Hansjörg Auer

Hansjörg Auer (2012)

Hansjörg Auer (* 18. Februar 1984 in Zams; † 16. April 2019 im Banff-Nationalpark, Kanada) war ein österreichischer Kletterer und Bergsteiger. Er sorgte insbesondere durch die Free-Solo-Begehung der Route „Weg durch den Fisch“ (Schwierigkeitsgrad IX-) an der Marmolata-Südwand in den Dolomiten für Aufsehen.

Karriere

Hansjörg Auer begann 1996 mit dem Klettern. Ab 2004 gelangen ihm bei mehreren Expeditionen Erstbegehungen und Wiederholungen u. a. in Patagonien, Pakistan und im Yosemite Valley, so z. B. die Kompressor-Route am Cerro Torre oder Eternal Flame an den Trango-Türmen.

Beim Sportklettern gelangen ihm Erstbegehungen bis zum Schwierigkeitsgrad 8b/8b+ (Roxette nahe Längenfeld) sowie Wiederholungen bis zum Grad 8c+ (Darkside an der Chinamauer im Leutaschtal, 2009).

Für die 2013 erfolgte Erstbesteigung des Ostgipfels des Kunyang Chhishs über die Südwestwand wurde seine Dreierseilschaft für den Piolet d’Or 2014 nominiert. Bei der Preisverleihung vor Ort in Chamonix wurde ihnen jedoch kein Preis verliehen. Im Nachgang erhielt die Seilschaft nach Aussage Auers einen Anruf, dass ihnen im kleineren Rahmen doch der Piolet d’Or verliehen werden sollte, was sie unmittelbar ablehnten, wie auch das Angebot, in der Jury für die Preisvergabe 2016 mitzuwirken. Die Ablehnung begründete Auer mit der Beliebigkeit der Preisverleihung und der häufig unter Alpinisten vertretenen Meinung, unter den alpinen Spitzenleistungen nicht zwischen preiswürdigen und nicht preiswürdigen Leistungen differenzieren zu können.[1]

Auer wurde 2016 mit dem Paul-Preuss-Preis ausgezeichnet und Ehrenmitglied der Internationalen Paul-Preuss-Gesellschaft.[2]

2018 eröffnete Auer am 7157 Meter hohen Lupghar Sar West in Pakistan eine neue Route im Alleingang. Es war gleichzeitig die erste Durchsteigung der Westwand des Bergs.[3] Für diese Leistung wurde ihm (posthum) 2019 ein Piolet d’Or verliehen.[4]

Free Solo

Immer wieder kletterte Auer Routen auch Free Solo. 2007 gelang ihm die Begehung der von Heinz Mariacher und Luisa Iovane erstbegangenen Route Moderne Zeiten (Schwierigkeitsgrad 6c+) an der Marmolata.

Am 29. April 2007 kletterte Hansjörg Auer die 37 Seillängen oder 1220 m lange Route Weg durch den Fisch (Schwierigkeitsgrad 7b+) Free-Solo. Bereits 2004 hatte er die Route an der Marmolata-Südwand in den Dolomiten probiert. Am Tag vor der Free-Solo-Begehung hatte er sich noch einmal über der Route abgeseilt und sich die Schlüsselstellen eingeprägt (ca. 5 Stunden). Die Route durchstieg er schließlich in 2 Stunden und 50 Minuten ohne Sicherung. Die Begehung gilt als ein Meilenstein des Free-Solo-Kletterns.[5]

Lawinenunglück in Kanada

Hansjörg Auer starb zusammen mit David Lama und Jess Roskelley bei einem Lawinenabgang am Howse Peak im Banff-Nationalpark. Die Seilschaft galt seit dem 16. April 2019 als vermisst.

Die kanadische Nationalparkbehörde ging nach Aufklärungsflügen per Helikopter schon frühzeitig davon aus, dass die Bergsteiger ums Leben gekommen waren.[6][7] Aufgrund der schlechten Witterung konnten die Leichen der drei Bergsteiger erst am 21. April 2019 geborgen werden.[8] Die Gruppe hatte den Gipfel über eine neue Fels- und Eisroute im linken Wandbereich bereits erreicht und befand sich im seilfreien Abstieg durch eine Schneerinne, als sie von der Lawine getroffen und mitgerissen wurde. Die Absturzhöhe betrug etwa 800 Meter. Als Ursache für den Lawinenabgang wird Wechtenbruch vermutet.[9] Hansjörg Auer wurde am 1. Mai 2019 auf dem Friedhof seiner Heimatgemeinde Umhausen in Tirol beigesetzt.[10]

Bedeutendste Erfolge

Alpinklettern

Erstbegehungen:

  • Fata Morgana (7c, 850 m), Jebel Misht (Oman), 2009 – zusammen mit Much Mayr[11]
  • Silberschrei (7c, clean), Heiligkreuzkofel – zusammen mit Thomas Scheiber
  • Vogelfrei (8b/8b+, 14 Seillängen, erste Rotpunktbegehung), Schüsselkarspitze, 2009 – galt als eines der letzten großen Projekte im Wettersteingebirge[12]
  • Erstbesteigung von Kunyang Chhish Ost (über die Südwestwand), Karakorum/Pakistan, Juli 2013 zusammen mit Matthias Auer und Simon Anthamatten

Wiederholungen:

  • Svec-Gebel, With or without you (8a+/8b), Schüsselkarspitze, 2005 – erste Wiederholung
  • Steps across the Boarder – senkrecht ins Tao, (8a), Marmolata-Südwand, 2007 – vermutlich 3. Begehung[13]
  • El Niño (8a+/8b), El Capitan, Yosemite Valley, 2008[14]
  • Via della Cattefrale (8a, onsight), Marmolata, 2009 – zusammen mit Much Mayr
  • Hallucinogen Wall (5.13+ oder ca. 8a+, 16 Seillängen, erste freie Begehung), Black Canyon, Colorado, April 2011[15]

Free-Solo-Begehungen:

  • Don Quixote (6a+), Marmolata
  • Comici (6b), Große Zinne
  • Moderne Zeiten (6c+), Marmolata
  • Weg durch den Fisch (7b+, 1220 m, 37 Seillängen), Marmolata, 2007
  • Locker vom Hocker (6c+), Schüsselkarspitze, 2007
  • Bayrischer Traum (8), Schüsselkarspitze, 2011
  • Mephisto (8), Heiligkreuzkofel, 2015[16]

Sportklettern

Erstbegehungen:

  • Roxette (8b/8b+), Klettergarten Nösslach nahe Längenfeld, 2009

Wiederholungen:

  • Coque au vin (8b+), Zillertal, 2009
  • Freetown (8c), Chinamauer im Leutaschtal, 2009
  • Darkside (8c+), Chinamauer im Leutaschtal, 2009
  • La femme blanche (8a+, onsight), Céüse, 2009

Auszeichnungen

2016 wurde Auer der Paul-Preuß-Preis für seine Erfolge im Alpinstil verliehen.[17]

Literatur

Filmographie

Commons: Hansjörg Auer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hansjörg Auer: Südwand. Vom Free-Solo-Kletterer zum Profibergsteiger. Malik – Piper Verlag, 2017 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  2. Paul-Preuss-Preis. Internationale Paul Preuss-Gesellschaft, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 5. September 2018; abgerufen am 14. Januar 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.paulpreuss-gesellschaft.at
  3. Kaum noch Hoffnung für Bergsteiger Lama und Auer faz.net vom 19. April 2019
  4. Alpin.de: Piolet d’Or für Lama und Auer. In: Alpin.de. Bene Benedikt, 4. August 2019, abgerufen am 6. August 2019.
  5. Hansjörg Auer schreibt Klettergeschichte auf oetztalclimbing.com; Abgerufen am 23. September 2010
  6. Stephanie Geiger: Keine Hoffnung mehr für vermisste Bergsteiger in Kanada in: Frankfurter Allgemeine Zeitung aktualisiert am 19. April 2019, abgerufen am 6. Mai 2019.
  7. Lawinendrama: Kaum noch Hoffnung für Tiroler Lama und Auer. In: Tiroler Tageszeitung. 18. April 2019, abgerufen am 18. April 2019.
  8. Tod von Lama, Auer und Roskelley bestätigt. In: orf.at. Abgerufen am 22. April 2019.
  9. Stephanie Geiger: Kontroverse nach der Tragödie am Howse Peak in: Neue Zürcher Zeitung vom 22. April 2019, abgerufen am 5. Mai 2019.
  10. Bewegender Abschied der Alpinlegende Hansjörg Auer. Tiroler Tageszeitung, 1. Mai 2019, abgerufen am 2. Mai 2019.
  11. Heiße Tage im Oman in Klettern, Mai 2009, ISSN 1437-7462, S. 16
  12. Vogelfrei im Wetterstein in Klettern, Dezember 2009, ISSN 1437-7462, S. 16
  13. Nächster Paukenschlag von Hansjörg Auer auf oetztalclimbing.com; Abgerufen am 23. September 2010
  14. Yosemite Valley 2008 auf oetztalclimbing.com; Abgerufen am 23. September 2010
  15. klettern, Juli/August 2011, ISSN 1437-7462; S. 18
  16. Mephisto – Free Solo auf bergsteigen.com. Abgerufen am 21. Juli 2017.
  17. Internationale Paul Preuss Gesellschaft: Paul-Preuss-Preis. Abgerufen am 9. Dezember 2023.