Große Deutsche Kunstausstellung
Die Große Deutsche Kunstausstellung fand insgesamt achtmal von 1937 bis 1944 im eigens hierfür gebauten Haus der Deutschen Kunst in München statt. Sie war repräsentativ für die Kunst im Nationalsozialismus.[1]
Geschichte
Die „Große Deutsche Kunstausstellung“, die sich über das Erdgeschoss, das Obergeschoss und die zweigeschossige „Ehrenhalle“ in der Mitte des Gebäudes erstreckte, wurde als die wichtigste kulturelle Veranstaltung im NS-Staat propagiert. Die Schau war als Verkaufsausstellung konzipiert, Künstler konnten mit mehreren Werken (in der Regel bis zehn Werke) vertreten sein, wobei mitunter auch nicht verkäufliche Werke, z. B. Leihgaben, ausgestellt wurden. Während der Ausstellung wurde jeweils in einer „Sonderschau“ einem ausgewählten Künstler die Gelegenheit gegeben, sich umfassender zu präsentieren.
Während der organisatorische und technische Teil der Ausstellungsvorbereitung dem „Haus der Deutschen Kunst (Neuer Glaspalast)“ als Anstalt des öffentlichen Rechts oblag, hatte die künstlerische Gesamtleitung ein von Adolf Hitler bestimmter „Beauftragter des Präsidenten der Reichskammer der bildenden Künste“, sein Fotograf Heinrich Hoffmann, inne.
Die Ausstellungsdauer war bis 1940 von vorneherein festgelegt; die späteren Ausstellungen wurden „bis auf weiteres“ angekündigt. Die Ausstellungen waren täglich – auch an Sonn- und Feiertagen – von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Während der Ausstellung verkaufte Werke konnten durch andere, „bei der Prüfung der Arbeiten für gut befundene Werke“ ersetzt werden. Als Vertragspartner beim Verkauf fungierte allein das „Haus der Deutschen Kunst“. Das Photographieren und Kopieren von ausgestellten Werken war während der Ausstellungsstunden zunächst nicht gestattet. Ab 1943 war dies jedoch für Pressezwecke nach vorheriger Zustimmung der Ausstellungsleitung möglich.
Die „Große Deutsche Kunstausstellung“ wurde am 18. Juli 1937 zusammen mit dem Gebäude „Haus der Deutschen Kunst“ feierlich eröffnet. In der Eröffnungsrede gab Hitler eine umfangreiche Darstellung des nationalsozialistischen Verständnisses von „Deutscher Kunst“, die in Zukunft öffentlich als einzige zugelassen werde.[2] Dabei skizzierte Hitler, so Stefan Schweizer, eine völkisch-rassistisch begründete Leitstruktur historischer und kunstgeschichtlicher Vorstellungen und Deutungen. Mit seiner Vorstellung von Kunst als unmittelbarer Ausdruck der sie prägenden Zeitumstände identifizierte er die Kunst der Weimarer Republik mit der damaligen sogenannten Systemzeit. Die von ihm geschätzte Kunst hingegen sah er durch Politik legitimiert und zugleich als Politik legitimierend. Die neue deutsche Kunst definierte er stilistisch wie ideologisch mit den Worten: „‚Deutsch sein, heißt klar sein.‘ Das aber würde besagen, daß deutsch sein damit logisch und vor allem auch wahr sein heißt.“[3]
In Abgrenzung dazu diffamierte Hitler die „moderne Kunst“ als „entartete Kunst“ und kündigte an:
„Wir werden von jetzt ab einen unerbittlichen Säuberungskrieg führen gegen die letzten Elemente unserer Kulturzersetzung. Sollte sich aber unter ihnen einer befinden, der doch noch glaubt, zu Höherem bestimmt zu sein, dann hatte er nun ja vier Jahre Zeit, diese Bewährung zu beweisen, diese vier Jahre aber genügen auch uns, um zu einem endgültigen Urteil zu kommen. Nun aber werden – das will ich Ihnen hier versichern – alle die sich gegenseitig unterstützenden und damit haltenden Cliquen von Schwätzern, Dilettanten und Kunstbetrügern ausgehoben und beseitigt. Diese vorgeschichtlichen prähistorischen Kultur-Steinzeitler und Kunststotterer mögen unseretwegen in die Höhlen ihrer Ahnen zurückkehren, um dort ihre primitiven internationalen Kritzeleien anzubringen.“
Als Beispiel der nun verfemten Kunst begann die Ausstellung „Entartete Kunst“ im Münchner Hofgarten einen Tag später. Die „Große Deutsche Kunstausstellung“ zeigte insgesamt 12.550 Exponate und wurde von rund 600.000 Menschen besucht. Kunst für 13 Millionen Reichsmark wurde verkauft; allein Hitler kaufte Werke für 6,8 Millionen Reichsmark. Das internationale Interesse blieb gering.[5]
Nach 1945 wurden zahlreiche Werke nicht mehr gezeigt und auch nicht mehr abgebildet. Das Zentralinstitut für Kunstgeschichte München macht sie – in Zusammenarbeit mit dem Haus der Kunst, München und dem Deutschen Historischen Museum, Berlin – seit Oktober 2011 online zugänglich, um eine gesellschaftliche und kunstgeschichtliche Debatte zu ermöglichen.[6] Parallel zum online-Projekt erschien im Berliner Neuhaus Verlag ein Gesamtverzeichnis der Künstler der Großen Deutschen Kunstausstellung von 1937 bis 1944.
Ausstellungsperioden
- 1937: Erste Große Deutsche Kunstausstellung (GDK) vom 18. Juli bis 31. Oktober. Eröffnung im Rahmen eines „Tags der Deutschen Kunst“ mit Festprogramm vom 16. bis 18. Juli, darin auch einem großen Festzug „2000 Jahre Deutsche Kultur“. Zeitgleiche Eröffnung des neuen Hauses der Deutschen Kunst. Eröffnungsrede der GDK durch Adolf Hitler.
- 1938: Zweite GDK vom 10. Juli bis 16. Oktober. 1158 Kunstwerke. Sonderschau von 21 Werken von Werner Peiner, Kronenburg.
21. Mai bis 26. Juni 1938: Sonderausstellung Kleine Kollektionen, Malerei – Plastik – Graphik. - 1939: Dritte GDK vom 16. Juli bis 15. Oktober. Eröffnung im Rahmen eines zweitägigen „Tags der deutschen Kunst“.
- 1940: Vierte GDK vom 27. Juli an. 1397 Werke von 752 Künstlern. Eröffnung durch Propagandaminister Joseph Goebbels. Mitte Oktober 1940 wurden die verkauften Werke gegen 317 weitere ausgesuchte Werke ausgetauscht. Die Ausstellung sollte bis Februar 1941 geöffnet sein. Sonderschau von 35 Werken von Friedrich Stahl, Rom.
- 1941: Fünfte GDK vom 26. Juli an. Dauer: „Bis auf weiteres“. 1347 Werke von 647 Künstlern. Eröffnung durch Goebbels. Sonderschau von 27 Werken von Raffael Schuster-Woldan, Berlin.
- 1942: Sechste GDK vom 4. Juli an. Dauer: „Bis auf weiteres“. 1213 Werke von 680 Künstlern. Eröffnung durch Goebbels. Sonderschau von 22 Werken von Karl Leipold, Berlin.
- 1943: Siebte GDK vom 26. Juni an. Dauer: „Bis auf weiteres“. 1141 Werke von 660 Künstlern. Eröffnung durch Goebbels. Sonderschau von 35 Werken von Peter Philippi, Rothenburg o. d. T.
- 1944: Achte GDK von Juli an. Dauer: „Bis auf weiteres“. Sonderschau von 21 Werken von Hugo Gugg, Weimar.
Ausstellende Künstler (Auswahl)
Die folgende Auswahl umfasst alle Bildhauer, die mindestens 11 und alle Maler, die mindestens 14 Werke ausgestellt haben, zudem alle Künstler, die bei mindestens sieben der acht Ausstellungen vertreten waren. Ebenso sind alle ausstellenden Künstler der Gottbegnadeten-Liste verzeichnet.
Malerei und Grafik
Plastik
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Literatur
- Große Deutsche Kunstausstellung (Jahresangabe) im Haus der Deutschen Kunst zu München. Offizieller Ausstellungskatalog. Knorr & Hirth / F. Bruckmann KG, München 1937–1944. (Verzeichnis der Kunstwerke und Abbildungsteil; Abbildungen erfolgten in Auswahl). Teilweise erschienen zu den Katalogen Ergänzungsteile mit der Auflistung ausgetauschter Werke.
- Berthold Hinz: Die Malerei im deutschen Faschismus – Kunst und Konterrevolution. Hanser, München 1974, ISBN 3-446-11938-8.
- Hermann Hinkel: Zur Funktion des Bildes im deutschen Faschismus. Anabas, Steinbach 1975, ISBN 3-87038-033-0.
- Kunst im 3. Reich – Dokumente der Unterwerfung. Frankfurter Kunstverein u. Arbeitsgruppe d. Kunstgeschichtlichen Instituts d. Universität Frankfurt im Auftrag d. Stadt Frankfurt, Frankfurt am Main 1980. (Diesem Taschenbuch liegt ein Ausstellungskatalog zu Grunde.)
- Sabine Brantl: Haus der Kunst, München. Ein Ort und seine Geschichte im Nationalsozialismus. Allitera, München 2007, ISBN 3-86520-242-X.
- Stefan Schweizer: „Unserer Weltanschauung sichtbaren Ausdruck geben“. Nationalsozialistische Geschichtsbilder in den historischen Festzügen zum „Tag der Deutschen Kunst“ 1933 bis 1939. Wallstein, Göttingen 2007, ISBN 978-3-8353-0107-8.
- Ines Schlenker: Hitler's salon: the Große Deutsche Kunstausstellung at the Haus der Deutschen Kunst in Munich 1937 - 1944. Oxford 2007.
- Sabine Brantl: Große Deutsche Kunstausstellungen. 1937–1944. In: Deutschland Archiv (Hrsg.): Drittes Reich. Dokumente. Braunschweig 2010. (Loseblattsammlung).
- Maximilian Aracena: Die „Große Deutsche Kunstausstellung“ von 1937 bis 1944. München 2013.
- Robert Thoms: Die Künstler der Großen Deutschen Kunstausstellung München 1937–1944: Gesamtverzeichnis. Vollständig überarbeitete, korrigierte und ergänzte Ausgabe. Mit einer chronologischen Inhaltsübersicht der Zeitschrift Die Kunst im Deutschen Reich. Neuhaus, Berlin 2018, ISBN 978-3-937294-09-4.
- Paula Schwerdtfeger: Raum – Zeit – Ordnung: Kunstausstellungen im Nationalsozialismus. Köln 2023.
Weblinks
- Datenbank des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, des Deutschen Historischen Museums und des Hauses der Kunst mit Informationen zu allen ausgestellten Kunstwerken
- Das Haus der Deutschen Kunst 1937–1945 Ausführliche Darstellung des Themas, u. a. des Ausstellungskatalogs von 1940 und ca. 730 Werke auf Kunstpostkarten
- Virtuelle Rekonstruktion des Hauses der Deutschen Kunst 1937–1944
- Lutz Walther, Arnulf Scriba: „Die Große Deutsche Kunstausstellung“ auf LeMO
- Besucherzahl 1942
- Digitalisierte Kataloge aller „Großen Deutschen Kunstausstellungen“ 1937–1944 auf arthistoricum.net
Einzelnachweise
- ↑ Georg Imdahl: Wie Hitler sich als Kunstmäzen aufführte. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. Juli 2017. Auf: faz.net, abgerufen am 16. Juli 2017.
- ↑ „Modernism is now verboten“. Zitat aus: New York Times, 25. Juli 1937, zitiert nach: Georg Imdahl: Wie Hitler sich als Kunstmäzen aufführte. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. Juli 2017. Auf: faz.net, abgerufen am 16. Juli 2017.
- ↑ Stefan Schweizer: „Unserer Weltanschauung sichtbaren Ausdruck geben“. Nationalsozialistische Geschichtsbilder in historischen Festzügen. Wallstein, Göttingen 2007, S. 142f., zit. S. 141.
- ↑ Zit. nach Kathrin Engelhardt: Die Ausstellung „Entartete Kunst“ in Berlin 1938. Rekonstruktion und Analyse. In: Uwe Fleckner (Hrsg.): Angriff auf die Avantgarde. Kunst und Kunstpolitik im Nationalsozialismus. Oldenbourg, München 2007, S. 95.
- ↑ Franz Kotteder: NS-Ausstellungen im Haus der Kunst. Hitlers Kunstschergen. Süddeutsche Zeitung, 24. Oktober 2011, abgerufen am 10. Oktober 2012.
- ↑ Julia Voss: Ein Tabu wird gebrochen. faz.net vom 17. Oktober 2011, abgerufen am 19. Oktober 2011.