Irdabama
Irdabama, auch Irtabbama (altpersisch ṛta-bāma-), gehörte zur königlichen Familie der Achämeniden während der Regierungszeit von Dareios I. Sie ist über die Verwaltungsarchive von Persepolis als wirtschaftlich aktivste Person am achämenidischen Hof ausgewiesen. Irdabama lebte am Ende des 6. bis zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr.
Beschreibung
Irdabama, auch Irtabbama, war der elamische Name einer weiblichen Person am Hof von Dareios I. Der Name lautet in der altpersischer Sprache ṛta-bāma-.[1] Irdabama gehörte zur königlichen Familie. Aus den Überlieferungen ist ihre genaue Position am Hof nicht ersichtlich, aber es wird vermutet, dass sie die Mutter von Dareios I. oder eine seiner Ehefrauen war. Sie trug den Titel abbamuš, der ebenfalls über spätbabylonische Texte aus Borsippa überliefert ist und als achämenidische Variante des babylonischen Titels Dame des Palasts interpretiert wird. Die Aktivitäten Irdabamas fanden vom 16. bis zum 25. Regierungsjahr (506 bis 497 v. Chr.) von Dareios I. statt.
Die Einrichtung Tafel der Irdabama wird ihr zugehörig betrachtet. Der aus den Archiven überlieferte Begriff Tafel des Königs war eine Institution mit eigenen Gesetzen, einer Hierarchie und einer eigenen Bürokratie. Neben dem König führten nur Irdabama, Irtaštuna und der hochrangige Satrap Karkiš eine eigene Tafel als von der übrigen Verwaltung unabhängigen Wirtschaftsbereich in Persepolis. Die Struktur und die Komplexität des Wirtschaftsbereichs waren demjenigen des Königs nachempfunden. Irdabama unterhielt neben dem König und seiner Frau Irtaštuna auch einen eigenen Hof, mit dem sie viel herumreiste. Die Ausgaben für Getreide, Schafe, Ziegen, Wein und Bier beliefen sich auf etwa 10 Prozent der Reisekosten des Königs.
Irdabama verschob die größten Mengen an Waren, die in den Verwaltungsarchiven von Persepolis ausgewiesen sind, und war für die höchste Anzahl von weiblichen und männlichen Arbeitern an verschiedenen Standorten wie zentralen Lagerhäusern und privaten Anwesen zwischen Persepolis und Susa verantwortlich.
Persönliches Siegel
Das persönliche Siegel von Irdabama (PFS 0051) stellt die Szene einer Jagd dar. Das Muster der Siegelanbringung in Verbindung mit den in den Begleittexten erwähnten Namen erlaubt es trotz der Abwesenheit einer Inschrift, das Siegelbild mit großer Sicherheit der Person Irdabama zuzuordnen. Das Siegel misst 2,25 cm in der Höhe, hat einen Umfang von 4,15 cm und einen geschätzten Durchmesser von ungefähr 1,32 cm. Das Siegel unterscheidet sich nicht von denjenigen, die Männern gehören, und erinnert an das Siegel von Kyros I.[2]
Das Siegel von Irdabama ist das Gegenstück des Siegels PFS 0093* von Kyros I. Auf der linken Seite sitzt eine Figur auf einem Pferd und jagt wilde Tiere. Sie schwingt mit der rechten Hand einen Speer über dem Kopf, während die linke Hand die Zügel des Pferdes hält. Das Pferd bewegt sich in einem wilden Galopp nach rechts. Der Reiter trägt ein knielanges Gewand mit einem Gürtel und einen gezahnten Kopfschmuck, so dass der Eindruck einer gezahnten Krone entsteht. Auf dem Hinterkopf ist der Rest einer Hochfrisur zu sehen. Vor dem Reiter fliehen zwei wilde Tiere, die übereinander dargestellt sind, nach rechts. Jedes der Tiere ist von einem Speer getroffen.[3]
Die Siegel von Irdabama und Kyros I. teilen viele kompositorische und stilistische Eigenschaften und wurden wahrscheinlich von der gleichen Werkstatt hergestellt. Beide Siegel haben das Thema eines Reiters, der seine Beute von links nach rechts verfolgt. Beiden ist gemeinsam, dass die Beute übereinander dargestellt ist. Die Haltung der Reiter und der Reittiere sind sich ähnlich und alle Tiere sind in einem fliegenden Galopp dargestellt. Im Stil zeigen sich ebenfalls Übereinstimmungen. Auf beiden Siegeln handelt es sich um schematische Figuren mit weichen Formen und großen Köpfen. Beide Reiter zeigen eine majestätische Brust und einen starken Nacken. Beiden gemeinsam sind neu-elamische Qualitäten mit dünnen Hüften, einem kleinen Bogen auf der Unterseite des Rückens, weichen bauschigen Schultern und schwellenden Waden.[4]
Das Siegel von Irdabama ist wie das Siegel von Kyros I. meisterhaft ausgeführt. Es vermittelt einen Hauch von Dreidimensionalität, die in der mesopotamischen Glyptik selten anzutreffen ist.[5]
Quellenlage
Der Name Irdabama ist ausschließlich über die Verwaltungsarchive von Persepolis überliefert.[6] Ihre herausragenden wirtschaftlichen Aktivitäten sind aus der Überlieferung nicht unmittelbar sichtbar, sondern setzen sich über Teilinformationen zusammen. Es handelt sich dabei um Texte, in denen Irdabama namentlich aufgeführt oder ihr persönliches Siegel angebracht ist, um mehrere Siegel, die in Verbindung zur Person stehen, und um Begriffe in den Texten, die zu ihrer Person führen.[7]
Persönliche Anordnungen
Der Name und das persönliche Siegel von Irdabama sind auf 13 Tontafeln angebracht, die Rückstellungen für Irdabama beinhalten und in ihrem Namen eingereicht wurden. Es handelt sich vornehmlich um zum Teil sehr große Mengen an Getreide, beziehungsweise Mehl, und Wein. Die Anordnung für 2360 quarts Wein auf der Tontafel PF 737[8] ist der höchste ausgewiesene Wert für Wein über das ganze Verwaltungsarchiv hinweg, den ein Mitglied der königlichen Familie angeordnet hat. Die Menge übersteigt sogar den höchsten Wert von Dareios I. Es ist unbekannt, wofür der Wein bestimmt war. Man vermutet, dass der Wein von einem Lagerhaus in Susa stammt und an Irdabama für ein privates Fest ausgeliefert wurde.[9]
Tontafel[11] | Menge in quart oder per Stück | Umrechnung in Liter[12] | Ware | Siegel | Zielort |
---|---|---|---|---|---|
PFa 27 | 1500 | 1455 | Getreide | 0051 | Šullake[13] |
PF 735 | 750 | 727,5 | Wein | 0051 | Liduma[14] |
PF 736 | 650 | 630,5 | Wein | 0051 | Tandari[15] |
PF 737 | 2360 | 2289,2 | Wein | 0051 | Susa |
PF 738 | 4620 | 4481,4 | Getreide | 0051 | Hidali[16] |
PF 739 | 1440 | 1396,8 | Gerstenbrote | 0051 | Persepolis |
PF 740 | ?5660 | 5490,2 | Getreide | 0051 | Kandama[17] |
PF-NN 1332 | 190 | 184,3 | Bier | 0051 | Hidali |
PF-NN 641 | 255 | Schafe | 0051 | Persepolis | |
PF-NN 855 | 280 | 271,6 | Mehl | 0051 | – |
PF-NN 1773 | 39 880 | 38 683,6 | Mehl | 0051 | Persepolis |
PF-NN 1973 | 1050 | 1018,5 | Bier | 0051 | Kadana (?) |
PF-NN 2055 | 21 480 | 20 835,6 | Mehl/Getreide | 0051 | Atek (?) |
Im Auftrag von Irdabama
Die hohe wirtschaftliche Stellung Irdabamas am königlichen Hof in Persepolis wird, abgesehen von der Größe der Mengen an Waren, über die Anordnungen und Siegel von hohen Verwaltungsbeamten bestätigt. Die Beamten stehen in Zusammenhang mit Irdabama und handeln in ihrem Auftrag. Es handelt sich um die beiden Siegel PFS 0036* und PFS 0077* des Beamten Rašda und das Siegel PFS 0078 von Karkiš, dem Vorgänger von Rašda. Der Beamte Rašda ist in 28 Texten des Archivs mit Irdabama verlinkt, in denen sie namentlich aufgeführt ist. Die Aktivitäten waren breit gestreut. Rašda unterzeichnete Anweisungen für die Lagerung von Obst auf Plantagen, bestätigte den Empfang von Getreide am Hof, sorgte für die Fütterung der königlichen Pferde, sicherte den Transport von Waren und organisierte die Verpflegung der Arbeiter an verschiedenen Viehzuchtstationen.[18][19][20]
Die Arbeiterschaft
Die Zuordnung einer spezifischen Gruppe von Arbeitern zu Irdabama konnte über verschiedene Merkmale in den Archivtexten sichtbar gemacht werden. Der vollständige Begriff mit allen darin enthaltenen Teilinformationen kurtaš Tiraziš abbakkanaš Irdabamana spielt eine Schlüsselrolle. Kurtaš bedeutet Arbeiter und Tiraziš war eine Ortschaft, die in der Nähe der modernen Stadt Schiras lag. Der Begriff abbakkanaš, immer mit einem voranstehenden weiblichen Determinativ (fabbakkanaš) geschrieben, steht für oder definiert Irdabama oder ihre weibliche Belegschaft. Mit dem Schlüsselbegriff, dem angegebenen Standort, der Behandlung der Warenströme durch Beamte von Irdabama mit den Namen Karkiš, Uštana und Rašda und deren Siegel konnte eine Gruppe bestehend aus zwei weiblichen Arbeitern und einem männlichen Arbeiter identifiziert werden. Sie waren in Tirazziš stationiert und erhielten von Irdabama Rationen von Getreide, Gerste, Wein und anderen Lebensmitteln in einem Zeitraum vom 18. bis zum 23. Regierungsjahr (504–499 v. Chr.) von Dareios I.[21]
Zusätzlich konnten mit dem Titel von Irdabama, abbamuš, und dem Begriff kurtaš Irdabamana weitere Gruppen von weiblichen und männlichen Arbeitern Irdabama zugeordnet werden. Eine Gruppe von über 400 Personen war in Tirazziš stationiert und erhielt große Mengen an Getreide und Wein. Weitere Gruppen erhielten Rationen in den Ortschaften Tamukkan, Turtukkan und Kurra. Die Größenordnung der Arbeiter, die mit ihrem Namen verknüpft waren, ihr einzigartiger Titel und die Führung einer eigenen Administration bestätigen den unabhängigen und hohen wirtschaftlichen Status Irdabamas am königlichen Hof in Persepolis.[22]
Literatur
- Maria Brosius: Women in Ancient Persia. 559-331 BC. Oxford University Press, Oxford 1996, ISBN 0-19-815009-1.
- Maria Brosius: Women i. In pre-islamic Persia. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. 15. März 2010 (englisch, iranicaonline.org [abgerufen am 29. Dezember 2024] mit Literaturangaben).
- Wouter F. M. Henkelman: „Consumed before the King“. The Table of Darius, that of Irdabama and Irtaštuna, and that of his Satrap, Karkiš*. In: Bruno Jacobs, Robert Rollinger (Hrsg.): Der Achämenidenhof. Akten des 2. Internationalen Kolloquiums zum Thema „Vorderasien im Spannungsfeld klassischer und altorientalischer Überlieferungen“, Landgut Castelen bei Basel, 23.–25. Mai 2007. Harrassowitz, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-447-06159-9, S. 668–775 (Digitalisat).
Einzelnachweise
- ↑ Émile Benveniste: Titres et noms propres en iranien ancien. Edité par Librairie C. Klinksieck, Paris, 1966, S. 83. (archive.org)
- ↑ Mark B. Garrison: Seals and the Elite at Persepolis: Some Observations on Early Achaemenid Persian Art. In: Ars Orientalis. Band 21. University of Michigan 1991, S. 1–29, hier S. 4 und 24, Fußnote 23. (jstor.org); Pierre Briant: Histoire de l’empire perse. De Cyrus à Alexandre. Paris 1996, S. 297.
- ↑ Mark B. Garrison: Seals and the Elite at Persepolis: Some Observations on Early Achaemenid Persian Art. In: Ars Orientalis. Band 21. University of Michigan 1991, S. 1–29, hier S. 4–5. (jstor.org)
- ↑ Mark B. Garrison: Seals and the Elite at Persepolis: Some Observations on Early Achaemenid Persian Art. In: Ars Orientalis. Band 21. University of Michigan 1991, S. 1–29, hier S. 5. (jstor.org)
- ↑ Mark B. Garrison: Seals and the Elite at Persepolis: Some Observations on Early Achaemenid Persian Art. In: Ars Orientalis. Band 21. University of Michigan 1991, S. 1–29, hier S. 5. (jstor.org)
- ↑ Mark Garrison: Seals and the Elite at Persepolis: Some Observations on Early Achaemenid Persian Art. In: Ars Orientals. Band 21. University of Michigan 1991, S. 1–29, hier S. 49. (jstor.org)
- ↑ Maria Brosius: Women in Ancient Persia: 559-331 BC. Oxford, 1996, ISBN 0-19-815009-1, S. 127–144.
- ↑ Richard Hallock: Persepolis Fortification Tablets (= Oriental Institute Publications. Band 92). Chicago 1969, S. 222.
- ↑ Maria Brosius: Women in Ancient Persia: 559-331 BC. Oxford, 1996, ISBN 0-19-815009-1, S. 130–131.
- ↑ Maria Brosius: Women in Ancient Persia: 559-331 BC. Oxford, 1996, ISBN 0-19-815009-1, S. 130.
- ↑ Siehe dazu Festungsarchiv von Persepolis#Gebräuchliche Abkürzungen
- ↑ 1 quart → 0,97 Liter Maria Brosius: Women in Ancient Persia: 559-331 BC. Oxford, 1996, S. xviii.
- ↑ Wouter F. M. Henkelman: The Other Gods Who Are. Studies in Elamite-Iranian Acculturation based on the Persepolis Fortification Texts (= Achaemenid History. Band 14). Nederlands Instituut voor het Nabije Oosten, Leiden 2008, ISBN 978-90-6258-414-7, S. 426, Fußnote 981. (revidierte Fassung der Dissertation 2006). (archive.org)
- ↑ Für die Lokalisierung siehe Wouter F. M. Henkelman: The Other Gods Who Are. Studies in Elamite-Iranian Acculturation based on the Persepolis Fortification Texts (= Achaemenid History. Band 14). Nederlands Instituut voor het Nabije Oosten, Leiden 2008, ISBN 978-90-6258-414-7, S. 44, Fußnote 112, 122. (revidierte Fassung der Dissertation 2006). (archive.org)
- ↑ Für die Lokalisierung siehe Wouter F. M. Henkelman: The Other Gods Who Are. Studies in Elamite-Iranian Acculturation based on the Persepolis Fortification Texts (= Achaemenid History. Band 14). Nederlands Instituut voor het Nabije Oosten, Leiden 2008, ISBN 978-90-6258-414-7, S. 44. (revidierte Fassung der Dissertation 2006). (archive.org)
- ↑ Für die Lokalisierung siehe Wouter F. M. Henkelman: The Other Gods Who Are. Studies in Elamite-Iranian Acculturation based on the Persepolis Fortification Texts (= Achaemenid History. Band 14). Nederlands Instituut voor het Nabije Oosten, Leiden 2008, ISBN 978-90-6258-414-7, S. 6. (revidierte Fassung der Dissertation 2006). (archive.org)
- ↑ Für die Lokalisierung siehe Wouter F. M. Henkelman: The Other Gods Who Are. Studies in Elamite-Iranian Acculturation based on the Persepolis Fortification Texts (= Achaemenid History. Band 14). Nederlands Instituut voor het Nabije Oosten, Leiden 2008, ISBN 978-90-6258-414-7, S. 312. (revidierte Fassung der Dissertation 2006). (archive.org)
- ↑ Der Beamte Karkiš ist nicht identisch mit dem Satrapen Karkiš, der eine eigene Tafel am Hof von Persepolis hatte. Wouter F. M. Henkelman: „Consumed before the King“. The Table of Darius, that of Irdabama and Irtaštuna, and that of his Satrap, Karkiš*. In: Bruno Jacobs und Robert Rollinger (Hrsg.): Der Achämenidenhof. Akten des 2. Internationalen Kolloquiums zum Thema „Vorderasien im Spannungsfeld klassischer und altorientalischer Überlieferungen“, Landgut Castelen bei Basel, 23.–25. Mai 2007. Wiesbaden 2010, S. 668–775, hier S. 693–694
- ↑ Mark B. Garrison: The Seal of Kuraš the Anzanite, Son of Šešpes (Teispes), PFS 93*: Susa – Anšan – Persepolis. In: Javier Álvarez-Mon, Mark B. Garrison (Hrsg.): Elam and Persia. Winona Lake 2011, S. 375–405, hier S. 387.
- ↑ Maria Brosius: Women in Ancient Persia: 559-331 BC. Oxford, 1996, ISBN 0-19-815009-1, S. 134.
- ↑ Maria Brosius: Women in Ancient Persia: 559-331 BC. Oxford, 1996, ISBN 0-19-815009-1, S. 132–135.
- ↑ Maria Brosius: Women in Ancient Persia: 559-331 BC. Oxford, 1996, ISBN 0-19-815009-1, S. 135–144.
Personendaten | |
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NAME | Irdabama |
ALTERNATIVNAMEN | Irtabbama |
KURZBESCHREIBUNG | Person am achämenidischen Hof |
GEBURTSDATUM | 6. Jahrhundert v. Chr. |
STERBEDATUM | 5. Jahrhundert v. Chr. |