Gurren (Adelsgeschlecht)

Wappen von Haag in Oberbayern, Stammsitz der Älteren Gurren, vor der Einheirat der Fraunberger 1245

Die Gurren (auch Gurrn, in der Einzahl der Gurre, der Gurr, die Gurrin) waren ein bayerisches Uradelsgeschlechts. Sie sind heute ausgestorben. Von den Gurren gibt es drei nachweisliche Stämme, den der Älteren Gurren von Haag in Oberbayern (bis 1245), den Gurren aus Regensburg (1440) und den der Jüngeren Gurren von Membach zwischen Dachau, Aichach und Ingolstadt (1280–1517). Gerade Letztere verwalteten unter der Herrschaft der Wittelsbacher im 14. und 15. Jahrhundert als weltliche und geistliche Herren weite Teile des heutigen nördlichen Oberbayern.

Gemeinsamkeiten der Häuser

Die drei Stämme sind zeitlich und / oder räumlich voneinander getrennt. Eine direkte Verbindung lässt sich nicht mehr herstellen, kann aber angenommen werden. Ihr gemeinsamer Name und das Herrschaftsgebiet, in dem sie wirkten, das Herzogtum Bayern / Bayern-Oberbayern / Bayern-München, lässt darauf schließen, dass die Gurren einen gemeinsamen Stamm besaßen. Die Haager Gurren, auch als Gurren von Mittelstetten genannt, und die Regensburger Gurren trugen ein weißes Ross, „eine weiße Gurre“, im Wappen. Das Wappen der Gurren von Membach, Ebenhausen und Waal weist eine schwarze Klagegugel auf goldenem Grund auf.

Ältere Gurren – Die Gurren von Haag

Das Geschlecht der Gurren stammt aus Kirchdorf. Es übernahm im 12. Jahrhundert die Grafschaft zu Haag. Stammvater war Konrad I., der Gurre.[1] Die Herrschaft der Gurren über die Grafschaft von Haag endete mit der Heirat des Sigfried von Frauenberg mit der Gurrin Elisabeth von Haag 1245. Aufgrund dieser Ehe erbte Siegfried von Frauenberg die Besitzungen der Herren von Haag und erhielt für diese von Kaiser Friedrich II. 1245 die hohe Gerichtsbarkeit.

Abstammung

Die letzte Gurrin von Haag, Elisabeth, stammte der Legende nach vom Kuno Maier aus Altdorf ab, dem Erbtruchsess vom Kloster Rott am Inn (gegründet 1081). Die enge Verbindung der Gurren mit dem Kloster in Rott bestand selbst noch bis 1245.[2]

Stammwappen der Herren von Fraunberg als Grafen von Haag aus dem Scheiblerschen Wappenbuch
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Vater Konrad Gurre von Kirchdorf (1100–1150)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Konrad I., Gurre von Kirchdorf (ca. 1120–1180)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Konrad II., Gurre von Haag (ca. 1150–1210)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Edle von Haag
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Elisabeth, Gurrin von Haag (–1247)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Gertrud von Preysing
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Wappen

Durch Einheirat wurden die Herren von Frauenberg Herren über die Grafschaft Haag. Sie übernahmen das Wappen der Gurren, eine weiße Gurre im Zaum, in ihr eigenes und tragen es bis heute.

Gurren von Regensburg

Ebenso wie die Gurren von Haag, führte das Haus der Gurren zu Regensburg ein weißes Pferd im Wappen. Die Gurren aus Regensburg treten ausschließlich im 15. Jahrhundert in Erscheinung. Zu ihnen zählen die Brüder Hans, Andreas und Berthold, welcher Pfleger in Triftlfing war. Sie finden sich in den handschriftlichen Aufzeichnungen von Johann Michael Wilhelm von Prey (1740). Ihre Besitzungen reichten bis an die Ilm, wo sie in Urkunden um 1440 Erwähnung finden.[3] Ein Nachkomme der Regensburger Gurren war außerdem Nikolaus Gurr zu Altmannstein (1469) und zu Kelheim (1486).

Woher dieser Teil der Gurren Familie stammt, ist unbekannt. Auch lässt sich keine verwandtschaftliche Beziehung zu den anderen beiden Gurren-Familien herstellen.

Jüngere Gurren – Die Gurren von Membach, Ebenhausen und Waal

Die Gurren von Membach bei Johann von Prey (1740)

Die Wirkstätten dieses Hauses waren gemäß ihrem Namen die oberbayerischen Ebenhausen (heutiges: Baar-Ebenhausen), Waldt (heutiges Waal bei Rohrbach) und Membach bei Aichach, von welchem die genaue Lage nicht bekannt ist.

Von allen Gurren ist die Genealogie der Membacher am besten überliefert. Maßgeblich dazu beigetragen haben die handschriftlichen Aufzeichnungen von Franz Freiherr von Eckher (1695) und Johann Michael Wilhelm von Prey (1740).[4][5] Die Aufzeichnungen zu den Gurren im Gebiet südlich von Ingolstadt zeigen, dass die Familie eng mit vielen der ansässigen Adelsfamilien, etwa den Schilwazen, denen von Hexenagger, den Hausner oder den von Weichs, verbunden waren.

Wappen der Jüngeren Gurren
Schild der Jüngeren Gurren (Rekonstruktion)
Beschreibung des Wappens (von Prey, 1740, Band XXII, Seite 463r)

Beginn des Hauses Gurr von Membach

Der erste heute noch nachweisbare Gurr von Membach war Ulrich, der um 1320 Odilia von Sandizell heiratete. Er wird in den genealogischen Werken von Eckher und Prey als der Erste der Gurren von Membach, Ebenhausen, Waldt geführt. Alle Gurren dieses Hauses stammten in direkter Linie von Ulrich ab. Wer der wahre Stammvater der Membacher war und wie sich deren Verbindung zu den Haager Gurren gestaltete, ist unbekannt.

Ulrich Gurr von Membach hatte einen Sohn Ulrich, wohnhaft zu Volkersdorf bei Jetzendorf. Dieser heiratete um 1350 Haylbig von Weichs. Ihm folgten seine Söhne Hans, Konrad und Peter nach. Diese waren im Gebiet zwischen Ingolstadt und München ansässig, etwa wie Konrad Gurr zu Ebenhausen, der in Urkunden des Klosters Geisenfeldes 1380 Erwähnung findet.[6] Sie übernahmen administrative Aufgaben: zum Beispiel war Peter Gurr von Membach Landrichter in Dachau.[7]

Hochphase des Hauses

Aus der Ehe von Peter dem Gurren zu Dachau mit Helena von Salldorf (1383) ging Eberhard Gurr zu Membach (geboren um 1385) hervor. Dieser ehelichte 1424 Dorothea Hausner von Freinhausen, eine Vertreterin einer verzweigten Dynastie aus dem Paartal. Die Kinder der Ehe von Eberhard und Dorothea, namentlich Kaspar, Ulrich und Diepold, bekleideten im 15. Jahrhundert hohe Ämter an mittelalterlichen Zentren an Paar und Ilm.[8]

  • Kaspar Gurr (ca. 1430–1491; siehe Ahnentafel) war Richter in Hohenwart. Durch seine Ehe mit Sarah von Sandizell erneuerte er den Bund mit den Adelshaus aus dem Schrobenhausener Land. Seine Tochter Barbara trat in den Orden zu Hohenwart ein. Aus zweiter Ehe (Barbara, keine Zugehörigkeit bekannt) gingen Anna Gurr und Ludwig Gurr hervor. Letzterer wurde Kaplan in Hohenwart. Anna Gurrin von Membach wurde Nonne im Benediktinerinnen-Kloster zu Neuburg und bekleidete dort später das Amt der Äbtissin.
  • Ulrich Gurr zu Waal („Waldt“, ca. 1425–1471) findet sich in Herzog Albrechts Landtafel Pfaffenhofener Gerichts. Er starb jung und wurde, wie seine Frau Katharina Hinterskircher (geh. 1450), bei den Franziskanern in Ingolstadt begraben.
  • Diepolt Theobalt Gurr zu Geisenfeld („Geysenfeldt“, ca. 1430–1493) war unter anderem Richter in Scheyern. Mit seinem Bruder Kaspar verwaltete er den Besitz der Familie im Ilmtal (unter anderem den Grasslhof in Walkersbach.[9]) Er heiratete 1454 Regina Abensdorfer.
Kupferstich des Klosters Hohenwarts von Anton Ertl, Kurbayerischer Atlas 1687
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ulrich Gurr zu Volkersdorf (ca. 1290–1360)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Peter Gurr zu Dachau (ca. 1350–1420)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Haylbig von Weichs (geh. 1350)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Eberhard Gurr zu Membach (ca. 1385–1450)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Stephan von Salldorf
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Helena von Salldorf, (geh. 1383)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Anna von Achdorf zu Helffenbrunn (geh. 1366)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Kaspar Gurr zu Hohenwart (ca. 1430–1491)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Liebhart Hausner von Freinhausen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Erasmus Hausner von Freinhausen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ursula von Rohrbach (geh. 1374)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Dorothea Hausner von Freinhausen (geh. 1424)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ulrich Hausner von Steppberg
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Barbara Hausner von Steppberg (geh. 1403)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Elisabeth Weißenfelder (geh. 1363)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Aussterben der männlichen Linie

Margarete von Bayern

Anna Gurr, Äbtissin in Neuburg, in Primärquellen nachweislich die Tochter von Kaspar Gurr, war die letzte der Gurren, die ein mächtiges Amt bekleidete. Nach Wirrungen im Landshuter Erbfolgekrieg wurde sie 1509 von Margarete von Bayern als Äbtissin abgelöst. „Gurrin Anna“ entging somit einem Kirchenbann im Zuge von Machtspielen im Rahmen der Wittelsbacher Erbfolge. Sie starb 1517 im Kloster. Mit ihr versiegte die Macht der Jüngeren Gurren im Süden von Ingolstadt. Weil auch die Nachkommen der anderen Gurren keinen männlichen Nachwuchs hervorbrachten, starb zu Beginn des 16. Jahrhunderts das Haus der Gurren in männlicher Linie aus.

Einzelnachweise

  1. Rudolf Münch: Das grosse Buch der Grafschaft Haag. Band I. Urzeit bis Mittelalter. Geschichtsverein Reichsgrafschaft Haag e. V., 1997, S. 34f.
  2. Rudolf Münch: Das grosse Buch der Grafschaft Haag. Band I. Urzeit bis Mittelalter. Geschichtsverein Reichsgrafschaft Haag e.V., 1997, S. 34f.
  3. Hermann Schwarzmeier: Rohrbach. Band II. Hermann Schwarzmeier und die Gemeinde Rohrbach, 2016, Ortsteil: Waal
  4. Franz Freiherr von Eckher: Alphabetische Sammlung zur Genealogie des bayrischen Adels. Freising 1695.
  5. Johann Michael Wilhelm von Prey: Sammlung zur Genealogie des bayrischen Adels, in alphabetischer Ordnung. Freising 1740.
  6. Michael Trost: Geschichte des Marktes Geisenfeld. München 1877, S. 108.
  7. Max Freiherr von Freyberg: Sammlung historischer Schriften und Urkunden: Geschöpft aus Handschriften, Band 3, 1830. S. 348, eingeschränkte Vorschau
  8. Max Freiherr von Freyberg: Sammlung historischer Schriften und Urkunden: Geschöpft aus Handschriften. Band III. 1830, S. 348.
  9. Urkunde 300. Benediktinerinnenkloster Neuburg Urkunden (1259-1584), 29. April 1487

Literatur

  • Johannes Goldner, Wilfried Bahnmüller: Frühe bayerische Adelsgeschlechter. Freilassing 1985, ISBN 3-7897-0123-8.