Exsultet
Das Exsultet (lat. „es jauchze“, Konjunktiv Präsens von exsultāre), auch Praeconium paschale (lat. „Osterverkündigung“), ist das in der katholischen und evangelisch-lutherischen Liturgie gesungene Osterlob der Lichtfeier am Beginn der Osternacht. In ihm wird Christus als das Licht der Welt gepriesen und seine Auferstehung in Verbindung zu dem im Alten Testament offenbarten göttlichen Heilsplan gestellt.
Name
Das Exsultet (historische Schreibweise: Exultet) trägt seinen Namen nach seinem lateinischen Eingangswort. Die liturgische Bezeichnung lautet seit der Reform der Karwochenliturgie 1955 Praeconium paschale (lat. „Osterankündigung“, „Osterlob“).[1] Seltener wird es auch als Laus cerei (lat. „Lob der Kerze“), Benedictio cerei (lat. „Segnung der Kerze“) oder Exsultet iam angelica turba bezeichnet.[2][3][4]
Entstehung und Struktur
Die Datierung des lateinischen Textes ist umstritten. Ein Lob auf die Osterkerze ist im 4. Jahrhundert Praxis (von Hieronymus kritisiert, von Augustinus praktiziert). Die älteste erhaltene Textfassung stammt vom Ende des 4. oder Anfang des 5. Jahrhunderts aus Norditalien oder Südgallien. Der Verfasser ist unbekannt; Anklänge an die Theologie des Ambrosius lassen einen Ursprung in Mailand oder dessen Einflusssphäre vermuten. Zur Entstehungsgeschichte des Exsultet gehören zweifellos byzantinische liturgische Vorbilder, vor allem die dort gesungenen versifizierten Homilien, die auch Kontakia genannt werden. Im Mittelalter wurde regional der Osterlobpreis auf aneinander geheftete Pergamentblätter geschrieben, sodass eine Exsultet-Rolle von beträchtlicher Länge entstand.
Das Exsultet besteht aus zwei Teilen: einem Prolog (Einladung zur österlichen Freude und Bitte um Beistand, Verse 1–5) und einem Hauptteil, der mit dem Hochgebet der Heiligen Messe vergleichbar ist. Er wird von einer Präfation (Preis und Dank für die Erlösung, Verse 6–7) mit einleitenden Akklamationen eröffnet. Es folgen Anamnese (Verse 8–19), Epiklese (Darbringung des Lobes, Verse 20–21), eine zweite Anamnese (Lob von Kerze, Biene und Osternacht, Verse 22–25) und abschließende Bitten (Verse 26–27). Die fünf „Haec-Sätze“ der ersten Anamnese (Verse 8–12) stellen die Osternacht in den Rahmen der Heilsgeschichte, die folgenden fünf „O-Rufe“ benennen das Paradoxon der Erlösung, darunter das Motiv des „wunderbaren Tausches“ und der Ruf O felix culpa. Die Melodie des Hauptteils entspricht einem feierlichen Präfationston, der Prolog besitzt eine charakteristische freie Melodie.[5]
Das Exsultet in der römisch-katholischen Kirche
In der römisch-katholischen Osternachtsliturgie wird das Exsultet vorzugsweise vom Diakon am Ambo vorgetragen.
Aktuelle Textfassungen
In der nachkonziliaren Form gibt es offiziell eine Lang- und eine Kurzfassung für das Exsultet. Wird das Osterlob von einem Kantor (oder einer Kantorin) gesungen, der nicht Kleriker ist, entfallen die eingeklammerten Worte.
Die Langfassung lautet:
Latein: Missale Romanum ³2002[6] | Deutsch: Messbuch[7] | Deutsch: Messbuch (Kurzfassung) |
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Exsultet iam angelica turba caelorum |
Frohlocket, ihr Chöre der Engel, |
Frohlocket, ihr Chöre der Engel, |
Gaudeat et tellus tantis irradiata fulgoribus |
Lobsinge, du Erde, überstrahlt vom Glanz aus der Höhe! |
Lobsinge, du Erde, überstrahlt vom Glanz aus der Höhe! |
Laetetur et mater Ecclesia |
Auch du freue dich, Mutter Kirche, |
Auch du freue dich, Mutter Kirche, |
(Quapropter astantes vos, fratres carissimi, |
(Darum bitte ich euch, geliebte Brüder, |
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Ut, qui me non meis meritis |
dass er, der mich ohne mein Verdienst, aus reiner Gnade, |
|
(V. Dominus vobiscum. |
(V: Der Herr sei mit euch. |
(V: Der Herr sei mit euch. |
Vere dignum et iustum est, |
In Wahrheit ist es würdig und recht, |
In Wahrheit ist es würdig und recht, |
Qui pro nobis aeterno Patri Adae debitum solvit |
Er hat für uns beim ewigen Vater Adams Schuld bezahlt |
Er hat für uns beim ewigen Vater Adams Schuld bezahlt |
Haec sunt enim festa paschalia, |
Gekommen ist das heilige Osterfest, |
Gekommen ist das heilige Osterfest, |
Haec nox est, |
Dies ist die Nacht, |
Dies ist die Nacht, |
Haec igitur nox est, |
Dies ist die Nacht, |
Dies ist die Nacht, |
Haec nox est, |
Dies ist die Nacht, |
Dies ist die Nacht, |
Haec nox est, |
Dies ist die selige Nacht, |
Dies ist die selige Nacht, |
Nihil enim nobis nasci profuit, |
Wahrhaftig, umsonst wären wir geboren, | |
O mira circa nos tuae pietatis dignatio! |
O unfassbare Liebe des Vaters: |
O unfassbare Liebe des Vaters: |
O certe necessarium Adae peccatum, |
O wahrhaft heilbringende Sünde des Adam, |
O wahrhaft heilbringende Sünde des Adam, |
O felix culpa, |
O glückliche Schuld, |
O glückliche Schuld, |
O vere beata nox, |
O wahrhaft selige Nacht, |
|
Haec nox est, de qua scriptum est |
Dies ist die Nacht, von der geschrieben steht: |
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Huius igitur sanctificatio noctis |
Der Glanz dieser heiligen Nacht |
Der Glanz dieser heiligen Nacht |
In huius igitur noctis gratia, suscipe, sancte Pater, |
In dieser gesegneten Nacht, heiliger Vater, |
|
Sed iam columnae huius praeconia novimus, |
So ist nun das Lob dieser kostbaren Kerze erklungen, |
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Qui, licet sit divisus in partes, |
Wenn auch ihr Licht sich in die Runde verteilt hat, |
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Alitur enim liquantibus ceris, |
Denn die Flamme wird genährt vom schmelzenden Wachs, |
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O vere beata nox, |
O wahrhaft selige Nacht, |
O wahrhaft selige Nacht, |
In dieser gesegneten Nacht, heiliger Vater, | ||
Oramus ergo te, Domine, |
Darum bitten wir dich, o Herr: |
So bitten wir dich, o Herr: |
Flammas eius lucifer matutinus inveniat |
Sie leuchte, bis der Morgenstern erscheint, |
Sie leuchte, bis der Morgenstern erscheint, |
R. Amen. |
A: Amen. |
A: Amen. |
Vor der Liturgiereform (1955, 1970)
Vor der Liturgiereform durch Papst Pius XII. und im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils schloss das Exsultet traditionell mit einer Fürbitte für den Klerus, namentlich den Papst und den Ortsbischof, sowie für den imperator, also den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.[8] Ursprünglich lautete dieser das Exsultet abschließende Teil so:
Latein: bis 1955 | Deutsch: bis 1955 |
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Precamur ergo te, Domine: |
Wir bitten dich nun, o Herr: |
Nachdem Franz II. bis 1806 letzter deutsch-römischer Kaiser war, konnte kein Name mehr für den Herrscher eingefügt werden; im Zuge der Reform der Karwochenliturgie wurde 1955 folgende allgemein gehaltene Formulierung eingefügt:
Latein: ab 1955 | Deutsch: ab 1955[9] |
---|---|
Precamur ergo te, Domine: |
Wir bitten dich nun, o Herr: |
Wortlaut in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK)
Das Exsultet wird in der SELK mit folgendem Wortlaut vom Kantor oder Pfarrer gesungen:[10]
Frohlocket nun, ihr Engel; frohlocket ihr himmlischen Heere; hell töne, Posaune des Heiles, preise den Sieg des ewigen Königs.
Es freue sich auch die Erde, erhellt vom strahlenden Lichte und leuchtend im Glanze des ewigen Königs; siehe, wie an allen Enden die Finsternis von ihr gewichen!
Es freue sich auch unsere Mutter, die Kirche, im herrlichen Glanze solchen Lichtes; froher Lobgesang ihrer Kinder erfülle das Haus unseres Gottes.
Darum bitte ich euch, die ihr beim Schein des Osterlichtes zugegen seid: rufet mit mir an die Barmherzigkeit des allmächtigen Gottes, dass er uns mit der Klarheit seines Lichtes erfülle und unser Loblied gnädig annehme.
Durch Jesus Christus, seinen Sohn, unseren Herrn, der mit ihm und dem Heiligen Geiste lebet und regieret von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.
V: Der Herr sei mit euch
A: Und mit deinem Geiste
V: Die Herzen in die Höhe
A: Wir erheben sie zum Herrn.
V: Lasset uns Dank sagen, dem Herren, unserem Gotte.
A: Das ist würdig und recht.
V: Wahrhaft würdig ist es und recht den unsichtbaren Gott, den allmächtigen Vater und seinen eingeborenen Sohn, Jesus Christus, unseren Herrn aus Herzensgrunde zu preisen und mit jubelnder Stimme zu loben.
Er hat Adams Schuld bei dem himmlischen Vater bezahlt und den Schuldbrief getilgt mit seinem heiligen Blut, aus Liebe vergossen.
Dies ist das Fest der Ostern, da geopfert wird das wahre Passalamm: Christus, dessen Blut die Türen der Gläubigen zeichnet und das Volk bewahrt vor Tod und Verderben.
Dies ist die Nacht, da Gott sein Volk aus Ägypten befreit und trockenen Fußes durch die Fluten des Meeres geleitet hat.
Dies ist die Nacht, da Christus die Bande des Todes zerrissen hat und aus der Hölle als Sieger erstanden ist.
O wie wunderbar hat dein Erbarmen uns begnadet, umsonst wären wir geboren, hätte uns nicht der Erlöser gerettet!
O unfassliche Huld deiner Liebe: um den Knecht zu erlösen, gabst du den Sohn dahin.
O glückselige Schuld, die eines solchen Retters gewürdigt ward!
Dies ist die Nacht, da Christus vertreibet den Frevel und abwäscht die Sünde, die Unschuld gibt den Gefallenen und den Trauernden die Freude.
In dieser Nacht der Gnade nimm an, Herr, heiliger Vater, das Opfer unseres Dankes, das wir dir darbringen im Schein dieser Kerze.
Dieses helle Licht vertreibe die Finsternis der Nacht; es leuchte fort im ungeminderten Glanze, bis der Morgenstern erscheint, der wahre Morgenstern, der in Ewigkeit nicht untergeht: dein Sohn, unser Herr Jesus Christus, der von den Toten erstand und mit dir und dem Heiligen Geiste lebet und regieret von Ewigkeit zu Ewigkeit,
A: Amen
Literatur
- Clara Vasseur OSB: Altes neu entdecken: Die reiche Symbolik der Osterkerze. Beuroner-Kunstverlag, Beuron 2007, ISBN 978-3-87071-160-3 [inkl. CD mit Aufnahme des Exsultet Lateinisch und Deutsch sowie anderer Werke].
- Guido Fuchs und Hans M. Weikmann: Das Exsultet. Geschichte, Theologie und Gestaltung der österlichen Lichtdanksagung. 2. Auflage. Pustet, Regensburg 2005, ISBN 3-7917-1306-X.
- Norbert Lohfink: Das Exsultet deutsch. Kritische Analyse und Neuentwurf. (PDF; 151 kB) In: Georg Baulik, Norbert Lohfink: Osternacht und Altes Testament. Studien und Vorschläge. Mit einer Exsultetvertonung von Erwin Bücken (Österreichische Biblische Studien 22; Lang, Frankfurt 2003), S. 82–120.
- Thomas Forrest Kelly: The Exultet in Southern Italy. Oxford 1996, ISBN 0-19-509527-8.
- G. Cavallo: Exultet, rotoli liturgici del medioevo meridionale. IPZS, Rom 1994.
- Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche: Die Feier der Osternacht. Groß Oesingen 1993, ISBN 3-86147-099-3 (Liturgisches Heft mit Noten und Ablauf).
- Heinrich Zweck: Osterlobpreis und Taufe. Studien zu Struktur und Theologie des Exsultet und anderer Osterpraeconien unter besonderer Berücksichtigung der Taufmotive. Lang, Frankfurt/M. u. a. 1986 [Dissertation] ISBN 3-8204-8216-4.
- Hansjörg Auf der Maur: Die österliche Lichtdanksagung. In: Liturgisches Jahrbuch, Nr. 21, 1971, S. 38–52.
- Marko Petrak: The Byzantine Emperor in Medieval Dalmatian Exultets. In: Byzantium in Dialogue with the Mediterranean. Ed. by D. Slootjes − M. Verhoeven. Brill, Leiden 2019, 47–66.
Weblinks
- Texte lateinisch und deutsch
- Exultet, auf Lateinisch gesungen von Erik Varden im Petersdom am 23. April 2011
- Gesungenes Exsultet von Br. René Dorer OFM, Telfs
- Evangelischer Text mit Noten und Erläuterungen (PDF; 410 kB)
- Artikel „Osternachtfeiern“ von Alfred Ehrensperger für die Schweizer Liturgiekommission (PDF; 0,2 MB)
Einzelnachweise
- ↑ Guido Fuchs und Hans M. Weikmann: Das Exsultet. Geschichte, Theologie und Gestaltung der österlichen Lichtdanksagung. Pustet, 2. Aufl., Regensburg 2005, S. 16.
- ↑ Edward Foley, Mark Paul Bangert: Worship Music. Liturgical Press, 2000, ISBN 978-0-8146-5889-5, S. 110
- ↑ Friedrich Hauck, Gerhard Schwinge: Theologisches Fach- und Fremdwörterbuch. Mit einem Verzeichnis von Abkürzungen aus Theologie und Kirche und einer Zusammenstellung lexikalischer Nachschlagewerke. Vandenhoeck & Ruprecht, 2002, ISBN 978-3-525-50146-7, S. 160
- ↑ Laus cerei unter anderem auch: Peter C. Bower: The Companion to the Book of Common Worship. Geneva Press, 2003, ISBN 978-0-664-50232-4, S. 139, S. 139
- ↑ Guido Fuchs, Hans M. Weikmann: Das Exsultet. Geschichte, Theologie und Gestaltung der österlichen Lichtdanksagung. 2. Auflage. Pustet, Regensburg 2005, S. 19 f., S. 103
- ↑ Missale Romanum ex decreto Sacrosancti Oecumenici Concilii Vaticani II instauratum auctoritate Pauli PP. VI promulgatum Ioannis Pauli PP. II cura recognitum. Editio typica tertia 2002. S. 342–347.
- ↑ Meßbuch: für die Bistümer des deutschen Sprachgebietes; authentische Ausgabe für den liturgischen Gebrauch; Karwoche und Osteroktav; ergänzt um die Feier der Taufe und der Firmung sowie der Weihe der Öle. Hrsg. im Auftrag der Bischofskonferenzen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Solothurn u. a. 1996, ISBN 978-3-451-23926-7.
- ↑ In Dalmatien konnte die Bitte zeitweise auf den Kaiser in Konstantinopel bezogen werden.
- ↑ Das vollständige Römische Meßbuch lateinisch und deutsch. Im Anschluss an das Meßbuch von Anselm Schott OSB herausgegeben von den Benediktinern der Erzabtei Beuron. Verlag Herder, Freiburg/Basel/Wien 1963, S. 403f.
- ↑ Die Feier der Osternacht, hg. von der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche, Groß Oesingen 2003, S. 7–11.