Anouk Aimée
Anouk Aimée (27. April 1932 als Nicole Françoise Florence Dreyfus in Paris; gestorben 18. Juni 2024 ebenda)[1] war eine französische Filmschauspielerin, die seit den späten 1940er Jahren in mehr als 70 Spielfilmen vieler namhafter Regisseure auftrat. Zu den Höhepunkten ihrer Karriere zählten die Filme Das süße Leben, Achteinhalb, Lola, das Mädchen aus dem Hafen und Ein Mann und eine Frau.
; geborenLeben
Nicole Dreyfus war die Tochter des Schauspielerpaars Geneviève Durand (Künstlername Geneviève Sorya) und Henri Dreyfus (Henry Murray). Von ihrer Mutter katholisch erzogen, konvertierte sie später zum Judentum, der Religion des Vaters.[2]
Im Alter von 14 Jahren spielte sie erstmals in einem Film, La maison sous la mer von Henri Calef. Ihren Rollennamen „Anouk“ übernahm sie als Künstlernamen. Im selben Jahr drehte sie mit dem Regisseur Marcel Carné einen letztlich nicht vollendeten Film. Carnés Drehbuchautor, der Dichter Jacques Prévert, erfand bei dieser Gelegenheit ihren zweiten Namen, „Aimée“ (Geliebte). So besteht ihr Künstlername tatsächlich aus zwei Vornamen.[3]
Bekannt wurde Anouk Aimée im Jahr 1949 durch ihre Hauptrolle in dem Liebesfilm Die Liebenden von Verona, in dem sie an der Seite von Serge Reggiani und Pierre Brasseur auftrat. In den folgenden Jahren wurde sie als „junge Schöne“ in dem Abenteuerfilm Der goldene Salamander (1950) und als Prostituierte in der Simenon-Verfilmung Der Mann, der sich selbst nicht kannte besetzt. 1957 spielte sie an der Seite von Gérard Philipe in Montparnasse 19. Unter Regie von Jacques Demy spielte sie 1961 die Hauptrolle der Tänzerin in dem Musical Lola, das Mädchen aus dem Hafen, 1969 verkörperte sie in Demys amerikanischem Film Das Fotomodell erneut die Figur Lola.
Ihre Zusammenarbeit mit dem italienischen Regisseur Federico Fellini in Das süße Leben (Originaltitel La dolce vita, 1960) verhalf Anouk Aimée zu internationaler Anerkennung. Die Rolle einer rätselhaften melancholischen Frau spielte sie so überzeugend, dass er sie auch für Achteinhalb (1963) engagierte. In beiden Filmen agierte sie an der Seite von Marcello Mastroianni. Danach war sie öfter als Charakterdarstellerin in italienischen Produktionen zu sehen. Im Jahr 1966 spielte Anouk Aimée in Claude Lelouchs Ein Mann und eine Frau das Scriptgirl Anne Gauthier, eine Frau, die sich nach dem Tod ihres Mannes in einen ebenfalls verwitweten Rennfahrer (dargestellt von Jean-Louis Trintignant) verliebt. Kritiker bezeichneten diesen Film als eine der schönsten Liebesgeschichten des Kinos. Für ihre Darstellung erhielt Anouk Aimée neben einer Oscar-Nominierung den Golden Globe und den British Academy Film Award. 1976 wirkte sie abermals in einem Film Lelouchs mit, in Ein Hauch von Zärtlichkeit an der Seite von Catherine Deneuve.
Im Jahr 1980 erhielt Anouk Aimée zusammen mit Michel Piccoli für die Rolle eines Geschwisterpaares in Marco Bellocchios Der Sprung ins Leere den Darstellerpreis der Filmfestspiele von Cannes. 1986 verkörperte sie noch einmal Anne Gauthier in Ein Mann und eine Frau – zwanzig Jahre später, der Fortsetzung ihres Welterfolgs von 1966. 1995 gehörte Anouk Aimée zu den zahlreich mitwirkenden internationalen Stars in Robert Altmans Episodenfilm Prêt-à-Porter. Von 1995 bis 1997 verlagerte sie ihre Arbeit auf die Theaterbühne. In Napoleon, einer TV-Verfilmung des Lebens von Napoleon Bonaparte, spielte sie im Jahr 2001 dessen Mutter. Seit Mitte der 2000er Jahre stand sie selten vor der Kamera. Zuletzt wirkte sie 2019 an Claude Lelouchs Die schönsten Jahre eines Lebens mit, der zweiten Fortsetzung von Ein Mann und eine Frau. Sowohl für Anouk Aimée als auch für ihren Filmpartner, Jean-Louis Trintignant, war es der letzte Filmauftritt.
Im Jahr 2003 wurde sie mit dem César für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Zum 80. und 90. Geburtstag verfasste der Kultur- und Filmkritiker Andreas Kilb in der Tageszeitung FAZ jeweils eine Rückschau auf ihr künstlerisches Schaffen.[4][3]
Privatleben
Anouk Aimée war viermal verheiratet: mit Édouard Zimmermann von 1949 bis 1950, mit dem Regisseur Nico Papatakis von 1951 bis 1958, mit dem Sänger Pierre Barouh von 1966 bis 1969 und mit dem Schauspieler Albert Finney von 1970 bis 1978. Sie war außerdem die Lebensgefährtin des Regisseurs Élie Chouraqui. Der Beziehung mit Papatakis entstammt eine 1951 geborene Tochter. Anouk Aimée starb am 18. Juni 2024 im Alter von 92 Jahren in Paris.[5]
Filmografie (Auswahl)
- 1949: Die Liebenden von Verona (Les Amants de Vérone)
- 1950: Der goldene Salamander (Golden Salamander)
- 1952: Der scharlachrote Vorhang (Le Rideau cramoisi)
- 1952: Der Mann, der sich selbst nicht kannte (The Man Who Watched Trains Go By)
- 1955: Ich suche Dich
- 1956: Nina
- 1956: Stresemann
- 1957: Der sechste Mann (Tous peuvent me tuer)
- 1957: Immer wenn das Licht ausgeht (Pot-Bouille)
- 1958: Montparnasse 19 (Les Amants de Montparnasse)
- 1958: Mit dem Kopf gegen die Wände (La Tête contre les murs)
- 1959: Die Reise (The Journey)
- 1960: Das süße Leben (La Dolce Vita)
- 1960: Bevor das Licht verlöscht (L’Imprévu)
- 1960: Wo bleibt die Moral, mein Herr? (Le Farceur)
- 1961: Lola, das Mädchen aus dem Hafen (Lola)
- 1961: Das Jüngste Gericht findet nicht statt (Il giudizio universale)
- 1961: Quai Notre Dame
- 1961: Sodom und Gomorrha (Sodom and Gomorrah)
- 1962: Grausame Hände (F.L.A.S.H.)
- 1963: Achteinhalb (8½)
- 1963: Liolà
- 1965: Liebe im Zwielicht (La fuga)
- 1965: Die Stationen unserer Liebe (Le stagioni di nostro amore)
- 1966: Ein Mann und eine Frau (Un homme et une femme)
- 1967: Ein Abend … ein Zug (Un soir, un train)
- 1969: Das Fotomodell (The Model Shop)
- 1969: Alexandria – Treibhaus der Sünde (Justine)
- 1969: Ein Hauch von Sinnlichkeit (The Appointment)
- 1976: Ein Hauch von Zärtlichkeit (Si c’était à refaire)
- 1978: Meine erste Liebe (Mon premier amour)
- 1979: Der Sprung ins Leere (Salto nel vuoto)
- 1980: Ein Blatt Liebe (Une page d’amour)
- 1981: Die Tragödie eines lächerlichen Mannes (La tragedia di un uomo ridiculo)
- 1984: Viva la vie – Es lebe das Leben (Vive la vie)
- 1986: Ein Mann und eine Frau – 20 Jahre später (Un homme et une femme – 20 ans déjà)
- 1988: Das Chaoten-Duo (Arrivederci e grazie)
- 1990: Bethune – Arzt und Held (Bethune: The making of a heroe)
- 1992: Das Schicksal des Freiherrn von Leisenbohg (L’Amour maudit de Leisenbohg)
- 1992: Stimmen im Garten (Voices in the garden)
- 1994: Hundert und eine Nacht (Les Cent et Une Nuits de Simon Cinéma)
- 1994: Prêt-à-Porter
- 1995: Sag ja! (Dis-moi oui)
- 1997: Die Bibel – Salomon (Solomon)
- 1998: L.A. Without a Map
- 2001: Napoleon (Fernseh-Miniserie)
- 2001: Festival in Cannes
- 2002: Birkenau und Rosenfeld (La Petite Prairie aux bouleaux)
- 2004: Happy End mit Hindernissen (Ils se marièrent et eurent beaucoup d’enfants)
- 2010: Paris Connections
- 2011: Tous les soleils
- 2012: Ziemlich dickste Freundinnen (Mince alors!)
- 2019: Die schönsten Jahre eines Lebens (Les plus belles années d’une vie)
Auszeichnungen (Auswahl)
- 1961: Étoile de Cristal für Das süße Leben (Beste Darstellerin)
- 1963: Nominierung für den British Film Academy Award für Lola (Beste ausländische Darstellerin)
- 1967: Fotogramas de Plata für Ein Mann und eine Frau (Beste ausländische Darstellerin)
- 1967: Golden Globe Award für Ein Mann und eine Frau (Beste Hauptdarstellerin – Drama)
- 1967: Oscar-Nominierung für Ein Mann und eine Frau (Beste Hauptdarstellerin)
- 1968: British Film Academy Award für Ein Mann und eine Frau (Beste ausländische Darstellerin)
- 1979: César-Nominierung für Meine erste Liebe (Beste Hauptdarstellerin)
- 1980: Filmfestival von Cannes – Beste Darstellerin für Der Sprung ins Leere
- 1994: National Board of Review Award für Prêt-à-Porter (Bestes Schauspielensemble)
- 2000: Palm Beach International Film Festival – Lifetime Achievement Award, International
- 2002: Ehren-César
- 2003: Goldener Ehrenbär der Berlinale
- 2003: Filmfest München – Ehrenpreis für Birkenau und Rosenfeld
- 2009: Silver Medallion Award des Telluride Film Festivals
- 2010: Russischer Goldenen Adler für ihr Lebenswerk
Weblinks
- Anouk Aimée bei IMDb
- Anouk Aimée ( vom 26. September 2019 im Internet Archive) bei AllMovie (englisch)
- Anouk Aimée In: Virtual History (englisch)
- Anouk Aimée im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
- Anouk Aimée in der Deutschen Synchronkartei
Einzelnachweise
- ↑ Noémie Luciani: Anouk Aimée, immense actrice française, est morte. In: lemonde.fr. 18. Juni 2024, abgerufen am 18. Juni 2024 (französisch).
- ↑ Zum Tod von Schauspiellegende Anouk Aimée. In: tachles. 18. Juni 2024, abgerufen am 20. Juni 2024.
- ↑ a b Andreas Kilb: Die Königin. In: FAZ.net. 27. April 2022, abgerufen am 15. Dezember 2022.
- ↑ Andreas Kilb: Die Augen, der Mund. In: FAZ.net. 22. April 2012, abgerufen am 18. Juni 2024.
- ↑ Magali Rangin: La comédienne Anouk Aimée est morte à l’âge de 92 ans. In: bfmtv.com. 18. Juni 2024, abgerufen am 18. Juni 2024 (französisch).
Personendaten | |
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NAME | Aimée, Anouk |
ALTERNATIVNAMEN | Dreyfus, Nicole Françoise Florence (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | französische Schauspielerin |
GEBURTSDATUM | 27. April 1932 |
GEBURTSORT | Paris, Frankreich |
STERBEDATUM | 18. Juni 2024 |
STERBEORT | Paris, Frankreich |