Einzelsiedlung
Einzelsiedlung, Einzellage, auch Einzelhof, Einzelhaus, Einödhof, Wustung – in Bayern, Baden-Württemberg und Österreich auch Einöde bzw. Einschicht – nennt man einzeln stehende Gebäude als Wohnplatz beziehungsweise Hofstelle.
Etymologie
Der Begriff Einöde (althochdeutsch einōti ‚allein liegend‘[1]) bezeichnet im Oberdeutschen den kleinsten Siedlungstypus (vgl. Einödflur), so „dörfer, weiler und ainöden“ in den Augsburger Chroniken im 15. Jahrhundert[2] oder „stetten, märckten, flecken, ainöden“ in der Tiroler Landsordnung 1573.[3]
Die -ed(t)/-öd(t)-Namen im bairischen Raum beziehen sich aber nicht auf Einödhöfe, die als Hauptsiedlungsraum einen „schönen“ Namen bekamen, sondern auf aufgelassene (verödete) und wiederaufgenommene Siedlungsstellen.
Zur Siedlungsform
Einzelsiedlungen sind typischerweise einzeln stehende Bauernhöfe (Gehöfte), Mühlen, Gasthäuser und Ähnliches, die nicht oder kaum in eine geschlossene Ortschaft eingebunden sind. Sie können aus einem einzigen, mehrfunktionalen Gebäude (Einhof), aus zwei Gebäuden, meist Wohn- und Ökonomiegebäude (Zwei- oder Zwiehof), oder aus mehreren Gebäuden (Gruppenhof) gebildet sein (siehe auch Bauernhaus). Die Hauptgebäude mit Wohnfunktion liegen in der Einzelhofsiedlung mindestens 100 Meter voneinander entfernt, andernfalls handelt es sich um eine Gruppensiedlung.[4]
Einzelsiedlungen können durch spontane, individuelle Besiedlung oder durch geplante Kolonisation entstehen. Einzelsiedlungen entstanden in jeder Siedlungsperiode. Sie konnten als Gründungssiedlungen primär oder durch Auflösung von Dörfern (Verödung) sekundär entstehen.[4]
Die in Österreich gleichgereihten Begriffe Einöde, Einzelhof, Einzelhaus, Einschicht bezeichnen „1 oder 2 benachbarte Gebäude, nicht jedoch Guts- oder Meierhöfe“.[5]
Mehrere, in relativer Nähe befindliche Einzellagen ähnlicher Art bilden eine Streusiedlung. Sie besteht aus Einzelhöfen, bei denen die spezialisierten Ökonomiegebäude mehr oder weniger regelmäßig über die ganze landwirtschaftliche Nutzfläche verteilt sind; dadurch entsteht ein relativ dichtes Siedlungsmuster aus Einzelgebäuden.[4]
Ortsnamen
In Bayern wurden die Namen meist zu -öd standardisiert:
In Österreich findet sich -ed(t) und -öd(t)
- Einöde (Gemeinde Treffen am Ossiacher See)
- Einöd (Gemeinden Gröbming, Michaelerberg-Pruggern)
- Sattledt
- Hausruckedt
- Harlingsedt
- Oedt an der Wild
- Rauchenödt
Siehe auch
Literatur
- Martin Born: Die Genese der Siedlungsformen in Mitteleuropa. In: Geographie der ländlichen Siedlungen. Band 1 (= Christoph Borcherdt, Carl Rathjens, Eugen Wirth [Hrsg.]: Studienbücher der Geographie). 1. Auflage. B. G. Teubner, Stuttgart 1977, ISBN 3-519-03409-3.
- Gabriele Schwarz: Allgemeine Siedlungsgeographie. Teil 1. Die ländlichen Siedlungen. Die zwischen Land und Stadt stehenden Siedlungen. In: Allgemeine Siedlungsgeographie (= Josef Schmithüsen [Hrsg.]: Lehrbuch der Allgemeinen Geographie. Band 6). 2 Bände, 4. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 1988, ISBN 3-11-007895-3.
- Hermann Hinz, Helmut Jäger: Einzelhof. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 7, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1989, ISBN 3-11-011445-3, S. 47–51.
- Mathias Faul: Studien zu römischen Einzelsiedlungen in Rheinhessen. Überarbeitete und gekürzte Dissertation Universität Mainz 2011 (= Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie. Band 233). Habelt, Bonn 2013, ISBN 978-3-7749-3854-0.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 23. Auflage. Berlin / New York 1999, S. 212.
- ↑ Augsburg. In: Die Chroniken der deutschen Städte vom vierzehnten bis ins sechzehnte Jahrhundert. auf Veranlassung und mit Unterstützung Seiner Majestaet des Königs von Bayern, Maximilian II. hrsg. durch die Historische Commission bei der Königl. Academie der Wissenschaften. LII (V). Hirzel, Leipzig 1866, S. 148. Zitiert nach Einöde. I alleinstehender Hof. In: Preußische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Deutsches Rechtswörterbuch. Band 2, Heft 9 (bearbeitet von Eberhard von Künßberg). Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar, Sp. 1436 (adw.uni-heidelberg.de – Erscheinungsdatum zwischen 1933 und 1935).
- ↑ New Reformierte Landsordnung der Fürstlichen Graffschaft Tirol. [Geben in … Jnnsprugg, am Viertzehenden tag des Monats Decembris … Fünffzehenhundert, vnd im Dreyundsibentzigisten Jar; Hannsen Ernstinger … auf sein aignen Costen vnd Verlag … ; im Fünffzehenhundert, Vierundsibentzigisten Jar]. CXLVII [i.e. 148], [27], XXIX Bl. Ernstinger, Innsbruck? 1574, S. VII 3, 2.
- ↑ a b c
Hans-Rudolf Egli: Einzelhofsiedlung. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 17. Oktober 2005.
Diese Abschnitte basieren weitgehend auf dem Eintrag im Historischen Lexikon der Schweiz (HLS), der gemäss den Nutzungshinweisen des HLS unter der Lizenz Creative Commons – Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0) steht. - ↑ Österreichischer Amtskalender online. Verlag Österreich, Wien 2000–, passim. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund. Topographische Siedlungskennzeichnung nach STAT. In: Amtliches Ortsverzeichnis. Statistik Austria. Dort werden ein oder zwei Häuser auch dann als Einzellage klassiert, wenn sie zwar zu einer größeren Siedlung gehören, aber politisch oder statistisch zu einer anderen politischen Gemeinde oder Ortschaft.