Drehspiegelgruppe
Die Drehspiegelgruppe ist die von der Drehspiegelung zum Drehwinkel erzeugte Symmetriegruppe.
Wird als Grundoperation statt der Drehspiegelung die Drehinversion genommen, wird also die Drehung nicht mit einer Ebenenspiegelung verkettet, sondern mit einer Inversion an einem Punkt auf der Drehachse, so entsteht die Gruppe ; die an sich naheliegende Bezeichnung Drehinversionsgruppe ist ungebräuchlich.[1]
Die Gruppen dieser beiden Typen stimmen bis auf die Nummerierung miteinander überein.
Drehspiegelgruppen treten bei der Beschreibung der Symmetrie von Kristallen oder einzelnen Molekülen auf.
- In der Kristallographie sind nur die fünf Gruppen zu = 1, 2, 3, 4 und 6 relevant, da nur diese mit der Symmetrie eines unendlich ausgedehnten Gitters vereinbar sind. Sie gehören zu den 32 kristallographischen Punktgruppen.
- Bei der Untersuchung der molekularen Symmetrie sind auch andere Drehspiegelgruppen wichtig. So gibt es eine angeregte Form des Anions [Re2Cl8]2− mit -Symmetrie.[2]
Notation
Für die Drehspiegelgruppen gibt es zwei Bezeichnungssysteme:
- Die hauptsächlich in der Kristallographie verwendete Hermann-Mauguin-Symbolik, die bei der Nummerierung auf der Drehinversion als Grundoperation basiert,
- die in der Chemie und Molekülphysik übliche Schoenflies-Symbolik.[3][4]
() | () | ( ungerade) | |||
Hermann-Mauguin | |||||
Schoenflies | |||||
Bemerkung | Ebenenspiegelung | Punktspiegelung |
Dabei steht
- „m“ für „mirror plane“
- „s“ für „Spiegelebene“
- „i“ für „Inversion“
- „“ für eine n-zählige Drehsymmetrie („C“ für „cyclisch“); siehe hierzu den Abschnitt „Eigenschaften“
- „h“ für „horizontale Spiegelebene“ (bei vertikal gedachter Drehachse).
Beispiele
Ein Punkt in der Position 0 wird durch n-fache Anwendung der Grundoperation (Drehspiegelung bzw. Drehinversion) nacheinander in die Positionen 1, 2, … und schließlich wieder in die Ausgangsposition 0 überführt. Die untenstehenden Abbildungen zeigen diese Anwendung der Gruppenelemente (mit k = 0 ... n-1) auf den Punkt 0 für einige Werte von .
n | ||||||
Drehwinkel | ||||||
Drehspiegelung |
Skizze | |||||
Hermann-Mauguin -Symbol |
||||||
Schoenflies -Symbol |
||||||
Drehinversion |
Skizze | |||||
Hermann-Mauguin -Symbol |
Ein Körper mit einer - oder -Symmetrie, der den Punkt 0 enthält, muss auch die zu diesem symmetrischen Punkte 1, 2, … enthalten. Ein Beispiel ist das oben gezeigte Antiprisma, bei dem die 4-zählige Drehspiegelachse senkrecht auf den beiden Deckflächen steht, wobei diese hier unterschiedlich orientiert sind. Bei gleicher Orientierung wäre der Körper nicht mehr drehspiegel- dafür aber weiterhin drehsymmetrisch, und zwar um nun drei 2-zählige Achsen (senkrecht zu den Deckflächen sowie parallel zu deren Winkelhalbierenden). Bei nicht orientierten Deckflächen würden beide Symmetrien gleichzeitig auftreten.
Eigenschaften
Die Drehspiegelgruppe ist zyklisch mit der Ordnung (für ungerades ) oder (für gerades ).[5] Sie ist damit insbesondere kommutativ.
enthält die Spiegelung genau dann, wenn ungerade ist, und die Inversion genau dann, wenn gerade, aber nicht durch 4 teilbar ist.[5]
hat als Untergruppen nur Drehgruppen und Drehspiegelgruppen, und zwar ist
- die Drehgruppe Untergruppe genau dann, wenn Teiler von (für ungerades ) bzw. von (für gerades ) ist;[5]
- die Drehspiegelgruppe Untergruppe genau dann, wenn ungerade ist.
Zwischen den und den Drehspiegelgruppen besteht die Beziehung[4]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Es gibt nur zwei Suchtreffer für „Drehinversionsgruppe“ bei Google Books. In einem der beiden (Konrad Altmann: Grundlagen der Theorie der Infrarot-, Raman- und Hyper-Ramanspektren molekularer Gase, dargestellt unter Benutzung irreduzibler sphärischer Tensoren. Universität München, 1976) heißt es: „Eigentlich besser Drehinversionsgruppe. Dieser Ausdruck ist jedoch in der deutschsprachigen Literatur nicht gebräuchlich.“.
- ↑ Bill Trogler: Molecular Symmetry. (PDF; 3,8 MB) (Kapitel der Lecture Notes zur Vorlesung UCSD Chem 224: Group Theory and Spectroscopy). University of California, San Diego, 2012, S. 11–12, abgerufen am 2. Mai 2018.
- ↑ Walter Borchardt-Ott: Crystallography. 2. Auflage. Springer, 1995, ISBN 3-540-59478-7.
- ↑ a b Daniel Arovas: Crystal Math. (PDF; 9,6 MB) (Kapitel 5 der Lecture Notes zur Vorlesung UCSD Physics 220: Group Theory). University of California, San Diego, 2016, abgerufen am 1. Mai 2018.
- ↑ a b c Arthur Schoenflies: Krystallsysteme und Krystallstruktur. Teubner, 1891, S. 81 (Scan [PDF; 16,7 MB]).