Moungo, Region Littoral) bis 1914. Am 8. April heiratete er in Douala seine Frau Hanna Weygandt.[4]
Durch Ausbruch des Ersten Weltkrieges musste er seinen Missionsdienst unterbrechen. Von November 1914 bis Januar 1915 war er in Kamerun und GroĂbritannien interniert. Von Januar bis Oktober 1915 war der nun 30-jĂ€hrige Ittmann Lehrer an der Missions-Knabenschule in Basel.[4] Ab November 1915 SanitĂ€tssoldat im Reservelazarett SaarbrĂŒcken, kam er ab August 1916 bis November 1918 als SanitĂ€tsunteroffizier nach Konstantinopel.[4] Das Kriegsende erlebte er 1918 in Versailles.[4]
Ittmann war nach Kriegsende von Ende November 1918 bis Mai 1925 als Pfarrverwalter in Mittel-Seemen tÀtig. Ab 1925 kam es zum Neubeginn seiner Arbeit in Kamerun. Dazwischen war er von Mai 1925 bis August 1926 als Reiseprediger der Basler Mission in Bad Hersfeld unterwegs. Vom 23. August bis 10. Dezember 1926 hielt Ittmann sich am Missionsseminar Kingsmead in Selly Oak bei Birmingham auf.
Zum Jahreswechsel ging er wieder fĂŒr drei Jahre nach Kamerun als Schulinspektor. Ab Februar 1930 hatte er einen einjĂ€hrigen Heimatdienst, wohnte in dieser Zeit in Allschwil bei Basel. Im Sommer desgleichen Jahres verband er das mit einem Sommersemester des Studiums der Theologie in Basel.[4] Ende Februar 1931 erreichte er wieder Kamerun. Sein dritter Aufenthalt dauerte bis zum Juni 1934. Die letzten zwei Jahre als PrĂ€ses (Feldleiter) vorwiegend in der Region SĂŒdwest-Kamerun. Am 1. MĂ€rz 1934 wurde er im kamerunischen Buea Mitglied der NSDAP. Ab Juni 1934 hatte er erneut einen 14-monatigen Heimatdienst in und um Darmstadt, wo er ab September seinen Wohnsitz nahm. Dem folgte ab August 1935 sein vierter Kamerun-Aufenthalt bis zum MĂ€rz 1938, gefolgt von erneuten 13 Monaten Heimatdienst. Ab Juni 1939 war Ittmann zum fĂŒnften und letzten Mal in Kamerun tĂ€tig, erneut als PrĂ€ses.[4]
Der Kriegsbeginn 1939 fĂŒhrte auch zu KĂ€mpfen in Afrika. Ab August 1940 war Ittmann in britischer Internierung in Nigeria und Jamaika, wo er als Geistlicher der Internierungslager in Umuahia und spĂ€ter in Kingston eingesetzt wurde. Seine Entlassung am 23. Dezember fĂŒhrte ihn zurĂŒck in seine Heimatstadt GroĂ-Umstadt, da seine Wohnung in Darmstadt seit 1944 ausgebombt war.[4]
Nach dem Zweiten Weltkrieg und der RĂŒckkehr aus der Internierung 1946 kam es am 21. Februar 1947 zur Zwangspensionierung durch den deutschen Zweig der Basler Mission, vermutlich um ihre Ablehnung des Nationalsozialismus deutlich zu machen. Ittmann soll sich zu Unrecht diskriminiert gefĂŒhlt haben. Er sah darin ein âOpfer fĂŒr die Ăkumeneâ, um den deutschen Zweig der Basler Mission international wieder gesellschaftsfĂ€hig zu machen.[5]
Er war dann von Juni 1948 bis zu seiner Pensionierung Ende Januar 1955 als Pfarrverwalter in GroĂ-Umstadt tĂ€tig. Zwei weitere Jahre mit Dienstauftrag in Umstadt anschlieĂend, siedelte er am 16. Oktober 1957 nach Mainz um. Am 15. Juni 1963 starb er in Gambach/Oberhessen.
Werke
Ittmann folgte den AnsĂ€tzen Bruno Gutmanns, die afrikanischen Religionen als Schöpfung Gottes zu betrachten, als praperatio evangelica.[1] Das mehrere Tausend Druckseiten umfassende Werk besteht ĂŒberwiegend aus Forschungsarbeiten ĂŒber Kameruner Sprachen, besonders zu Duala. Umfangreiche Veröffentlichungen ĂŒber Ethnologie und Religionsethnologie Kameruns und ein missionswissenschaftliches Werk runden das Schaffen ab. Ittmann verstarb 1963, kurz vor der Verleihung einer theologischen EhrendoktorwĂŒrde. Seine Feldforschung machte Ittmann zu einem Materialsammler Kameruner bzw. Afrikanischer Theologie â seine Arbeiten zum afrikanischen Gottesbild waren wegweisend fĂŒr die theologische Erforschung afrikanischer Religionen.
In seinen Werken ist eine differenzierte Wandlung vom Missionar zum Ethnologen feststellbar.
Die im Archiv der Basler Mission lagernden, meist noch unveröffentlichten Materialien, werden an der Humboldt-UniversitÀt zu Berlin ausgewertet.
Veröffentlichungen (Auswahl)
- Wörterbuch der Duala-Sprache (Kamerun), (= Afrika und Ăbersee Beiheft 30), Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1976, 675 Seiten
- mit Carl Meinhof: Grammatik des Duala (Kamerun), Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1939, 250 Seiten
- Krokodil und Löffel â Die Geschichte zweier Kameruner MissionsschĂŒler, Band 2, AnkerbĂŒcher, Evang. Missionsverlag, Stuttgart/Basel 1920, 64 Seiten
- Nana. Eine ErzÀhlung aus Kamerun. Evang. Missionsverlag, Stuttgart 1925, 93 Seiten
- Mein Freund Leopard: eine ErzÀhlung aus Kamerun. Evang. Missionsverlag, Stuttgart 1926, 78 Seiten
- Krokodil und Löffel: die Geschichte zweier Kameruner MissionsschĂŒler. (Anker-BĂŒcher 2), Evang. Missionsverlag, Stuttgart 1928, 63 Seiten
- Aus dem RĂ€tselschatz der Kosi, (aus: Sonderdruck aus: Zeitschrift fĂŒr Eingeborenensprachen; 21.1930, Heft 1), Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1930, 29 Seiten
- Zeiten und Zeichen im vorderen Kamerun. In Wilhelm Ăhler (Hrsg.): Evangelisches Missionsmagazin, Neue Folge, 74. Jahrgang, Heft 7, Verlag der Basler Missionsbuchhandlung in Basel, fĂŒr Deutschland: Evang. Missionsverlag, Stuttgart Juli 1930, S. 213â219
- Sprichwörter der Nyang, (aus: Sonderdruck aus: Zeitschrift fĂŒr Eingeborenensprachen; 22.1932, Heft 2-4), Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1932, 63 Seiten
- Ke̱nyaáč , die Sprache der Nyang, (aus: Sonderdruck aus: Zeitschrift fĂŒr Eingeborenensprachen; 26.1936, Heft 1-4), Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1936, 130 Seiten
- Volkskundliche und religiöse Begriffe im nördlichen Waldland von Kamerun, Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1953, 63 Seiten
- Gottesvorstellung und Gottesnamen im nördlichen Waldland von Kamerum. In: Internationale Zeitschrift fĂŒr Völker- und Sprachenkunde, Sonderabdruck Band 50, 1955, Fribourg 1955, 264 Seiten
- Regenschirm geht auf Walfang. Erlebtes aus Kamerun. Evang. Missionsverlag, Stuttgart 1957, 15 Seiten
- Von den Grundlagen der Welt-und Lebensanschauung in SĂŒd-Kamerun, in Zeitschrift Anthropos (Internationale Zeitschrift fĂŒr Völker- und Sprachenkunde), Bd. 58, Heft 5./6. (1963), Nomos Verlagsgesellschaft mbH, S. 661â676 JSTOR:40456039
- Sprichwörter der Kundu (Kamerun), (= Veröffentlichungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut fĂŒr Orientforschung, Bd. 75), Akademie-Verlag, Berlin 1971, 301 Seiten
Einzelnachweise
- â a b JĂŒrgen Thiesbonenkamp, Andreas-Martin Selignow (beide Hrsg.): Interdisziplinare Afrikaforschung und neuer Afropessimismus, Selignow Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-933889-13-3, S. 151
- â Kathlyeen May Sponsler, Dean M. Sponsler: Klinger/Schaefer and allied families: out of the Odenwald to USA, 1500 to 1986, Sponsler Pub. Co., 1987, S. 314 und das auf den Forschungen des ehemaligen Pfarrers Sieghard Volp aus GroĂ-Umstadt zum Ittmannschen Stammbaum beruht.
- â Peter Anhalt: Zu Johannes Ittmannâs âReligion im vorderen Kamerunâ, Onlineaufsatz; abgerufen am 16. Juni 2020
- â a b c d e f g h Andreas-Martin Selignow: Evangelium, afrikanisches Volkstum und geistiger Volksbesitz im Denken des Missionars Johannes Ittmann, Magisterschrift; abgerufen am 16. Juni 2020
- â Basler Mission â Deutscher Zweig, in WĂŒrttembergische Kirchengeschichte Online (WKGO); abgerufen am 17. Juni 2020.
Literatur
- Emmi KĂ€hler-Meyer: Verzeichnis der Veröffentlichungen von Johannes Ittmann â , (Nachruf und Bibliographie), Afrika und Ăbersee 47, 1964, S. 1â8.
- Andreas-Martin Selignow: Ittmann, Johannes. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 17, Bautz, Herzberg 2000, ISBN 3-88309-080-8, Sp. 686â688 .
- Bernd Moeller, Bruno Jahn (beide Hrsg.): Deutsche Biographische EnzyklopĂ€die der Theologie und der Kirchen (DBETh), Band 1 (AâL), Verlag K.G.Saur, MĂŒnchen 2005, ISBN 3-598-11666-7. S. 699
Weblinks
- www.johannes-ittmann.de (Lebensdaten, Hauptwerke und SekundÀrliteratur)
- Bilder mit bzw. von Johannes Ittmann, Archivdatenbank der Basler Mission www.bmarchives.org
Personendaten | |
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NAME | Ittmann, Johannes |
KURZBESCHREIBUNG | evangelischer Missionar |
GEBURTSDATUM | 26. Januar 1885 |
GEBURTSORT | GroĂ-Umstadt (Hessen) |
STERBEDATUM | 15. Juni 1963 |
STERBEORT | Gambach (Hessen) |