Feuerstahl

Moderner Feuerstahl aus Auermetall
Zweiarmstahl

Der Feuerstahl (auch Feuerschläger, Schlageisen; veraltet Feuereisen, Feuerschurf, Pinkeisen) besteht aus einem kohlenstoffreichen (ca. 0,7–1,4 % C) Stahl und ist ein Bestandteil des Schlagfeuerzeugs.

Moderne Feuerstähle bestehen aus Auermetall III, einer Legierung aus Eisen, Cer und anderen Metallen der Seltenen Erden.

Verwendung

Ein Schlagfeuerzeug besteht aus einem Feuerschläger als Funkenlöser, einem Feuerstahl als Funkenspender sowie Zunder als Funkenempfänger. Der Feuerstahl wird gegen die scharfe Kante des Feuerschlägers geschlagen, in aller Regel Feuerstein. Dabei schabt die Kante Material vom Feuerstahl, das sich aufgrund der Reibung sofort zu Funken entzündet, deren Temperatur bis 1500 °C reichen.[1] Diese werden auf Zunder, wie Feuerschwamm oder Leinwandzunder aus verkohltem Baumwollgewebe, aufgefangen, der dadurch in Glut gesetzt wird.[2]

Der glühende Zunder wird anschließend in ein Zundernest gelegt. Durch Luftzufuhr wird dann eine Flamme entfacht.

Geschichte

Frau mit Feuerstahl und Feuerstein in Schweden, 1916.
Schlagfeuerzeug – Feuerstahl, Feuerstein und Feuerschwamm mit Beutel

In der europäischen Urgeschichte ist Schwefelkies (Pyrit und Markasit) das einzige funkenspendende Material. Die Verwendung kohlenstoffreichens Eisens zum Funkenschlagen gilt in Nordeuropa erstmals für die Zeit um das Jahr 400, während der Völkerwanderung, als gesichert.[1]

Die in der Forschung lange weit verbreitete Annahme, dass bereits in der frührömischen Kaiserzeit Feuerstähle verwendet worden seien, gilt inzwischen als widerlegt. Eine jüngst durchgeführte metallurgische Analyse eines vermeintlichen römischen so genannten Bandstahls hat ergeben, dass dieser nicht aus aufgekohltem und damit kohlenstoffreichem Stahl, sondern aus weichem Schmiedestahl besteht. Auch eine nachträgliche intentionelle oder zufällige Veränderung des Metallgefüges (Anlassen) konnte ausgeschlossen werden. Aufgrund der geringen Dicke der Bandstähle, die auch aus vorrömischer Zeit bekannt sind, lässt sich dieses Ergebnis allgemein auf diese Geräteform übertragen. Damit steht fest, dass vorrömische und römische Bandstähle keine Funken liefern konnten und deshalb nicht als Feuerstähle gedient haben, gleichwohl die Form den mittelalterlichen Funden ähnelt und zu der Annahme verleitet. Zugleich bedeutet dies, dass die Funktion der beispielsweise auch „Doppelschlaufe“ genannten Objekte nach wie vor unbekannt ist.[1][3]

Bereits die frühesten Feuerstähle besaßen eine klassische Zweckform, die sich mit leichten Abwandlungen bis weit ins 20. Jahrhundert gehalten hat. Sie bestehen meist aus einer rechteckigen Stahlschiene, die an einem oder beiden Enden dünn und lang zu einem oder zwei „Armen“ ausgeschmiedet ist. Die Arme nähern sich dem Rücken der Stahlschiene in einem Bogen an oder berühren ihn. Im Laufe der Zeit entstanden vielfältige Formen und Dimensionen von „Zweiarmstählen“.

Schlagfeuerzeuge waren die europäischen Standardfeuerzeuge und lassen sich sicher seit der frühesten Römerzeit bis zur Neuzeit nachweisen.[4][5][6] Selbst nach der Markteinführung der echten Streichhölzer im Jahre 1827 wurden Schlagstahlfeuerzeuge in Europa noch bis weit ins 20. Jahrhundert aufgrund des geringeren Preises vor allem im ländlichen Raum zum Feuermachen benutzt.

Heraldik

In der Heraldik ist die Darstellung des Feuerstahls eine seltene Gemeine Figur.

Literatur

  • S. Bois: Le briquet médiéval. Silex et acier, une rencontre étincelante. Éditions Émotion Primitive, Fontaine 2008.
  • H. A. Brunner: Feuer und Feuerschlagmesser. Stuttgart/Wien 1998.
  • V. Cacciandra, A. Cesati: Fire Steels. Turin 1996.
  • P. De Sanctis, M. Fantoni: Gli Acciarini – Fire Steel. Itinerari d’immagini 38. Mailand 1991.
  • E. Fehre: Brandstifter. Eine kleine Geschichte des Feuerzeugs. Führer des Niederrhein. Mus. für Volkskunde u. Kulturgesch. 42 Goch 2002.
  • J. Hála: 1986: Archaic methods for lighting fire in the Carpathian Basin with special regard to the use of siliceous materials in: K.T. Biró (Org.) Internationale Konferenz über Silexgewinnung und Steinwerkzeug-Rohstoff Charakterisierung im Karpatenbecken. Budapest-Sümeg, 20-22 Mai 1986, S. 323–342
  • J. Ilkjær: Stichwort ‚Feuerzeug‘. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde 8 Berlin 1993, S. 406–408
  • Ottfried Neubecker, Karl-August Wirth: Feuerstahl, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. 8, 1983, Sp. 498–521
  • B. Roussel: La Production du feu par percussion de la pierre. Préhistoire, Ethnographie, Expérimentation. Préhistoires 11. Montpellier 2005.
  • B. Roussel, S. Rapior, C.-L. Masson, P. Boutié: l’Amadouvier. Grande et petite histoire d’un champion. Supplément hors-série des annales de la Soc. d’Horticulture et d’Histoire Naturelle de l’Hérault. Montpellier 2002.
  • B. Roussel, P. Boutié: La production du feu durant l’Antiquité classique in: Le Bulletin d’Ethno-Logique. 2005. S. 21–27
  • B. Roussel, P. Boutié: La Grande Aventure du Feu. Histoire de l’allumage du feu des origines à nos jours. Aix-en-Provence 2006.
  • F. Seeberger: Zur Identifizierung von Feuerstählen. In: Archäologisches Korrespondenzblatt 15. 1985, S. 257–259
  • M. Skiljan: Metallica. Hrvatski Povijesni Muzej. Zagreb 2002.
  • H. Steuer: Stichwort Feuerzeug‘. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde 8 Berlin 1993, S. 402–406 und 408–411.
  • W. Wegewitz: Der Urnenfriedhof von Hamburg Marmstorf. (Urnenfriedhöfe in Niedersachsen; 7). Hildesheim 1964.
  • J. Weiner: Mit Stahl, Stein und Zunder. Die in Vergessenheit geratene Technik des Feuerschlagens. In: Pulheimer Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde 5 1981, S. 13–18.
  • J. Weiner: `Gedum` - Feuerstahl oder multifunktionales Werkzeug früher Vorderladerschützen?. In: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 37, 1 1996, S. 47–57.
  • J. Weiner: `Gedum` - Feuerstahl oder multifunktionales Werkzeug früher Vorderladerschützen? Ein Nachtrag. In: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 40 1999, S. 417–447.
  • J. Weiner: Monopol der Menschheit. Schwerpunktthema Feuer. In: Archäologie in Deutschland, Heft 4 Stuttgart 2006, S. 28–31.
  • J. Weiner: An Unknown Type of Fire-Steel from Iran. In: The Journal of the Antique Metalware Society 15. 2007, S. 58–60.
  • J. Weiner, R. Hertel: Unscheinbar und doch extrem selten: Ein Gewehrschlüssel früher Form aus Jülich. In: Archäologie im Rheinland 2007 Stuttgart 2008, S. 160 f.
  • W. Zessin: Slawische Feuerschläger – formfest über mehr als tausend Jahre. In: Ursus, Mitteilungsblatt des Zoovereins und des Zoos Schwerin, 8,1 Schwerin 2002, S. 24–32.
  • W. Zessin: Feuerschläger aus dem Königreich Nepal und einige andere aus Deutschland, Marokko und Finnland. In: Ursus, Mitteilungsblatt des Zoovereins und des Zoos Schwerin 9, 1, Schwerin 2003, S. 19–28, 25 Abb.
  • W. Zessin: Zur Typologie der Feuerstahle. In: Ursus, Mitteilungsblatt des Zoovereins und des Zoos Schwerin, 10, 1, Schwerin 2004, S. 61–80, 17 Abb., 10 Taf.
  • W. Zessin: Feuerschläger aus Südwestafrika (Namibia). In: Ursus, Mitteilungsblatt des Zoovereins und des Zoos Schwerin, 11, 1, Schwerin 2005, S. 37–40. 12 Abb.

Einzelnachweise

  1. a b c Jürgen Weiner: Feuerschlagsteine und Feuererzeugung. In: Harald Floss (Hrsg.): Steinartefakte vom Altpaläolithikum bis in die Neuzeit. Tübingen 2012, S. 943–960 (Online [abgerufen am 8. Mai 2019]).
  2. Ruth M. Hirschberg: Feuermachen mit Schlageisen und Zunder. Abgerufen am 1. September 2016.
  3. Jürgen Weiner: Nochmals zu frühen Feuerstahlen – Zur überraschenden Klärung einer Hypothese. In: Forschungen zur Vorgeschichte und Römerzeit im Rheinland. 2007, S. 269–276 (Online [abgerufen am 8. Mai 2019]).
  4. Wolfgang Gaitzsch, Jürgen Weiner: Zwei bemerkenswerte Eisenfunde aus der villa rustica Hambach 488. In: Archäologie im Rheinland. 2006, S. 151–152.
  5. J. Tinnes, Jürgen Weiner: Ein römischer Feuerstahl aus Frixheim. In: Archäologie im Rheinland. 2003, S. 124 f.
  6. Jürgen Weiner: Sammlerinstinkt und Sammlerglück: Ein Feuerstahl aus der Westsahara. In: Spark International. Nr. 13, 2000, S. 8–16.