Bezirksamt Wiesloch

Lage der Bezirksämter in Baden im Jahr 1890

Das Bezirksamt Wiesloch war eine von 1810 bis 1938 bestehende Verwaltungseinheit im Norden des Landes Baden mit Sitz in Wiesloch. Nach mehreren Verwaltungsreformen liegt sein Gebiet im baden-württembergischen Rhein-Neckar-Kreis.

Geschichte

Das Amtsgebäude in Wiesloch.

Zur Integration der territorialen Zugewinne Badens als Folge des Reichsdeputationshauptschlusses war 1803 ein der Landvogtei Dilsberg unterstelltes Amt Wiesloch gegründet, aber schon 1804 wieder aufgelöst worden. Das aus ihm hervorgegangene Amt Kislau wurde 1809 aufgeteilt, der im Nordosten im Kraichgau im Einzugsgebiet von Leimbach und Waldangelbach gelegene Teil wurde als Stabsamt Rauenberg neu konstituiert. Diesem wurden 1810 Wiesloch und Altwiesloch vom Amt Oberheidelberg zugeschlagen, zugleich wurde das Stabsamt in Bezirksamt Wiesloch umbenannt. Sitz der Verwaltung wurde das Wieslocher Schloss.

Im Zuge der Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung 1857 wurde Wiesloch Sitz eines Amtsgerichts. Mit Inbetriebnahme der Bahnstrecke Wiesloch–Meckesheim/Waldangelloch 1901 erhielten die meisten der Ortschaften östlich von Wiesloch einen Bahnhof und somit eine direkte Verbindung zur Amtsstadt. Mit dem Gesetz über die Neueinteilung der inneren Verwaltung war festgelegt worden, dass das Bezirksamt Wiesloch zum 1. Oktober 1936 aufgelöst, das Gebiet dem Bezirksamt Heidelberg zugeteilt wird.[1] Mit Ausnahme der Aufgaben, die sich aus der Wehrbezirkseinteilung ergaben, wurde dies vorläufig außer Kraft gesetzt.[2] Zum 1. April 1938 wurde das Bezirksamt Wiesloch dann doch wie vorgesehen aufgelöst.[3]

Die Ortschaften kamen 1939 zum Landkreis Heidelberg und bei der Kreisreform 1973 zum Rhein-Neckar-Kreis. Drei Gemeinden, die 1850 an das Bezirksamt Sinsheim abgetreten worden waren, gelangten über den Landkreis Sinsheim ebenfalls zum Rhein-Neckar-Kreis.

Übergeordnete Behörden

Die übergeordneten Behörden waren stets in Mannheim angesiedelt:

Gemeinden und Einwohner

Stabsamt Rauenberg 1809

Das Stabsamt Rauenberg umfasste zum Zeitpunkt seiner Errichtung 1809 diese 12 Ortschaften:[5]

1836

Mit dem Ende der grundherrlichen Ämter kamen 1810 Baiertal und Schatthausen,[6] 1811 der Hohenhardter Hof sowie 1813 vom aufgelösten Amt Eichtersheim Tairnbach, Eichtersheim und Michelfeld hinzu. 1829 wurde Walldorf vom Bezirksamt Heidelberg Wiesloch zugewiesen.

1836 hatte das Bezirksamt 16.237 Einwohner, davon 6.078 evangelisch, 9.084 Katholiken, 87 Mennoniten und 988 Juden. Sie verteilten sich auf die 17 Gemeinden wie folgt:[7]

  • Wiesloch 2.639, davon in der Dornmühle 9
  • Altwiesloch 387
  • Baiertal 1005, davon auf dem Hohenhardter Hof 9
  • Dielheim 1058
  • Eichtersheim 900
  • Eschelbach 1011
  • Horrenberg 583, darunter
    • Balzfeld 318
    • Oberhof 80
    • Unterhof 62
  • Malsch 1302
  • Malschenberg 420
  • Michelfeld 1175
  • Mühlhausen 861
  • Rauenberg 942
  • Rettigheim 633
  • Rotenberg 252
  • Schatthausen 531
  • Tairnbach 408
  • Walldorf 1860

1913

Karte der Amtsbezirke Sinsheim, Eppingen und Wiesloch von 1909.

1850 wurden Eschelbach, Eichtersheim und Michelfeld dem Bezirksamt Sinsheim zugeteilt.[8] Bei der Auflösung des Bezirksamts Philippsburg 1864 kamen Rot und St. Leon hinzu.[9] 1908 wurde Altwiesloch nach Wiesloch eingemeindet.

1910 hatte das Bezirksamt Wiesloch 27.574 Einwohner, davon 8292 evangelisch, 18877 Katholiken, 26 altkatholisch, 57 übrige Christen und 322 Juden. Sie verteilten sich 1913 auf 15 Gemeinden:[10]

  • Wiesloch 6536
  • Baiertal 1668
  • Dielheim 1960
  • Horrenberg 1165
  • Malsch 1440
  • Malschenberg 750
  • Mühlhausen 1838
  • Rauenberg 1579
  • Rettigheim 740
  • Rot 2084
  • Rotenberg 327
  • St. Leon 2130
  • Schatthausen 711
  • Tairnbach 662
  • Walldorf 3984

Amtsvorsteher

Die Leitung der Verwaltung, als Amtmann oder Oberamtmann, später Landrat, hatten inne:[11]

Literatur

  • Historischer Atlas von Baden-Württemberg, online verfügbar bei LEO-BW:
    • Blatt VII.4: Verwaltungsgliederung in Baden, Württemberg und Hohenzollern 1815–1857
    • Blatt VII.5: Verwaltungsgliederung in Baden, Württemberg und Hohenzollern 1858–1936
    • Gemeinsames Erläuterungsblatt, verfasst von Ulrike Redecker (Baden) und Wilfried Schöntag (Württemberg)
  • Staatl. Archivverwaltung Baden-Württemberg in Verbindung mit d. Städten u.d. Landkreisen Heidelberg u. Mannheim (Hrsg.): Die Stadt- und die Landkreise Heidelberg und Mannheim: Amtliche Kreisbeschreibung, Bd. 1: Allgemeiner Teil,. Karlsruhe 1966, S. 246.

Einzelnachweise

  1. Gesetz über die Neueinteilung der inneren Verwaltung vom 26. Juni 1936. Digitalisierte Version auf der Website der Badischen Landesbibliothek.
  2. Fünfte Verordnung zu dem Gesetz über die Neueinteilung der inneren Verwaltung vom 26. Oktober 1936. Digitalisierte Version auf der Website der Badischen Landesbibliothek.
  3. Achte Verordnung zu dem Gesetz über die Neueinteilung der inneren Verwaltung vom 25. November 1937. Digitalisierte Version auf der Website der Badischen Landesbibliothek.
  4. Martin Stingl: Kreisverband Heidelberg auf der Website des Landesarchivs Baden-Württemberg, abgerufen am 8. Juli 2022.
  5. Beilage zum Organisations-Rescript vom 26. November 1809, veröffentlicht im Großherzoglich-Badischen Regierungsblatt am 9. Dezember 1809, S. 413. Digitalisierte Version auf der Website der Badischen Landesbibliothek.
  6. Umstrukturierung der Bezirkseinteilung vom 15. November 1810, veröffentlicht im Großherzoglich-Badischen Regierungsblatt am 4. Dezember 1810, S. 369. Digitalisierte Version auf der Website der Badischen Landesbibliothek.
  7. Hof und Staats-Handbuch des Grossherzogthums Baden 1836, digitalisierte Version auf der Website der Badischen Landesbibliothek, S. 267f.
  8. Die Zuteilung der Gemeinden Eschelbach, Eichtersheim und Michelfeld zu dem Bezirksamte Sinsheim und der Gemeinde Elsenz zu dem Bezirksamte Eppingen betreffend. 20. August 1850, veröffentlicht im Großherzoglich-Badischen Regierungsblatt am 31. August 1850. Digitalisierte Version auf der Website der Badischen Landesbibliothek.
  9. Übersicht über die neue Verwaltungsgliederung Badens, veröffentlicht im Großherzoglich-Badischen Regierungsblatt am 25. Juli 1864. Digitalisierte Version auf der Website der Badischen Landesbibliothek.
  10. Hof und Staats-Handbuch des Grossherzogthums Baden, 1913 Statistischer Anhang. Digitalisierte Version auf der Website der Badischen Landesbibliothek, S. 384.
  11. Wolfram Angerbauer: Die Amtsvorsteher der Oberämter, Bezirksämter und Landratsämter in Baden-Württemberg : 1810 bis 1972. Herausgegeben 1996 von der Arbeitsgemeinschaft der Kreisarchive beim Landkreistag Baden-Württemberg.